21 - Stille Wasser
würden? Und dann auch noch alle zugleich!
Dr. Lee für seinen Teil schien dagegen weitaus weniger beeindruckt. »Es tut mir Leid, aber ich –“
»Da haben Sie vollkommen Recht«, stimmte Xander zu. »Wissen Sie, gerade gestern habe ich noch zu Oz, das ist der junge Mann hier neben mir, gesagt: ›Oz, mein Bester, ich muss unbedingt mehr über Fische erfahren.‹«
»Ich bin wirklich in Eile –“
»Kein Problem,« unterbrach Xander den Wissenschaftler gut gelaunt. »Es ist nur so, dass die Lehrer immer behaupten, wir würden zu wenig Fragen stellen. Sie wissen schon, um unsere Kenntnisse zu erweitern und so. Also«, fuhr er, die Flucht nach vorn ergreifend, fort, »wie denken Sie darüber: Was wollen die Delphine uns wirklich sagen?«
»Igittigitt«, ertönte eine angeekelte Stimme. »Was macht ihr eigentlich hier drin?«
»Ein neues Parfüm, Cordy.« Buffy blickte nicht einmal auf. »›Eau de Tang‹.«
»Sehr witzig.«
Giles schaute sie über seine Brillengläser hinweg an. »Cordelia? Gibt es etwas, das ich für dich tun kann?«
Cordy zögerte. Sie wirkte ziemlich nervös. »Ich... Dr. Lee. Der Typ, der letztens hier war.«
Buffy straffte sich. Na klasse, dachte sie. Ich wusste, dass der Kerl Schwierigkeiten machen würde. »Was ist mit ihm?«
»Er wollte mich zum Mittagessen einladen.« Einmal mehr brachte sie mit einer schwungvollen Kopfbewegung ihr Haar in Fasson. »Nicht wirklich ungewöhnlich, ich meine, alter Knacker, junges Mädchen, man kennt das ja...«
Giles runzelte leicht verärgert die Stirn. »Cordelia, bitte. Wir sind ziemlich beschäftigt.«
»Er sucht nach Seehund-Menschen«, platzte sie heraus. »Ich weiß, an jedem anderen Ort würde man ihn für komplett verrückt erklären. Aber hier gehört verrückt zu sein ja fast schon zum guten Ton, stimmt’s?« Cordelia holte tief Luft, als sie sah, dass sie ihre ungeteilte Aufmerksamkeit besaß.
»Er hat mir erzählt, dass er mit einer von ihnen verheiratet gewesen sei, sie ihn allerdings verlassen habe und ins Meer zurückgekehrt sei.«
Sie hielt inne und blinzelte. »Ist das überhaupt möglich? Ich meine, ein Seehund und –“
»Ja, ja«, meinte Giles und der Unmut in seiner Miene wich allmählichem Begreifen. »In alten Sagen und Geschichten jedenfalls.«
»Ein verlassener Ehemann«, murmelte Buffy. »Den Kerl gelüstet nach Rache. Ha, jede Wette, dass ich Recht habe. Er kann sie nicht hassen, weil er sie immer noch liebt, und nun soll stattdessen die Familie dafür büßen. Ariel –“
»Ja, genau!«, fiel ihr Cordelia ins Wort. »Giles, er weiß über Ariel Bescheid. Ich habe ihm nichts von ihr erzählt, ich schwöre, aber irgendwie hat er herausbekommen, dass Willow sie an sich genommen hat. Er hält sie allen Ernstes für eine Gefahr, was ich, gelinde gesagt, für ein ziemliches Armutszeugnis halte. Sich vor einem kleinen Kind zu fürchten –“
»Er wird nicht mal in ihre Nähe kommen«, sagte Buffy barsch. »Wir werden ihn aufhalten.«
Verwundert nahm sie die Schärfe ihrer eigenen Stimme wahr und lauschte einen Augenblick lang in sich hinein. Okay, es ist also nicht die Sorge um Ariel, befand sie schließlich, lediglich ein ganz normaler Jägerinnen-Reflex. Ich kann gar nichts daran machen.
Und da ich nun mal bin, wie ich bin, werde ich nicht zulassen, dass dieser Vollidiot von einem Homo sapiens ihr auch nur ein einziges Haar krümmt.
Kurz nachdem Cordelia davongerauscht war, jede weitere Verantwortung weit von sich weisend, kehrten Xander und Oz von ihrer wenig erfolgreichen Jagd nach einem Eimer zurück und berichteten voller Stolz von dem Bravourstückchen, mittels dessen es ihnen gelungen war, Dr. Lee in die Flucht zu schlagen.
»Für den Augenblick sind wir ihn jedenfalls los«, meinte Giles. »Doch wenn er wirklich so besessen ist, wie Cordelia sagt –“
»Dann wird er auf keinen Fall lockerlassen«, beendete Buffy für ihn den Satz. »Es sei denn, wir helfen ein wenig nach.«
»Vielleicht nicht mal dann«, unkte Oz.
»Er kann einem echt Mut machen, findet ihr nicht auch?«, fragte Xander in die Runde.
Oz ignorierte seine Bemerkung, ging zur Treppe hinüber und setzte sich neben seine Freundin, die sich alle Mühe gab, das Selkie zu beruhigen.
»Ariel, ciunas«, redete sie beschwichtigend auf sie ein, während sie gleichzeitig versuchte, ihr ein feuchtes Tuch auf die immer noch schweißnasse Stirn zu legen. »Ariel.«
Das Selkie wich ihrer Hand aus und begann erneut, rastlos umherzulaufen und
Weitere Kostenlose Bücher