2088 - Gen-Tod
sein wollten. Auch im Krankheitsfall. Zum Glück war das Schiff mit zusätzlichen medotechnischen Einrichtungen ausgerüstet - als einzige Einheit der ENTDECKER-Klasse. Die Transportkapazität, war quasi in eine „Bettenkapazität" umgewandelt worden, die von der Besatzung in den zurückliegenden Wochen fieberhaft weiter ausgebaut worden war.
Jani Keitz seufzte. Der Anblick von Lora Shumei auf dem, Panoramaholo verhieß nichts Gutes: „Wieder eine Hiobsbotschaft?"
Die Betreuerin nickte. „Doc Nermalldo bat mich, dich zu benachrichtigen. Ein Monochromer ist in seiner Kabine tot aufgefunden Worden. Bora Temper, K-Klasse-Mutant. Pyrokinetiker. Der Gen-Tod hat ihn im Schlaf überrascht."
Jani Keitz legte die Hände auf die Lehnen ihres Kommandantensessels und stemmte sich hoch. „Mit den beiden Fällen, die gestern auf der Medostation starben, sind das schon fünfzehn", sagte sie. „Kann Dr. Nermalldo die Symptome nicht wenigstens bei denen hinauszö gern, die rechtzeitig eingeliefert werden?"
„Sie bemüht sich nach Kräften." Die Betreuerin zuckte - mit den Achseln. „Aber solange die Krankheit nicht genügend erforscht ist, kann sie auch nichts anderes tun, als Schmerzmittel zu verteilen und Betten zuzuweisen."
Vermutlich litt die Chefmedikerin am meisten unter ihrer Ohnmacht, überlegte die Kommandantin. Utea Nermalldo fühlte sich zutiefst dem hippokratischen Eid verpflichtet und bedachte Zheobitt, der jetzt schon seit Wochen ein Heilmittel herzustellen versuchte und sie stän dig vertröstete, mit größtem Mißtrauen. Den Dienst am Nächsten hatte sie sich gewiß anders vorgestellt.
„Danke, Lora", sagte sie. „Richte Doktor Nerma lldo aus, daß ich ihre Bemühungen zu schätzen weiß. Und halte mich bitte auch weiterhin auf dem lau fenden."
Die Betreuerin nickte, und ihr Holoabbild erlosch. „Wetten, daß unsere >Oberschwester< der Verzweiflung nahe ist?" dröhnte Ikarius Jopros Stimme. Der ertrusische Emotionaut, dessen Vollmondgesicht im Rotschimmer der Zentralebeleuchtung glänzte, strich sich über den kahlen Schädel. „Sie ist es nicht gewohnt, vor einer Krankheit zu kapitulieren."
„Oberschwester" -diesen Spitznamen hatte die Chefmedikerin schon nach der ersten Woche an Bord weggehabt. Ihre energische und resolute Art hatte viele eingeschüchtert.
„Sie kann noch froh sein, daß die meisten Monochromen als Pflegefälle eingeliefert werden", meinte Kempar Onyx, der Erste Pilot, ein fast zwei Meter großer Imarter mit birkengrüner Hautfarbe und violett schimmernden Haaren. „Die wenigsten fallen einfach tot um, und wer eingeliefert wird, hat zumindest eine Chance, gerettet zu werden."
„Du übersiehst das Positive am Gen-Tod, mein Freund", sagte Ikarius Jopro. „Im Grunde können wir doch über jeden Ausfall eines Monochromen froh sein, nicht wahr? Das schmälert die von ihnen ausgehende Gefahr."
„Was soll das?" fauchte Jani Keitz. „Die Lage ist zu ernst, um schlechte Witze zu machen!"
Die Titangeborene unterdrückte ihren Zorn. Der Ertruser war im Grunde ein anständiger Kerl, doch seit die Arkoniden seine Heimatwelt besetzt hatten, war er von Rachegedanken beseelt, die sich immer wieder in zynischen Bemerkungen Ausdruck verschafften.
„Und was ist mit den Para-Blöcken?" beharrte Jopro. Ein finsterer Glanz trat in seine Augen. „Sie verstärken die Macht der Mutanten doch ins Unermeßliche. Und sie werden immer öfter gebildet."
„Nicht vorsätzlich. Sie geschehen nur, weil sich an Bord so vie le Mutanten auf einem Haufen befinden - eine gefühlsmäßige Ausnahmesituation."
„Einige Monochrome verstoßen bewußt gegen das Psi-Verbot. Erkrankte werden in die Medostationen teleport iert. Sie geben suggestive Sterbehilfe und ..."
Schneidend wandte Jani Keitz ein: „Das kann man ihnen wohl kaum verdenken, oder?"
Der Emotionaut spürte, daß er im Be griff war, es zu weit zu treiben, und wandte sich wieder den Holos und Datenübersichten auf seinem Pult zu, die Aufschluß über den „Ruhe puls" der ROALD AMUNDSEN gaben.
„Wenn wir wenigstens Paratronstaffelungen oder HÜ-Schirme einsetzen könnten", murrte er noch.
„Es ist schon riskant genug, daß die Schwerkraftgeneratoren laufen", be harrte die Kommandantin.
Die Ortungsgefahr ist einfach zu groß, dachte sie. Selbst die Parafallen an Bord sind mit Antiortungsgeräten gekoppelt, um eine Anpeilung zu verhindern.
Sie verschränkte die Hände auf dem Rücken und richtete den Blick auf die optische
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