204 - An Afras Ufern
Hosentasche und spuckte darauf.
Dann begann er seine Lederstiefel zu polieren. »Schaut euch nur um, ihr habt die Wahl! Alle hier sind Stadtführer«, bemerkte er fast beiläufig.
In dem Haus war es still geworden. Die Menschen starrten Matt und Rulfan an: einige erwartungsvoll, andere eher gelangweilt. Für wen von ihnen würden sich die Fremden entscheiden?
Rulfan löste sich von der Tischplatte und verschränkte die Arme. »Kannst du uns ein Fahrzeug besorgen?«
»Klar«, brummte der Mann.
Der Albino wandte sich an Matt. »Nehmen wir ihn! Ich mag Leute, die mit wenigen Worten viel sagen.«
Matthew grinste. »Wie ist dein Name?«, fragte er den Vollbart.
»Wanaslewsko! Aber nennt mich einfach Wanja!« Wanja stopfte sein Tuch wieder in die Hosentasche und erhob sich gemächlich. Er war gut einen halben Kopf größer als Rulfan.
»Ich nehme an, ihr wollt zunächst mal was Anständiges essen!«
Natürlich wollten sie das! Sie verließen mit Wanja das Gästehaus und gingen durch die Gasse, durch die sie am Nachmittag, nach dem Treffen mit dem Stadttribunal, geführt worden waren. Kleine weiße Flachbauten mit blauen Türen und Fensterläden säumten die Gasse. Wie am Nachmittag, war sie auch jetzt menschenleer. Dafür pulsierte der große Platz, in den sie mündete, vor Leben.
Er glich einem orientalischen Basar: Er wimmelte von Frauen und Männern, die Fisch, getrocknete Früchte, Mais und Getränke in Steinkrügen anboten. Sie trugen Gewänder aus bunten Tüchern in den verschiedensten Variationen: Manche steckten in Kapuzengewändern wie der Mann an der Rezeption des Gästehauses, andere waren in Shorts und bunte Hemden gekleidet, wieder andere trugen die typische Lederkleidung der Kasanjas. Die Hautfarbe der Menschen fiel genauso unterschiedlich aus wie ihre Bekleidung: Von goldenem Bronzeton bis zu tiefstem Schwarz war alles vorhanden.
Die Waren wurden aus Körben oder in Buden und bunten Zelten verkauft. Dazwischen türmten sich kleine und große Haufen von Schrottteilen. Schrott, wohin das Auge sah.
Manche verbogenen und verrosteten Stücke erinnerten Matthew an Ersatzteile von Militärfahrzeugen. In einem größeren Haufen neben einer Tuchhändlerbude glaubte er das Rotorblatt eines Hubschraubers zu erkennen. Aber es blieb ihm keine Zeit, genauer nachzuschauen. Er musste sich beeilen, um mit Rulfan und Wanja Schritt zu halten.
Als sie ein Zelt passierten, in dem Schmuck, Geschirr und dünne Platten aus Bronze verkauft wurde, fragte Matt: »Lebt ihr vom Handel mit Bronze und Schrott?«
Wanja schüttelte den Kopf. »Nein, in der Hauptsache von der Salzgewinnung und dem Verkauf von Trinkwasser in der Dürreperiode.«
Matthew dachte an die verrostete Dampfmaschine am Strand. »Ihr gewinnt aus dem Meerwasser Salz?«
Wanja lachte. »Nein, das Salz bauen wir in unserer Salzgrube ab. Im Westen hinter der Stadt, in der Weißen Wüste. Das Meerwasser wird nur aufbereitet, um daraus Trinkwasser zu gewinnen. Aber das meiste davon wird gebraucht, um unsere Dampfmaschinen zu betreiben! Treibstoff für unsere Fahrzeuge.«
Während sich Matthew der Gedanke aufdrängte, dass so eine Salzgrube vermutlich ein hässlicher Ort für künftige Zwangsarbeiter wäre, war Rulfan sofort Feuer und Flamme für die Fahrzeuge der Kasanjas. Wanja berichtete eifrig von Otomobilen, Motorrädern und Trivelos, die angeblich in einem Hangar im Westen der Stadt untergebracht waren.
Matthew wusste nicht so recht, was er davon halten sollte.
Warum war keines der Fahrzeuge zu sehen? Er betrachtete den Marktplatz und die kleinen Gassen, die von ihm wegführten.
Vermutlich war es hier einfach zu eng für diese Gefährte!
Sein Blick blieb an einer Frau hängen, deren Blicke ängstlich umher irrten. Sie trug ein maisgelbes Kleid und war ungefähr so dunkelhäutig wie Victorius. Vor ihren nackten Füßen stand ein großer Korb, aus dem gewebte Stoffe hingen.
Zwei Kansanjas mit Federn in ihren bunten Haaren redeten auf sie ein. Sie standen mit dem Rücken zu Matt, sodass er ihre Gesichter nicht sehen konnte. Aber hören konnte er sie. Laut und deutlich schrie einer der Männer die verängstigte Frau an:
»Aus dem Weg, du schwarzer Bastard!«
Die Frau schaute verschämt zu Boden. Sie bückte sich schnell nach ihrem Korb und quetschte sich an eine Budenwand. Die beiden Kasanjas lachten. Männer und Frauen, die in der Nähe des Geschehens waren, schauten schnell weg oder beschäftigten sich auffallend emsig mit ihren Waren.
Matthew
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