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2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos

2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos

Titel: 2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten
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der über dem dichten Laubwerk aufgeht, ein wenig aufgehellt wird, sieht er den Jaguar. Es ist ein großes, auf der Seite liegendes Männchen, aus dessen Körper Blut strömt. Der Griff des Obsidiandolchs ragt noch aus seiner sich hebenden und senkenden Brust. Eine der Vorderpfoten des Tieres ist voller Blut, die vier scharfen Krallen passen genau in die vier Vertiefungen in Mannys blutiger Schulterwunde.
    Ein Rascheln im Urwald.
    Er lässt sich neben dem sterbenden Tier auf die Knie fallen und zieht ihm den Dolch aus dem Leib. Die Raubkatze stößt ein gepeinigtes Knurren aus und reißt in einer Reflexbewegung den Kopf nach oben.
    Doch das Herz der großen Katze hört bereits auf zu schlagen, bevor der Kopf auf den harten Kalksteinboden zurücksinkt.

    Geschwächt kauert sich Manny in einer Verteidigungsposition zusammen und wartet.
    Die spanischen Konquistadoren treten aus dem Dschungel. Weiße Männer mit Bärten und Feuerstöcken, die heiße Insekten ausspucken. Das Blut weicht aus seinem Gesicht. Der Himmel dreht sich, der Urwald schwankt, und seine Beine sacken unter ihm weg. Seine glasigen Augen starren hinauf in den dunklen Canyon, der den mitternächtlichen Himmel teilt.
     
    Rot brennt das Tageslicht hinter seinen geschlossenen Lidern. Er öffnet sie, und durch eine rechteckige Öffnung hoch oben in der Hütte aus Stroh und Lehm strömt Sonnenlicht herein.
    »Balam?«
    Die Eingeborene, die rittlings auf seiner Brust sitzt, sieht ihm mit ihren dunkelbraunen Augen direkt ins Gesicht. Ihr rabenschwarzes Haar ist wild und ungekämmt. Sie ist nackt, und ihre warme dunkle Haut ist sepiafarben … genau wie seine eigene.
    »Eine weitere Vision?« Sie spricht die Nahuatl-Sprache der Tolteken, und irgendwie kann er sie verstehen. Seine Hirnwellen passen sich seinem veränderten Bewusstsein an und vervollständigen die Umwandlung seiner bisherigen Identität.
    Er ist Chilam Balam.
    Er ist der Jaguar-Prophet.
    Er beantwortet die Frage seiner Seelengefährtin in ihrer Muttersprache: »Ich habe den bärtigen weißen Mann gesehen.«
    »Der große Lehrer kehrt zurück?«
    »Nein, Blutfrau.« Er gleitet unter ihr hervor, sein Körper
trägt keine der Wunden mehr, die er im Traum besaß. »Die bärtigen Weißen sind Eroberer. An Eins Imix werden sie von Osten über das Meer kommen und das Symbol ihres Gottes tragen. Mit Gewalt und Tod werden sie die neue Religion verbreiten.«
    Er kniet neben dem langen Pergament, das auf dem nackten Fußboden liegt, und beginnt, einige neue Bilder zu malen, indem er seine jüngste Vision in Maya-Glyphen verwandelt. »Geh zum Rat. Berichte den Mitgliedern, dass ich heute Nacht die Hilfe des großen Lehrers in seinem heiligen Tempel erbitten werde.«
     
    Als Chilam Balam seine Hütte verlässt, ist es kurz vor Sonnenuntergang.
    Er folgt der sache , der aufgeschütteten, ungepflasterten Straße, die sich durch den dichten Dschungel Yukatans zieht. Bauern arbeiten auf ihren Feldern, wo sie Mais und anderes Getreide anbauen. Arbeiter beseitigen das Unterholz, um neue Pfade anzulegen. Gesichter wenden sich ihm zu, Köpfe senken sich. Chilam Balam wird verehrt.
    Er geht nach Süden zur blutroten Kukulkan-Pyramide, die sich in der Ferne wie ein riesiger Ameisenhaufen über das mächtige religiöse Zentrum erhebt. Tausende bevölkern die Promenade und bieten ihre Waren an. Töpfer stellen Vasen und Teller aus, Bauern bieten ihre Feldfrüchte zum Verkauf, Weber ihre Lendenschürze und gefärbten Röcke, deren Stoff vom Kapokbaum stammt, dessen Frucht aus einer fünfzehn Zentimeter langen Hülse besteht. Sie enthält die Samen, welche von einer feinen gelblichen Faser umhüllt sind, die Baumwolle ähnelt.

    Dreißigtausend Maya. Versammelt, um feindliche Überfälle von vornherein zu verhindern, verbunden durch vielfältige verwandtschaftliche Beziehungen zum Itza-Clan, verpflichtet zum Dienst an den Göttern und an der Gemeinschaft.
    Chilam Balam geht durch die Reihen der Handwerker und Heiler, bis er die nördliche Balustrade der Pyramide erreicht. Noch immer ist der Prophet der wichtigste Helfer der J-Männer, der Ix-Männer und der Maya-Priester, die im Rat herrschen. Er ist der Schöpfer der Katuns; jede dieser zwanzig Jahre währenden Epochen verkündet eine Vision der Zukunft … eine Vision, die der Jaguar-Priester in seinen Träumen empfangen hat. Er hat gesehen, wie der bärtige weiße Mann mit Schiffen aus Holz hier angekommen ist. Er war Zeuge, wie die Feuerstöcke Tod und Verderben

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