2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Mengen von Nahrungsmitteln und Trinkwasser in die Städte belastet das Klima weniger als die lange Anfahrt der vielen Pendler aus dem Umland zur Arbeit in der Stadt. Zum anderen ist es (pro Kopf) günstiger, eine Megastadt gegen die Unbilden des Klimawandels zu wappnen, als dasselbe für viele kleine ländliche Siedlungen zu tun. So lassen sich mit einem einzigen Deich auf einen Schlag Millionen Stadtbewohner vor dem Anstieg des Meeresspiegels schützen.
Für den Rückzug der Bevölkerung in die Städte lassen sich mehrere Gründe nennen. Viele Menschen geben dem Leben in der Großstadt einfach den Vorzug vor der ländlichen Beschaulichkeit. Außerdem lassen sich Städte verteidigen – sowohl gegen natürliche als auch menschliche Bedrohungen. Auch wird der Klimawandel das weitere Umland viel stärker in Mitleidenschaft ziehen; manche Gegenden werden zu Trockensteppen verkommen, andere dagegen regelmäßig überflutet werden. Wald- und Buschbrände werden hässliche Landstriche zurücklassen. Andere Gebiete werden an Reiz verlieren, weil das angestammte harmonische Ökosystem durch ein neues ersetzt wird, wenn die Klimazonen polwärts wandern – auf der Nordhalbkugel bis 2052 um etwa 200 Kilometer.
Die Welt der Zukunft wird deutlich städtischer sein, geprägt von städtischen Werten und städtischen Perspektiven. Es wird eher wie in New York City sein als wie in Kalifornien, sehr viel mehr wie in Chongquing als wie in Tibet, eher wie Paris als wie an der Côte d’Azur, eher wie Johannesburg als an der Garden Route. Der » Ausblick 7–1: Das Leben in Megastädten und die Entäußerung des Verstandes« gibt Einblick in die körperlichen wie geistigen Aspekte dieser Entwicklung.
AUSBLICK 7–1
Das Leben in Megastädten und die Entäußerung
des Verstandes
Per Arild Garnåsjordet und Lars Hem
Stadt der Zukunft
Im Jahr 2052 wird der Großteil der Weltbevölkerung in Megastädten leben. Viele dieser Städte werden sehr groß sein (zehn bis 40 Millionen Einwohner). Viele kleinere Großstädte werden außerdem inmitten riesiger städtischer Areale liegen, die eng an die Infrastruktur der Megastadt angebunden sind. In der industrialisierten Welt wird diese Infrastruktur gut ausgebaut sein, sodass die Bewohner sich leicht darin bewegen und einander treffen können. In weniger industrialisierten Gesellschaften sind die Städte wie auch heute schon zweigeteilt: Das Stadtzentrum (oder mehrere Stadtzentren) ist Teil der industrialisierten Welt, mit angemessener Infrastruktur; die Außenbezirke sind riesige Barackenstädte ohne Infrastruktur – also »Goldene Städte« verteilt auf einen »Planeten der Slums«.
Diese Elendsviertel werden allerdings enger in die Wirtschaft eingebunden sein als heute, denn in der Megastadt wird sich eine neue Art der Arbeitsteilung entwickeln. Ein Teil des Slums könnte sich beispielsweise auf Recycling spezialisieren, wie es schon heute in manchen indischen Großstädten zu beobachten ist. Andere Bezirke könnten intensiv Landwirtschaft treiben. 30 Prozent der heute in Kampala verzehrten Nahrung wird innerhalb der Metropolregion produziert.
Die riesige Bevölkerung der Megastädte von 2052 wird zur globalen Gemeinschaft gehören. Trotzdem werden die meisten Menschen ihr Leben als Teil der örtlichen Gemeinschaft verbringen, die ihrem Leben einen festen Rahmen gibt. Diese örtliche Gemeinschaft wird für die Stiftung einer gemeinsamen Identität immer wichtiger werden, wichtiger als die Megastadt selbst. Ihre vielen Zentren helfen möglicherweise dabei, besondere kulturelle Eigenheiten und Traditionen zu entwickeln und eine eigenständige soziale Gemeinschaft zu bilden, wie sie gerade für Kinder beim Übergang von der Kindheit zum erwachsenen Bürger besonders wichtig ist.
In zwei entscheidenden Punkten wird sich die Megastadt von heutigen Städten unterscheiden. Da sind zum einen die schiere Größe und kulturelle Vielfalt der Stadt sowie die Tatsache, dass nur kleine Reste der ländlichen Welt als politisches und kulturelles Gegengewicht erhalten bleiben werden. Die Megastädte werden als Rahmen der gesellschaftlichen Wirklichkeit der menschlichen Rasse eine größere Rolle spielen als die Nationalstaaten, in denen sie liegen. Das lässt sich schon heute beobachten: Man zieht nicht in die Vereinigten Staaten, sondern nach New York oder Los Angeles.
Entäußerung des Verstandes
Der andere große Unterschied im Vergleich zu heutigen Städten betrifft das Internet, auf das alle
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