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2080 - Nach Karthagos Fall

Titel: 2080 - Nach Karthagos Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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bei ihren eigenen Geheimdiensten an. Den TLD-Tower stuften sie als extremes Gefahrenpotential ein, obwohl sie keine Anzeichen einer Bedrohung wahrnehmen konnten. Wer immer das Schlachtschiff kommandierte, konnte sich ausrechnen, dass sich spätestens jetzt niemand mehr in der Zentrale des Terranischen Liga-Dienstes aufhielt. Wenn es hier noch etwas gab, waren es automatische Abwehranlagen.
    Residor wartete auf den vernichtenden Energieschlag. Eine einzige Salve aus den Geschützen des 1500-MeterRiesen reichte aus, um den TLD-Tower und die ihn umgebenden Forschungsanlagen zu vernichten, einschließlich der Terraforming-Areale unmittelbar um das „Dach" des Towers herum.
    Fünf Minuten vergingen, dann zehn. Noch immer tat sich nichts.
    Für den TLD-Chef wurde die Zeit langsam knapp. Wenn er nicht spätestens in einer halben Stunde in Alpha Karthago eintraf, schaltete sich der Empfangstransmitter ab. Für Residor bedeutete es, dass er sich dann mit einem Fahrzeug bis zu seinem Versteck durchschlagen musste. Bei der zunehmenden Präsenz der Arkoniden kam das einem Selbstmordversuch gleich. Im grellen Gegenlicht Sols zeichneten sich im Rumpf des Schlachtschiffs mehrere dunkle Öffnungen ab. Kugelförmige Beiboote schleusten aus und näherten sich dem Areal rund um den Tower. Sie benutzten HÜ-Schirme als Schutz, obwohl sie wissen mussten, dass ihnen das im Fall eines Abwehrschlags wenig nützte. Die Anlagen des TLD-Towers konnten alle zwanzig Kleinschiffe mit einem einzigen Angriff vernichten. Um zu tödlichem Leben zu erwachen, benötigten sie nicht einmal eine zehntausendstel Sekunde.
    Noviel Residor versuchte, die Beweggründe des Kommandanten nachzuvollziehen. Es gelang ihm nicht. Er begnügte sich damit, es mit dem Be griff „Gemütsregungen" zu beschreiben, die den Arkoniden einen derart schwerwiegenden Fehler begehen ließen. Die Beiboote landeten. Strukturlücken bildeten sich, kleine schwarze Löcher von runder und ovaler Form. Soldaten strömten ins Freie. In den klobigen Kampfversionen ihrer TRUVS ähnelten sie den Katsugos, die ihnen folgten. Residor zählte fünf Rhagarn dieser Maschinen, also insgesamt dreihundert Stück. Sie verteilten sich großräumig über das Gelände. Keiner machte Anstalten, dem unter einer dichten Gesteins decke und simulierten Minikratern verborgenen „Dach" des Towers zu nahe zu kommen. Als letzte landeten die Gleiter der Katsugo-Operatoren. In die Reihen der Arkoniden und Roboter kam Ruhe.
    Der TLD-Chef ahnte, welche Taktik dahinter steckte. Jetzt geschieht es, dachte er. Aus den Desintegratorgeschützen des Schlachtschiffs raste eine exakt berechnete Salve. Sie bündelte sich dicht über der Oberfläche und hatte ihren Brennpunkt ungefähr drei Meter unter der Felsendecke. Eine Dampfwolke stieg auf. Im grellen Gegenlicht Sols sah sie erst gelblich aus, dann bläulich. Sie stieg bis zu fünfzig Meter empor und löste sich in unzählige Fetzen auf. Entsprechend der niedrigen Schwerkraft sanken sie gemächlich zum Boden zurück. In die Soldaten und ihre Katsugos kam Leben. Sie stürmten auf das Loch zu und verschwanden nach unten. Noviel Residor rätselte, was der Kommandant dort unten zu finden hoffte. Es gab nur eine logische Erklärung: Der Vorstoß in den TLD-Tower galt nicht dem Geheimdienst, sondern NATHAN.
    Arkon wollte so schnell wie möglich die Kontrolle über das Mondgehirn erlangen. Der Zugang durch den TLD-Tower war vermutlich einer der schwierigsten, aber wenn er erst gefahrlos benutzt werden konnte... Genau darauf schien der Kommandant auszusein.
    Erste geraffte Impulse aus der Tiefe drangen herauf. Einen Teil davon reflektierte das Felsgestein. Residors Passivortung empfing Fetzen davon.
    Ohne Ausnahme handelte es sich um Notrufe. Emissionen explodierender Katsugos folgten. Sekunden später schoss eine Stichflamme aus der Öffnung des Towers und wirbelte Trümmer von Robotern in die Luft. Der TLD-Chef wartete zehn Minuten. Die Notsignale erstarben. Funkverkehr fand nicht mehr statt. Von den Arkoniden und Naats drunten im Tower war keiner mehr am Leben.
    Hätte Noviel Residor Hass empfinden können, so hätte er die negative Superintelligenz SEELENQUELL dafür gehasst. Es hätte ihn aufgewühlt und sein Handeln beeinflusst. So aber verarbeitete er es rational als unglaublich verwerfliche Handlung im humanistischen Sinne. In einer Kampfsituation zählte es zu den gängigen Praktiken, ein paar Abteilungen zu opfern, um einen strategisch wichtigen Ort zu erobern.

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