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205 - Das Zeichen der Ewigkeit

205 - Das Zeichen der Ewigkeit

Titel: 205 - Das Zeichen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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andere Seite des Nils, und auch wenn die riesigen, uralten Bauwerke in der Ferne alle Beachtung für sich einforderten, gab es unterwegs durchaus noch andere sehenswerte Dinge zu bestaunen.
    Zum Beispiel die Brücke. Sie war im zwanzigsten Jahrhundert als Schnellverbindung zwischen Kairo Ost und der Trabantenstadt El Giza errichtet worden, und sie hatte Millionen Fahrzeuge trockenen Reifens über den Fluss gebracht. Längst war der ohrenbetäubende Verkehrslärm verhallt, waren die Autos zerfallen und ihre Besitzer vergessen.
    Nur die Brücke stand noch, wenn auch schwer gezeichnet. Die Auffahrt von El Giza her war komplett weg gebrochen, die Fahrbahn hatte klaffende Risse, und das Gesamtgebilde hing lasch wie ein feuchtes »S« über dem Fluss. Dass es trotzdem oft und dankbar genutzt wurde, lag an den Krokodilen, die in Ufernähe dümpelten. Man sah ihnen an, dass sie dort keineswegs umsonst warteten.
    Weiter südlich befand sich eine Baustelle. Der Sphinx von Gizeh war bei einem Erdbeben auseinander gebrochen, und die Egeeter hatten für seine Steinquader einen neuen Verwendungszweck gefunden. Aus der Luft konnte man das Netz der Schleifspuren im Sand gut erkennen. Sie endeten an einem in Arbeit befindlichen Graben, der von den Pyramiden Richtung Nil ausgehoben und mit den alten Steinen zur Rinne befestigt wurde. Jetzt, um die Mittagszeit, ließ sich dort allerdings kein Mensch blicken. Es war zu heiß, da trieb man nicht mal ein Kamshaa hoch.
    In langer Reihe parkten die königlichen Reittiere dösend auf ihren untergeschlagenen Beinen am Grabenrand. Ihre Halter, eine Einheit aus der zweihundert Meilen weiter südlich gelegenen Soldatenstadt El Nazeer, hatten sich zusammen mit den Arbeitern in die kühle, schattige Tiefe des Aushubs zurückgezogen. Die meisten jedenfalls.
    Soldatenführer Ramid freilich blieb auf seinem Posten, denn dieser Graben war nicht irgendein beliebiger Riss in der Landschaft, sondern das jüngste Bauprojekt des Königs: ein Kanal, der den Nil mit dem riesigen Loch verbinden sollte, das vor den Pyramiden gähnte. Unter dem Sand dort lag massives Gestein, das machte dieses Loch zu einem natürlichen Auffangbecken.
    Ramid inspizierte die Arbeit des heutigen Tages und nickte zufrieden. War der Kanal erst fertig, konnte man rings um den Stausee zusätzliches Land erschließen, was die Erträge von Ackerbau und Viehzucht deutlich anheben würde. Dies wiederum war die entscheidende Voraussetzung für eine Truppenverlegung nach El Kahira, denn was es in der Gegend bis jetzt an Landwirtschaft gab, ernährte gerade mal die Bewohner der Stadt.
    Kurz nach dem Umzug der Soldaten sollte dann die von langer Hand geplante Großoffensive beginnen: der Kampf um das Delta. König Menandi hatte genug von dem Feind, der die Nation von der Außenwelt abschnitt. Er wollte ihn vernichtet sehen, und wer sich in dieser Schlacht profilierte, dem winkte ein Pjasterregen aus purem Gold. Ramid beabsichtigte genau den zu kassieren.
    Er entzückte sich just am Glanz des künftigen Vermögens, als ein Kamshaa übellaunig blökend in seinen Traum getrampelt kam. Der Reiter, ein Mann aus Ramids Einheit, rief schon von Weitem nach dem Soldatenführer. Hektisch, als ob die Welt in Flammen stünde.
    »Was ist los, Ali?«, knurrte Ramid, kaum dass das Kamshaa gebremst hatte, auf die Knie fiel und der Mann dann vor ihm stand.
    »Omar«, verbesserte der und wischte sich den Sand aus dem Gesicht.
    »Auch gut. Also was ist los, Omar?«
    Der Soldat zeigte über die Schulter. »Der Berba ist weg.«
    Ramid runzelte die Stirn. »Weg? Was heißt das: weg?«
    »Er hat den Gebel verlassen und ist weg geritten.«
    »Ja… und wohin?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Ramid sackte kapitulierend nach vorn und verdeckte seine Augen. Sie sind alle so dumm, dachte er. Und ich bin ihr Anführer! Laut sagte er: »Die Richtung, Omar! In welche Richtung ist der Berba geritten?«
    »Es waren mehrere.«
    Omar zwinkerte nervös, während die Hand des Soldatenführers unnatürlich langsam herunter sank.
    »Nasrallah ben Kufri ist in mehrere Richtungen geritten?«
    Ramid sah aus, als würde er gleich explodieren. Da war es nicht hilfreich, dass der Soldat zu grinsen begann.
    »Aber nein! Ich meinte natürlich: Es waren mehrere Berba. Nasrallah hat die ganze Zeit auf dem Gebel gestanden und in die Gegend geguckt. Dann kamen seine Leute, und er ist mit ihnen weg geritten. Zum Nil runter.«
    »Ja, und das konntest du mir nicht gleich sagen?« Ramid holte aus

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