2012- Die Rückkehr
Fußgelenke mit Plastikschnüren gefesselt.
Quenton steht über ihr, die Bibel in einer Hand, das Kreuz in der anderen, das weiße Priestergewand völlig verschwitzt, und fährt das Mädchen mit donnernder Stimme an.
»… wir beten, dass der Gott des Friedens Satan unter unseren Füßen zerschmettern wird, sodass er die Menschheit nicht länger in Gefangenschaft halten und der Kirche Leid zufügen kann. Trage unsere Gebete zum allerhöchsten Gott, damit Er ohne innezuhalten Seine Gnade auf uns herabsenken möge …«
Brandy steht am hinteren Fenster in Quentons Rücken und macht den Priester nach.
Lilith kichert.
Die Augen des Priesters werden groß. Er schlägt das Kind ins Gesicht und besprenkelt es mit Weihwasser. »Packe den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel und Satan ist. Binde ihn, und schleudere ihn in die Grube ohne Grund, sodass er die Nationen nicht länger verführen kann!«
Lilith schließt die Augen, ihr Körper zittert.
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11. Oktober 2020
Mabus Estate
Hamptons, New York
I n den Hamptons, einer Reihe von Kleinstädten entlang der Küste von Long Island, tummeln sich jeden Sommer die Reichen und Berühmten Amerikas in ihren palastartigen Strandhäusern.
Bekleidet mit einem Bademantel steht Peter Mabus an seinem menschenleeren privaten Strandabschnitt und starrt hinaus auf den herbstlich wogenden Ozean, als die graue Morgendämmerung über dem östlichen Horizont anbricht. Die letzten Jahre haben dem einst so robusten Unternehmer schwer zugesetzt. Nach der katastrophalen Niederlage gegen Ennis Chaney bei der letzten Präsidentschaftswahl hat seine Frau, mit der er dreißig Jahre lang verheiratet gewesen war, die Scheidung eingereicht, nachdem sie ihn in einer Hotelsuite mit zwei seiner Sekretärinnen erwischt hatte. Chaneys neue Initiative gegen fossile Brennstoffe kostet ihn Dutzende Millionen Dollar, und gegen seine vorgeblich religiösen Prinzipien verpflichtete
politische Partei wird wegen Steuerhinterziehung ermittelt.
»Hey, Dad!«
Mabus sieht, wie ihm sein Sohn Lucien von der Strandpromenade aus zuwinkt. »Hier möchte jemand mit dir sprechen.«
Mabus signalisiert seinem Gast, dass er näher kommen soll.
Solomon Adashek geht über die private Strandpromenade und dann mitten durch das hohe Seegras hinunter zum Strand. »Guten Morgen.«
»Ich kann nichts Gutes an diesem Morgen finden. Ich habe Sie damit beauftragt, einen Job zu erledigen, Mr. Adashek. Warum wurde er noch nicht erledigt?«
»Sie haben mich damit beauftragt, die bestgeschützte Person der Welt aus dem Spiel zu nehmen. So etwas braucht Zeit. Aber jetzt ist mein Agent in der Position, die vorliegende Aufgabe abzuschließen.«
»Wann ist es so weit?«
»Heute. Unser Freund sollte pünktlich zu den Mittagsnachrichten tot sein.«
Weißes Haus
Washington, D. C.
9.02 Uhr Ennis Chaney blickt hinter seinem Schreibtisch auf und schluckt den Rest seiner eingelegten Eier herunter, als seine Sekretärin den Rabbi und eine Frau mit leuchtend orangerotem Haar ins Oval Office führt.
»Rabbi Steinberg, schön Sie zu sehen. Das muss doch mindestens ein Jahr her sein.«
»Es sind schon zwei Jahre. Wir haben uns bei der Party zum fünften Geburtstag der Zwillinge getroffen.«
»Tut mir leid, dass ich die letzten Gelegenheiten verpasst habe. Ich war mitten im Wahlkampf für meine Vizepräsidentin. Ich würde mich gerne mit Ihnen unterhalten, aber ich fliege in zehn Minuten nach Detroit. Rufen Sie das nächste Mal an, dann machen wir ein Treffen aus.«
Der Rabbi wirft der Frau mit dem orangeroten Haar einen besorgten Blick zu.
»Also, was ist denn so verdammt wichtig, dass Sie nach Washington geflogen sind, anstatt eine Video-Schaltung zu benutzen?«
»Das Attentat auf Sie.«
Einen Augenblick lang werden die Eulenaugen des Präsidenten ganz schmal, dann bricht er in ein raues Lachen aus. »Ist das alles? Verdammt, ich bekomme mehr Morddrohungen, als das FBI zählen kann.«
»Mr. President, das ist Kimberly Ward, Professorin am Washington College. Ihr Fachgebiet ist Parapsychologie.«
»Ich beschäftige mich mit paranormalen Phänomenen, Mr. President.«
»Na ja, wenn ich mal einem Geist begegne, werde ich Sie ganz sicher anrufen.«
Kimberly Ward ist nicht amüsiert. »Ich bin Wissenschaftlerin, Sir. Ich beschäftige mich mit der Erforschung von außersinnlicher Wahrnehmung, Hellsichtigkeit, Telepathie und Präkognition, und ich kann Ihnen versichern, dass meine Zeit genauso wertvoll ist wie
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