2050 - SEELENQUELL
Geschöpf tot war.
Er vermochte sich unter dem mentalen Druck kaum zu rühren. Mittlerweile lag er bäuchlings auf dem Dach des Wohncontainers. Trotz der zahlreich vorhandenen Schichten des Galornenanzugs brannte die Unterseite seines Körpers wie Feuer. Die bloße Berührung der Haut mit den Schichten des Anzugs und dem Dach darunter war schier unerträglich.
Rhodan schrie auf. Und konzentrierte sich wieder auf den ruhigen Pol irgendwo tief in seinem Inneren. Seine Gedanken wurden wieder klarer. Mit einemmal war er sich sicher, daß hier irgend etwas Furchtbares geschah. Sich ihm aber auch eine ungeahnte Chance bot. Wenn es ihm gelang, sich des durch den Tod des Silberträgers vielleicht geschwächten oder verwirrten Wesens zu bemächtigen..., dann war das die Gelegenheit, Morkhero Seelenquell zu verhören, mehr über ihn zu erfahren, ihn als Bedrohung endgültig auszuschalten!
Rhodan lachte heiser auf. Offensichtlich beeinträchtigte der mentale Druck nicht nur seinen Körper, sondern in zunehmendem Maße auch seinen Geist. Er träumte davon, Morkhero Seelenquell gefangenzunehmen, obwohl er mitten unter todgeweihten Monochrom-Mutanten lag, über deren Absicht er nicht einmal Vermutungen anstellen konnte, und sich kaum noch bewegen konnte.
Noch stärker als zuvor hob das geisterhafte Leuchten, das das weite Rund vor dem Rathaus erfüllte, die Gesichter der jungen Mutanten hervor; es schien alle Farbe aus ihnen zu vertreiben und sie in weiße Masken zu verwandeln.
Eine grausame Ironie der Geschehnisse, konnten die Monochrom-Mutanten doch ohnehin nur schwarzweiß sehen.
Hell und dunkel. Leben und Tod.
Und hier hielt der Tod Einzug ins Leben.
Eine Bewegung erregte Rhodans Aufmerksamkeit. Aus der Mitte der Mutanten, die dicht gedrängt und bislang reglos rings um den Fremden und die Träger-Leiche versammelt standen, löste sich ein grobschlächtiger, riesengroßer Kerl.
Du kennst ihn, wurde Rhodan klar. Du hast diesen jungen Mann schon mal gesehen!
Rhodan wunderte sich schwach, wieso sein Gedächtnis ihn nicht einmal in dieser kritischen Situation im Stich ließ.
Es handelte sich, wenn er sich nicht völlig täuschte, um Yonder K'rigan, einen Freund Parkinsons, des ehemaligen Sprechers von Para-City, dessen Tod Rhodan vor wenigen Minuten - oder waren es doch schon Stunden? - hatte beobachten müssen.
K'rigan schob sich durch die Reihen der Mutanten bis zu dem gestürzten Wesen vor, das anscheinend hilflos halb unter der Leiche begraben lag, und bückte sich.
In diesem Augenblick erlosch das Dunkelfeld, das Para-City in Finsternis getaucht hatte. Mit ihm verschwand das scheinwerferartige Strahlen, das die Szene in diese unwirkliche und unheimliche Illumination getaucht hatte. Das vom aktivierten Paratronschirm gefilterte Tageslicht flutete mit der brachialen Gewalt eines trüben grauen Ozeans in die Stadt.
K'rigans Körpersprache ließ nicht den geringsten Zweifel an der Absicht des Mannes. Aus jeder seiner Bewegungen sprach grenzenloser, unbeherrschter Zorn, eine Wut, die heißer flammte als der Schmerz in Rhodans Körper.
Yonder K'rigan will den mutmaßlichen Morkhero töten! Töten, bevor man ihm Fragen stellen kann! Das durfte er nicht zulassen!
Rhodan schrie leise auf. Er drückte sich mit den Händen hoch, ignorierte den grausamen Schmerz, der durch seinen Körper raste, doch seine Muskeln versagten ihm den Dienst, und er sackte hilflos auf das Dach zurück.
K'rigan hob den rechten Arm zum Schlag. Rhodan bezweifelte nicht, daß seine Kraft ausreichte, den fragilen Humanoiden auf der Stelle zu töten.
2.
Imperator Bostich I.
Saal der Imperatoren, 26. Dezember 1303 NGZ
Als der Marsch der Imperatoren erklang, legte sich der Anflug eines Lächelns auf Imperator Bostichs Züge, auch wenn die Musik für unbedarfte Ohren vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig klang.
Natürlich nicht für die seinen.
Der Marsch der Imperatoren. Seit wie vielen Jahrtausenden beglückte er schon die Auserwählten, die ihm lauschen durften? Seit fünfzehn? Zwanzig? Gerüchteweise hatte ihn jemand im Auftrag Imperator Gwalons I., des Begründers des arkonidischen Reichs, komponiert. Aber das bezweifelte Bostich. Geschichtlich gesichert war lediglich, daß Imperator Gonozal VII. den Marsch noch kurz vor seinem Tode vernommen hatte. In genau dieser völlig disharmonischen Fassung.
Imperator Bostich mußte sich eingestehen, daß der Lärm der Musikinstrumente wirklich ohrenbetäubend war. Unter anderem deshalb
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