21 - Im Reiche des silbernen Löwen II
ja.“
„Ich weiß nicht, wieviel Mitglieder von der eigentlichen Bande des Säfir zugegen sein werden, und wieviel Ghasai-Beduinen er angeworben hat; aber ich meine, daß wir mit fünfzig Reitern mehr als genug haben werden.“
„Wenn Sie es verlangen, lasse ich die ganze Garnison ausrücken!“
„Danke! Wenn ich die Sache auf mich zu nehmen hätte, würde ich viel weniger als fünfzig brauchen.“
„Aber warum wollen und warum tun Sie das nicht?“
„Der Verantwortlichkeit wegen.“
„Pah! Ich bin hier fremd. Sehen Sie denn nicht ein, daß Sie mir einen außerordentlichen Gefallen erweisen würden, wenn Sie mich von dieser Sache befreiten, indem Sie die Ausführung übernehmen? Ich kenne Sie und weiß, daß ich die Vollmacht in keine bessern Hände legen könnte. Also bitte, tun Sie es, und – schlagen Sie ein!“
Er hielt mir die Hand hin und fügte, als ich noch zögerte, lächelnd hinzu:
„Ich verspreche sogar, Sie pränumerando durch eine Freude zu belohnen, die ich Ihnen und einem andern mache!“
„Welche Freude?“
„Warten Sie einen Augenblick! Wie heißt der Kol Agasi, für den Sie sich verwendet haben?“
„Amuhd Mahuli.“
„Gut; ich komme in zwei Minuten wieder!“
Er winkte dem Mir Alai, ihm zu folgen, und ging mit ihm in das nächste Zimmer, wo es Schreibzeug gab. Als sie wiederkamen, nickte mir der Oberst, welcher wohl Auskunft hatte geben sollen, mit beistimmendem Lächeln heimlich zu; der General aber hatte einen Papierbogen in der Hand, den er mir mit den Worten gab:
„Amuhd Mahuli ist von heut an Bimbaschi; hier haben Sie die Interimsbestätigung als Garantie für die eigentliche Ernennung, welche in einigen Tagen erfolgen wird. Sie können sie ihm geben, wenn es Ihnen beliebt; von mir und dem Mir Alai wird er jetzt noch nichts erfahren. Vielleicht machen Sie eine Belohnung daraus. Sie sehen, ich komme Ihnen entgegen. Und nun nochmals meine Hand; werden Sie jetzt endlich einschlagen?“
„Ja, von Herzen gern“, antwortete ich, indem ich ihm die Hand reichte und dann das Papier zusammenfaltete und in die Tasche steckte.
„Gut! Bestimmen Sie also, was zu geschehen hat! Aber nehmen Sie nicht weniger als fünfzig Köpfe mit, denn es ist auf alle Fälle besser, Sie haben zehn Mann zuviel als einen zu wenig!“
„So bitte ich um sechzig, denn zehn müssen bei den Pferden bleiben.“
„Schön! Und weiter?“
„Diese sechzig Leute kommandiert aber mein alter Amuhd Mahuli, der natürlich in allen Stücken mir zu gehorchen hat.“
„Einverstanden! Ferner?“
„Ein Paket Lichter und Zündhölzer.“
„Weiter nichts?“
„Ja, weiter nichts. Ich bin fertig und habe nur noch die eine Frage: Würden Exzellenz hinauskommen können, wenn ich einen Boten schickte?“
„Wenn Sie nach mir senden, brauchen Sie mich; also werde ich kommen.“
„Dann bitte, das Detachement schnellstens marschfertig, und ein Pferd für den Pischkhidmät Baschi!“
„Der soll wieder mit?“
„Ja, ich brauche ihn.“
„Ich halte ihn aber nicht für sehr mutig!“
„Ich will nur ihn haben, nicht seinen Mut, den er allerdings auch gar nicht besitzt. Er ist mir zu einer ganz und gar passiven Rolle nötig.“
„Oh, ich vermute, Sie geben, wie das so Ihre Art und Weise ist, der Angelegenheit eine etwas interessante Wendung?“
„Allerdings.“
„So bin ich begierig auf das, was Sie mir erzählen werden. Ich erteile sofort die nötigen Befehle.“
„Aber bitte, die Ausführung in der möglichsten Stille! Und dann gestehe ich, daß ich Hunger und Durst habe.“
„Diesen Übeln soll sogleich abgeholfen werden“, lachte er vergnügt.
Zehn Minuten später saßen alle Anwesenden bei kaltem Lahhm maschwi (Gebratenes Fleisch), und eine Viertelstunde hierauf meldete der Kol Agasi, daß die Mannschaften zum Aufbruch fertig seien. Es war meines Erachtens auch die höchste Zeit dazu. Der Kammerherr weigerte sich nicht, mit von der Partie zu sein; bei sechzig Mann Begleitung fühlte er sich sicher. Hätte er aber gewußt, wozu ich ihn bestimmt hatte, so wäre er wohl lieber in Hilleh geblieben. Amuhd Mahuli hingegen freute sich wie ein Kind auf den Streich, den wir vorhatten. – – –
VIERTES KAPITEL
Wieder im Turm
Wir brachen auf und fanden die kleine Reiterschar schon draußen vor dem Tor auf uns wartend. Ich setzte mich mit dem Kol Agasi und dem Kammerherrn an ihre Spitze. Kaum waren wir zur Stadt hinaus, so erkundigte sich der erstere nach den Befehlen, welche ich ihm zu
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