2012- Die Rückkehr
aufhält, während sich der Körper noch immer in der dritten Dimension befindet und sich extrem schnell bewegt.«
»Im Nexus?«
»So nenne ich es.«
»Bring mir bei, wie man das macht.«
»Na, dann los.«
Manny folgt Jacob nach draußen zum Fünfzig-Meter-Schwimmbecken.
»Ich zeige dir, wie ich es gelernt habe. Nämlich indem ich den Atem angehalten habe. Es klappt am besten,wenn man Angst hat, wenn ein richtiger Adrenalinstoß kommt.« Jacob zieht sich bis auf die Shorts aus. »Schwimm bis runter auf den Boden und halt dich dort an der Leiter fest. Dann schließ die Augen und warte auf ein weißes, stecknadelkopfgroßes Licht. Wenn du es siehst, konzentrier dich darauf, aber geh nicht hinein. Das Licht wird größer werden, und dann verlangsamt sich alles. Du wirst Bescheid wissen, weil deine Lunge dann nicht mehr schmerzt, weil du so lange den Atem angehalten hast. Aber denk dran: Sieh dir das weiße Licht nur an und lass dich nicht hineingleiten in seine Wärme.«
»Warum darf ich nicht hineingehen?«
»Tu’s einfach nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich glaube, es könnte eine höhere Dimension sein.«
»Hast du es schon getan?«
»Noch nicht, aber ich werde es eines Tages tun.«
»Hast du Angst davor?«
»Ich werde es tun, wenn ich bereit bin. Du solltest dich nur darauf konzentrieren, in den Nexus zu gelangen.«
»Wenn ich es schaffe, wie komme ich dann wieder raus?«
»Sag einfach zu dir selbst: Ich will raus, und schon bist du draußen.«
»Was ist, wenn ich es vergesse und ertrinke?«
»Du wirst nicht ertrinken. Sobald du nicht mehr genügend Luft in dir hast, werden deine Hände die Leiter loslassen, und du wirst an die Wasseroberfläche treiben. Das passiert mir immer. Jedes Mal, wenn ich versuche, unten zu bleiben, lässt mein Körper los, und der Nexus schmeißt mich raus.«
Der dunkelhaarige Zwilling starrt auf den Grund des Schwimmbeckens. »Ich weiß nicht.«
»Komm schon, Manny. Sei nicht so ein Baby.«
Immanuel zieht sich bis auf die Unterwäsche aus und klettert über die Aluminiumleiter ins Becken. Das kühle Wasser lässt ihn schaudern. »Es ist so kalt.«
»Im Nexus ist es wärmer. Jetzt hol tief Luft, und dann runter mit dir.«
Immanuel atmet tief ein, senkt den Kopf unter Wasser und klettert die Leiter hinab. Seine Hände umfassen die unterste Sprosse, und er schließt die Augen.
Schwärze.
Das Herz dröhnt ihm in den Ohren.
Seine Lunge brennt.
Immanuel lässt die Sprosse los und kommt strampelnd nach oben. Er atmet tief aus, als sein Kopf die Wasseroberfläche
durchstößt. »Du bist so ein gottverdammter Lügner. Ich hab keine Ahnung, warum ich mich immer wieder von dir zu solchen Dingen bequatschen lassen.«
»Ich habe nicht gelogen …«
»Halt die Klappe!« Immanuel klettert vor Kälte zitternd aus dem Schwimmbecken. »Ich geh ins Haus.«
Jacob packt ihn am Arm und deutet auf die Digitaluhr an der Wand des Poolhäuschens. »Es ist 14.04 Uhr. Sieh zu und lern was.« Ohne auf eine Antwort zu warten, taucht er ins Wasser ein und sinkt mit raschen Schwimmzügen zu Boden.
Immanuel sieht, wie sein Bruder die unterste Sprosse mit seiner linken Armbeuge umklammert. Verrückter Freak.
Jacobs Körper kommt zur Ruhe. Er schließt die Augen. Seine Gedanken verlieren sich in der Schwärze hinter seinen Lidern.
Vor seinem geistigen Auge sieht er sich durch seinen Kehlkopf hinabgleiten und durch die Aufgabelung der Luftröhre in seinen rechten Lungenflügel strömen. Er folgt dem Bronchialast in eine der kleineren Bronchiolen, bis sein Geist die traubenartigen Alveolen erreicht, winzige sackförmige Gebilde, von denen jedes einzelne Luftmoleküle enthält. Wie eine Honigbiene auf der Suche nach Nektar zapft er jedes dieser Säckchen an, um gewissermaßen im Miniaturmaßstab Atem zu holen und sein nach Sauerstoff gierendes Gehirn zu versorgen.
Die Beklemmung in seiner Brust löst sich. Das stecknadelkopfgroße Licht erscheint, das umso wärmer wird, je weiter es sich ausdehnt.
Okay, ich kann das … ich kann das …
Jacob Gabriels Geist gleitet in die strahlende Öffnung, und seine Seele badet in ihrer Wärme.
Dann sieht er den Schatten.
Immanuel wirft einen Blick auf die Uhr. Fast drei Minuten … Das Kitzeln in seiner Blase wird stärker. Was soll ich nur tun? Was ist, wenn er ertrinkt? Er konzentriert sich auf das Gesicht seines Bruders. Sieht sein melancholisches Lächeln. O Mann … er tut es wirklich.
Jenseits einer Art von Dunst ist eine geschmeidige
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