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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unvergleichlichste Frau aller Weiber der Erdenrunde. Begreifst du das?“
    „Ich begreife nur, was du sagst, und auch den Grund dazu.“
    „Du hast nicht meinen Grund, sondern den Grund meiner Hanneh zu begreifen, denn nicht ich bin es, sondern sie ist es gewesen, die mit dir gesprochen und dich gewarnt hat!“
    „Das ist richtig. Mich hat sie gewarnt, aber nicht vor mir, sondern vor dir.“
    „Sihdi, das ist ja eben die große, die fast unverzeihliche Verwechslung der Personen, die du dir zuschulden kommen lassest! Mich hat sie genannt, aber dich gemeint. Das ist die hohe, die unvergleichliche Zartheit, mit welcher sie dich in mich und mich in dich verändert und dadurch die Personen umgedreht und der Unbedachtsamkeit, welche sie meinte, eine rücksichtsvolle Vertauschung der bestehenden Verhältnisse gegeben hat. Sie ist wegen eines großen Wagemutes in banger Sorge gewesen; sie hat dich bitten wollen, vorsichtiger zu sein, als du gewöhnlich bist; weil sie aber geglaubt hat, dich mit dieser Bitte zu betrüben, hat sie dich hinübergeschoben und mich dafür herübergeholt. Darum sprach sie mit dir allein und nicht in meiner Gegenwart, weil diese Betrübnis, die keinen treffen sollte, sonst auf mich gefallen wäre.“
    „Glaubst du wirklich, was du sagst, Halef?“
    „Ich glaube daran, wie ich an meine Hanneh glaube, deren Zartgefühl über die Feingefühle überhaupt aller irdischen Gefühlsarten steigt.“
    „Auch ich erkenne ihr Zartgefühl an. Sie hat es dadurch bewiesen, daß sie die Bitte, welche dich geärgert hätte, nicht an dich, sondern an mich richtete.“
    „Was höre ich! O Mangelhaftigkeit des Verstandes! O Fehlerhaftigkeit der Einsicht! O Unbegreiflichkeit des Nichtbegriffenwerdens! Effendi, wie schmerzlich ist mir das! Du bist sonst ein so außerordentlich kluger Mann, aber ich habe dir schon einmal sagen müssen, daß es in deinem Kopf eine Stelle gibt, welche ausgebessert werden muß. Wie kannst du die Zartheit meiner Hanneh auf mich und nicht auf dich beziehen!“
    „Weil sie nicht meine, sondern deine Frau ist. Sie hat also zart nur gegen dich, nicht aber gegen einen andern Mann zu sein. Verstanden?“
    „Allah! Dagegen kann ich freilich kein Wort sagen, denn es ist wahr, daß ihr feiner Ton, ihr Anstand, ihre gute Lebensart und ihre lieblichen Umgangsformen nur mir gehören. Wollte sie gegen andere ebenso lieblich sein wie gegen mich, so würde ich mir das sehr verbitten! Der rechtmäßige Besitzer aller ihrer Vorzüge und erquickenden Eigenschaften bin nur ich allein!“
    „Gut, so sind wir also einig. Ihre Zartheit galt nicht mir, sondern dir, also war nicht von meiner, sondern von deiner Unbedachtsamkeit die Rede.“
    „Ich schweige; aber ehe ich mich in dieses Schweigen ganz und vollständig einhülle, muß ich dir sagen, daß es mir vorkommt, als ob die betreffende Stelle deines Verstandes ganz plötzlich ausgebessert worden sei, lieber Effendi. Du hast mich mit der Zartheit meiner Hanneh so vollständig besiegt und überwältigt, daß ich jetzt selbst an meine Unbedachtsamkeit glauben würde, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß Hanneh sich da im größten Irrtum, den es geben kann, befindet. Wir haben ihr ja oft von unsern Heldentaten erzählt, bei denen du zuweilen wohl allzu kühn gehandelt hast. Das ist schon lange her, und so darf es uns nicht wundernehmen, daß sie mich an deine Stelle gesetzt und die Personen dadurch vertauscht und umgewendet hat, daß sie meinen anstatt deinen Namen nennt. Sie ist es also, welche sich diese unverzeihliche Verwechslung hat zuschulden kommen lassen, und ich nehme hier den Vorwurf zurück, den ich vorhin dir gemacht habe.“
    „Lieber Halef, ich denke, daß du es bist, welchem diese Verwechslung vorgeworfen werden muß, nicht sie und auch nicht ich. Hoffentlich gibst du das zu?“
    „Nein, niemals! Wenn du noch immer nicht einsiehst, daß ich recht habe, so sehe ich mich gezwungen, dir ganz ausführlich zu erklären, daß – – –“
    „Wolltest du dich nicht vorhin ganz und vollständig in Schweigen hüllen?“ unterbrach ich ihn.
    „Ja, das sagte ich“, antwortete er.
    „So bitte, hülle dich hinein! In dieser Angelegenheit ist das Schweigen für dich ein Mantel, welcher dich am besten kleidet. Ich fordere dich also hiermit ernstlich auf, ihn umzuhängen!“
    „Gut, Sihdi! Er hängt schon; ich stecke schon drin. Nun siehe aber auch zu, wie du mich wieder herausbekommst!“
    Er schlug, um seinen Worten eine äußere

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