2010 - Morkheros Prophet
zwischen Äste spannte. Wenn eine Beute unter ihn geriet, ließ sich der Traufer einfach fallen, hüllte das Opfer mit seinen Häuten ein, bis es erstickte, und gab es nicht mehr frei, bis er es völlig verdaut hatte.
Es war auch gefährlich, Tiere aufzuscheuchen, die keine Nachträuber waren; wenn man deren Schlaf störte, konnten sie besonders wild werden.
Aber die Pflanzenwelt bot ebenso viele nächtliche Gefahren. Manche Pflanzen, die im Tageslicht harmlos und unscheinbar aussahen, entwickelten sich in der Dunkelheit zu tödlichen Fallen. Es gab unzählige pflanzliche Fleischfresser, die ihre Fangarme in weitem Umkreis auslegten, Diese Fangarme werden bei leisester Berührung zu mörderischen Fesseln, die dich unerbittlich zum Blütenmaul des Fleischfressers zerren, um dich mit klebrigem Blattwerk und Nesselgift zu lähmen und dich bei lebendigem Leib langsam zu zersetzen.
Kellmi mußte alle seine Sinne einsetzen, um diese Gefahren zu erkennen und ihnen frühzeitig auszuweichen. Er stieß mit dem Speer in die vor ihm liegende Dunkelheit, um dort mögliche lauernde Räuber aufzuscheuchen. Er richtete den Speer aber auch immer wieder nach oben, damit sich ein herabsegelnder fauler Traufer daran auf spießen würde. Mit dem anderen Rüssel hielt er die Schleuder schußbereit, um blitzschnell seine Pfeile abschießen zu können.
Der Jäger setzte seinen Geruchssinn verstärkt ein, während er durch die Nacht lief, Er ließ seine beiden Rüssel ständig pendeln, um die Gerücht der Nacht aufzunehmen, während er gleichzeitig seine Waffen mit ihnen einsatzbereit hielt. Manche Tiere konnte er auf diese Weise wahrnehmen, bevor er sie sah.
Aber er wußte auch, daß alle seine tierischen Feinde ihm in all diesen Belangen überlegen waren.
Sie besaßen viel schärfere Sinne als jeder Kraverker, und fast alle von ihnen besaßen darüber hinaus noch besondere Sinne, die ihnen die Einnahme von Fluut bescherte. Dem hatte er nur seine Intelligenz entgegenzusetzen, die ihn klüger machte als jedes Tier.
Das war eine Waffe, die stärker war als alle übernatürlichen, magischen Gaben.
Der Tiver kann dich allein durch lautlose, unsichtbare Impulse kampfunfähig und willenlos machen und dich dann in aller Ruhe reißen.
Der rote Kersher kann sich in die Lüfte erheben und dir so entkommen. obwohl er keine Flügel besitzt und sein Körper viel zu schwer zum Fliegen ist.
Der Brenner schickt ein unsichtbares Feuer, das seine Beute innerlich verbrennen läßt oder, wie du an Gonde gesehen hast, einem Kraverker ein Bein absterben lassen kann.
Oder nimm den Yoll-Baum, der fest im Boden verwurzelt ist, der dich aber, wenn du ihm zu nahe kommst, mit der Kraft, die ihm das Fluut verleiht, über ganze Tagesmärsche weit schleudern kann.
Dem Kraverker aber hat Fluut nichts anderes vermittelt als überragende Denkfähigkeit und die Gabe der Sprache.
Denn Fluut war die Kraft, die das Leben auf dieser Welt Yuna antrieb. Fluut war der Lebensquell, der auch für die Fruchtbarkeit der Kravven sorgte. Ohne ausreichend Fluut hätten die Kravven nur Kraverker ohne Verstand gebären können.
Fluut war ...
Kellmi spürte unter seinem linken Hinterbein eine Bewegung wie von einer Schlange. Er war nur einen Moment unachtsam gewesen, seine Gedanken hatten ihn abgelenkt. Und schon hatte der starke Arm einer Civa-Fleischfresserpflanze sein Bein gepackt und riß ihn um.
Kellmi vertauschte die Schleuder gegen die Axt und hieb nach dem Schlingarm. Erst mit dem vierten Hieb konnte er ihn durchtrennen. Aber da waren schon weitere Schlingarme heran, wickelten sich um seine Beine, seinen Rumpf und seinen Fluutrüssel. Nur den stärkeren Sudrüssel, der das Beil schwang, hatte er noch frei.
Und da sah er schon den mörderischen Blütenkelch der Civa in der Dunkelheit vor sich aufleuchten, Er war so groß, daß selbst eine ausgewachsene Kravve in ihm Platz gehabt hätte.
Kellmi, der nur halb so groß war, würde darin völlig verschwinden.
Während die Fangarme Kellmi dem verführerisch leuchtenden Blütenschlund näher brachten und die Nesseln das Gift in ihn spritzten, wandelte sich das Aussehen des Kelches. Er bekam die verführerische Form des Geschlechtsorgans einer Kravve. Und obwohl noch nicht Paarungszeit war, wallten seltsame Gefühle in Kellmi auf.
Obwohl er wußte, daß es die Civa war, die ihn täuschte und ihm ein falsches Bild vorgaukelte, verlangte alles in ihm danach, in diese wundervolle, verheißungsvolle Geschlechtsblume
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