21 - Im Reiche des silbernen Löwen II
Bekräftigung zu geben, die vorher offenstehenden Vorderteile seines Burnus eng und fest um sich herum, senkte mißmutig den Kopf und blieb von jetzt an für lange Zeit im Burnus und im Schweigen tief verwickelt. Aber als wir dann an ein schmales, kleines Wasser kamen, wo ich halten blieb, um aus der Gestaltung des vor uns liegenden Terrains auf den mutmaßlichen Lauf dieses Baches zu schließen, vermochte er doch nicht länger zu schweigen. Er fragte:
„Denkst du, daß dieses Wasser schon zu dem Tschaisu gehört, von welchem die Frau gesprochen hat?“
„Ich denke, du willst schweigen!“ antwortete ich.
„Das war vorhin, wo es sich um eine Verwechslung der Personen handelte. Jetzt aber, wo sich eine Verwechslung der Gegenden ereignen könnte, muß ich reden. Übrigens frage ich dich: Wozu hat man die Augen?“
„Zum Sehen.“
„Und die Ohren?“
„Zum Hören.“
„Wirst du die Augen und die Ohren schließen, wenn und wo es etwas zu sehen und zu hören gibt?“
„Nein.“
„So hat man den Mund zum Sprechen, und ich sehe nicht ein, weshalb ich schweigen soll, wenn die Notwendigkeit zum Reden so vorhanden ist wie hier. Ich will dir nämlich gestehen, daß ich den Namen Tschaisu nicht kenne; ich habe ihn noch nie gehört.“
„Ich auch nicht.“
„Und da wollen wir ihn suchen und auch finden?“
„Warum nicht? Der Name ist für uns Nebensache. Tschaisu ist ein türkisch-kurdisches Wort. Tschai bedeutet Fluß; Su heißt sowohl Wasser im allgemeinen als auch Fluß. Der Name ist also eigentlich ein sehr unbestimmter. Wahrscheinlich haben wir es hier mit der oft vorkommenden Gewohnheit zu tun, einem Gegenstand eine beliebige Bezeichnung zu geben. Für die Umm ed Dschamahl war der betreffende Fluß eben nur ‚der Fluß‘; wie er eigentlich heißt, das ging sie nichts an. Jedenfalls handelt es sich um einen rechtsseitigen Zufluß der Djalah, und da wir uns auf dieser Seite befinden, werden wir gewiß auf ihn treffen. Ich hielt hier nur an, um zu überlegen, ob wir diesem Bach folgen sollen oder nicht. Er führt links tief hinab in das Tal, welches einen weiten Bogen schlägt, während die Höhe in gerader Richtung weiterstreicht. Bleiben wir oben, so stoßen wir sehr wahrscheinlich wieder auf ihn, und zwar heute abend, wenn wir lagern müssen und also Wasser brauchen. Ihm zu folgen, würde ein Umweg sein.“
„Den wir nicht machen werden. Wir bleiben also oben.“
Wir hatten die Bachtijaren nämlich früh am Morgen verlassen, und jetzt war der Mittag schon vorüber. Wir befanden uns auf der Höhe des Kurdischen Gebirges. Die Berge lagen wie mitten im Seesturm erstarrte, grün bekleidete Meereswogen um uns her. Vor uns strich in ziemlich gerader Richtung eine lange Höhenlinie hin, welche zwar nicht mit Hochwald, aber mit ziemlich reichlichem Buschwerk bestanden war; ihr folgten wir, weil sie nach Südwest verlief, der Richtung, welche unser Ritt zu nehmen hatte.
Was den Bach betrifft, so zeigte es sich, daß ich seinen Lauf ganz richtig erraten hatte. Der Talbogen, auf dessen Grund er floß, hatte erst sehr weit nach links ausgeholt, kam aber dann, je weiter wir ritten, desto näher zu uns zurück, und als wir gegen Abend das Ende unseres Höhenzugs erreicht hatten, sahen wir ihn unten quer vorüberfließen, um sich mit einem Wasser zu vereinigen, welches rechts aus einem Seitental kam. Beide bildeten in dieser ihrer Vereinigung sehr wahrscheinlich eine Gabel des Nebenflusses, welchen wir zu finden hofften.
Wir ritten in das Tal hinab und suchten nach einem als Lagerplatz geeigneten Ort. Wir fanden einen solchen ganz in der Nähe des Zusammenflusses. Dort stiegen wir ab, ließen die Pferde trinken und wuschen sie dann, was wir überhaupt, falls es Wasser gab, nach einem solchen Ritt stets zu tun pflegten. Während man ein Pferd niemals mit warmem Wasser waschen soll, ist kaltes zu seiner Gesundheit so unbedingt erforderlich, daß man keine Gelegenheit, es ihm zu bieten, versäumen darf. Der Naturtrieb macht darauf aufmerksam. Ich habe im Westen der Vereinigten Staaten sehr oft wilde Mustangs sogar während ungewöhnlich kalter Tage in das Wasser gehen sehen.
Während unsere Hengste dann weideten, machten wir es uns unter einer Gruppe von Nadelbäumen bequem, deren dichte Wipfel versprachen, den Tau der Nacht von uns abzuhalten. Wir hatten den Platz so gewählt, daß wir die ganze Krümmung des Haupttals übersehen und auch einen Blick in die Mündung des Seitentals werfen konnten. Ein Feuer
Weitere Kostenlose Bücher