2010 - Morkheros Prophet
fressen haben, um ausreichend Nährsud produzieren zu können, um sie alle satt zu machen und nebenbei auch einiges Fluut abzusondern, Kellmi gab dem Tier den Todesstoß und band es sich auf seine Rückentrage, die genau diesem Verwendungszweck diente. Dann machte er sich auf den Weg.
Er hätte den Yoll-Baum beinahe nicht bemerkt, denn der Lemmu überdeckte mit seiner Ausdünstung den unverkennbaren Geruch nach Yoll. Aber der Yoll-Baum mit seinen überaus duftenden und schmackhaften Früchten warnte ihn durch Aneinanderschaben seines Nadelwerks, das er statt Blättern trug. Kellmi konnte dem Yoll-Baum rechtzeitig ausweichen und so verhindern, daß er von ihm irgendwohin geschleudert wurde.
Er war bereits außer dessen Reichweite, als plötzlich ein Tiver vor ihm auftauchte. Das Scheusal mußte Kellmis Beutetier gewittert haben und mochte nun darüber erfreut sein, daß es auf doppelte, Beute stieß.
Doch dachte Kellmi nicht daran, sich und den Lemmu dem Tiver zu überlassen. Nicht einmal den Lemmu allein! Es hätte ihm im übrigen gar nichts genützt, seine Beute als Köder für den Tiver zu verwenden, denn diese Ungeheuer reagierten auf Bewegung.
Und sie gaben sich erst zufrieden, wenn sie alles in ihrem Sichtbereich getötet hatten.
Kellmi überlegte fieberhaft und kam zu dem Schluß, daß er auch ohne die Last des Lemmus keine Aussicht hatte, dem Tiver lebend zu entkommen. Er hatte nur eine Möglichkeit zu überleben: Er mußte rechtzeitig, bevor ihn der Tiver zu fassen bekam, den Yoll-Baum erreichen und dessen Schutzfunktion aktivieren.
Kellmi machte kehrt und lief auf den Yoll-Baum zu - der Tiver mit grollenden Geräuschen hinter ihm drein. Kellmi spürte bereits den stinkenden Atem des Tivers und wußte, daß dieser im nächsten Moment zuschlagen würde.
Der Jäger schnellte sich mit einem Satz vom Boden und flog auf den Yoll-Baum zu. Er hörte das warnende Schaben der Yoll-Nadeln. „Mach schon, verdammter Yoll!" schrie er herausfordernd. „Wehr mich endlich ab!"
Kellmi dachte schon, daß er gegen die Äste prallen würde, als er plötzlich einen Schlag in seinem Kopf verspürte. Und im nächsten Moment war der Yoll verschwunden. Es gab weit und breit keinen Tiver. Keinen Sumpf und überhaupt keine Bäume. Nur Felsen.
Kellmi hatte keine Ahnung, wohin genau ihn der Yoll-Baum befördert hatte. Aber es war sehr, sehr weit von der wunderbaren Olmo Hirkulum und dem Lagerplatz seiner Jagdkameraden entfernt.
Eine gebirgige Landschaft wie diejenige, in der er sich nun befand, war von Olmo Hirkulum aus nicht einmal zu sehen. Es gab überhaupt nur ein Gebirge, das er namentlich kannte - und das bloß aus Legenden. Das waren die Dämonenberge von Zirahm. Und diese erhoben sich über zehn Tagesmärsche von Olmo Hirkulum, der Wunderbaren, entfernt.
Dem Jäger wurde mit einem Schlag bewußt, daß er die Stadt, in der er geboren worden und aufgewachsen war, nie mehr wiedersehen würde. Wie sollte er je dorthin gelangen? Er hatte zwar ein großes Beutetier bei sich, aber keine Kravve, die es fressen und die Beute für ihn zu lebensnotwendigem Nährsud verarbeiten konnte, Er würde jämmerlich verhungern, während der nahrhafte Lemmu auf seinem Rücken verweste.
Der Gedanke machte ihn seltsamerweise hungrig, Er griff nach seinem Vorratsbeutel, um wenigstens seinen ärgsten Hunger zu stillen. Da mußte er feststellen, daß er diesen in der Hitze des Gefechts verloren hatte.
Jetzt wird dein Ende noch viel rasch kommen, Kellmi!
Für Kellmi hätte es nicht schlimmer kommen können.
Das erkannte er in der Morgendämmerung, als er sich auf allen Seiten von nacktem Fels umgeben sah. Nirgendwo sproß eine Pflanze, kein Tier ließ sich blicken, und sei es noch so klein. Die Luft war schneidend kalt - und dünn.
Im Osten fiel eine fast senkrechte Felswand in die Tiefe. Im Süden reihte sich ein Felsgipfel an den anderen, und einer schien höher als der andere. Nur im Westen und Norden konnte er in der klaren Luft des Morgens ferne sattgrüne Niederungen erkennen.
Noch bevor die Sonne ihre ersten Strahlen über die östlichen Berggipfel schickte, begann er mit dem Abstieg. Ein Kraverker ist alles andere als ein Berg-Toegi, darum tat er sich entsprechend schwer mit dem Hinabsteigen. Er rutschte immer wieder aus und konnte einmal nur einem Absturz entgehen, indem er sich mit den Rüssel an einen Felsvorsprung klammerte. Dabei verletzte er sich den Fluutrüssel, was ihn im Moment jedoch nicht weiter bekümmerte.
Der tote
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