2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
immer von ihrer Schrecklichkeit überzeugt war, sogar, bevor ich auf Rotten Video den Clip mit dem Kleinkind in der Mikrowelle gesehen habe. Es liegt auch nicht daran, dass ich die wirkliche Welt für eine kollektive Halluzination, eine holografische Projektion von Außerirdischen oder für den Schleier der Maya (der indischen Göttin diesmal) hielte oder so etwas. Wenn es doch so wäre. Aber nein. Der Grund, der einzige Grund ist der, dass ich mit den Kindern gesprochen habe. Das soll heißen, ich bin den Ungeborenen begegnet. Ihnen allen. Ich habe ihnen zugehört. Sie wollen nicht hierher. Und ich bin in der Lage, ihnen diesen Wunsch zu erfüllen.
Also habe ich Grund und Gelegenheit.
Habe ich auch das Recht?
Das weiß ich nicht. Ich neige aber zu der Auffassung, dass die Frage bedeutungslos ist. Wie schon gesagt, geht es nur darum, dass ich dazu in der Lage bin, und deshalb habe ich auch die Pflicht . Ich will nicht der Schurke sein. Wer will das schon? Aber manche sind berufen …
PING . Aha. Mein imaginärer interner Wecker sagt mir, es ist Zeit, nach dem zweiten Dominostein zu sehen.
Beinahe habe ich Angst hinzuschauen.
Nein, nicht beinahe. Ich habe Angst.
Eine Scheißangst.
Aber wenn ich nicht hinschaue, ist es vielleicht gar nicht passiert. Vielleicht ist alles nur ein Hirngespinst … vielleicht kann es gar nicht funktionieren. So etwas geschieht einfach nicht. Es ist unmöglich. Die Dinge bleiben, wie sie sind. Es wird immer Kaffee und Japan und den Morgen geben und noch eine Staffel Battlestar Galactica ; es wirdPapageifische geben, Meeresschnecken, Fluffernutter-Sandwiches, Schnee …
Jed! Du wirst rührselig. Hör auf. Reiß dich zusammen.
Ich rief den Preisticker auf und scrollte nach unten … langsamer …
Da ist es …
…
Chix, chix, chix. Xkimik, xkimik. Ay dios. O Gott, ogottogott! Das ist nicht wahr, das ist nicht wahr …
Aber es ist wahr. Es ist passiert. Ich habe es getan. Es passiert, es passiert. Todo por mi culpa. Alles meine Schuld. O mein Gott, omeingottomeingott, OMG , O, O, O . Ya estuvo. Es ist getan. Wieder spürte ich das betäubende Hochgefühl, als hätte ich gekühltes Helium eingeatmet. Und auch Wald- und Wiesen-Entsetzen, natürlich, und sogar einen Hauch von … ich weiß nicht genau, wie ich es nennen soll. Soll ich Schuld dazu sagen? Abbruch, Abbruch! Es ist getan, Jed, es ist getan, auch wenn ich, selbst ich, nicht glauben kann, dass es wirklich passiert, es ist, es ist, es ist …
Tief durchatmen!
Puh. Tja, daran ist nichts zu ändern.
Okay. Es wird spät, also beantworte ich noch eine Frage aus dem Publikum. Wenn das Opferspiel so großartig funktioniert, warum benutzt du es dann nicht, um zu sehen, wie man all diese schrecklichen Möglichkeiten vermeidet und die Zukunft für jeden hell und strahlend macht? Beantworte mir das.
Habe ich schon. Das war’s.
Also, das war es wirklich. Und wie ich schon sagte …
Warte mal.
Okay. Ich bemerkte, dass es mir ein bisschen hochgekommen war, und ich musste den Klumpen aus saurem Mus wieder in die richtige Röhre zurückwürgen. Okay.
Und wie ich schon sagte: Sie wollen es selbst. Gehen Sie mal in sich, dann erkennen Sie, wie sehr Sie sich nach Erlösung sehnen. Genau wie der verstümmelte Hund, den ich früher kannte, wollen Sie erlöst werden, auch wenn Sie nicht darum bitten können. Wenn Sie könnten, würden Sie mir danken, dass ich für alle eine Brückebaue, die aus Akron hinausführt. Und wenigstens wissen Sie jetzt Bescheid. Das heißt, Sie wissen alles Wissenswerte: dass die Welt nicht in Feuer oder Eis endet, nicht mit einem großen Knall und nicht mit einem Wimmern, nicht mal mit einem Achselzucken. Nur mit einem Mausklick.
Mit sehr, sehr freundlichen Grüßen
Joachim Carlos Xul Mixoc DeLanda
(2)
Marena hatte mir eine SMS geschickt, als ich mitten beim Verfassen meines Briefes an die Liebe Todgeweihte Welt war. Sie schrieb, sie sei aus Belize zurückgekehrt, und ich solle sie zu Hause besuchen. Wow, und jetzt?, dachte ich. Was sollte ich ihr sagen, außer nichts? Ich wusste genau, dass ich nicht widerstehen konnte. Ich hing noch immer an ihrem Haken. Oder an ihrer Harpune. Und sie wusste es. Hölle. Andererseits war ich noch nie bei ihr zu Hause gewesen, und sie zu besuchen stand auf meiner Liste der Dinge, die ich vor meinem und unser aller Tod noch tun wollte, ganz oben.
Okay. Ich schaltete die Aquarien auf Selbstwartung, aß ein bisschen Fluffernutter und nahm, nur um klar im Kopf zu
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