21 - Stille Wasser
dabei fiebrig vor sich hinzujammern.
»Ariel, bitte!« Mit ausgestreckten Armen drängte sie das Selkie sachte in eine Ecke, darauf bedacht, es nicht so aussehen zu lassen, als wollte sie es einfangen. »Könnte mir vielleicht mal jemand helfen?«
„ Casog!«, sagte Ariel trotzig, die Augen so weit aufgerissen, dass Willow die weißen Ränder ihrer dunklen Iris erkennen konnte. „ Cota!«
»Das bedeutet ›Fell‹, oder?«, fragte sie verzweifelt.
»Was? Oh, ja«, gab Giles zurück, der sich mit Buffy in eine etwas ruhigere Ecke der Bibliothek zurückgezogen hatte, um mit ihr gemeinsam eine Strategie auszuarbeiten, auf welche Weise sich das Problem mit Dr. Lee am besten lösen ließ.
»Fell. Ganz recht. Ariel, ich weiß, dass sich im Moment niemand um seine Reinigung kümmert. Aber wir haben es nicht vergessen, ehrlich nicht!« Als Ariel sich unter Xanders Arm hinwegduckte, um gleich darauf dem zupackenden Griff von Oz auszuweichen, wurden Willows Appelle an den Wächter eindringlicher: »Sie dreht völlig durch! Sie müssen ihr irgendetwas sagen, das sie wieder zur Vernunft bringt!«
»Ariel, niemand hat dich vergessen... dearmad no, zugegeben, grammatikalisch völlig unkorrekt, aber es sollte ausreichen, um ihr den Sachverhalt zu erklären. Ja, ganz richtig, Ariel. Dearmad no, nicht haben vergessen. Doch wenn wir uns nicht erst um ein paar andere Dinge kümmern, hast du vielleicht bald keine Familie mehr, zu der du zurückkehren kannst. Und wahrscheinlich verstehst du nicht ein einziges Wort von dem, was ich dir gerade erzähle, aber offen gestanden bin ich mit meinem Gälisch so ziemlich am Ende! Also, setz dich endlich hin und halt die Klappe!«
»Aber nicht doch, Giles«, sagte Buffy. »Tsts. Wer wird denn vor den Augen von Schülern derartig die Contenance verlieren? Schlechtes Vorbild.«
»Sehr komisch, Buffy. Wirklich sehr komisch. Nun – was ist los?«
Buffy schüttelte den Kopf. All ihre Sinne waren plötzlich in Alarmbereitschaft. »Bin nicht sicher... Angel!«
Der Vampir platzte taumelnd zur Tür herein und schien seiner sonst so würdevollen Haltung völlig beraubt. Obwohl die tiefen Wunden und Kratzer, die er davongetragen hatte, nicht wirklich lebensbedrohlich wirkten, machte er insgesamt einen derart entkräfteten Eindruck, dass die drei Menschen, die der Tür am nächsten standen, augenblicklich auf ihn zustürzten, um ihn, falls er zusammenbrechen sollte, aufzufangen.
»Was ist passiert?«, bedrängte ihn Buffy, nachdem sie ihn auf einen der Stühle verfrachtet hatten.
»Ich hätte nicht gedacht, dass irgendetwas in der Lage ist, einen Vampir halb totzuprügeln«, meinte Willow beinahe ehrfürchtig von ihrem Platz auf der Treppe aus. »Abgesehen von dir natürlich, Buffy.«
»Streng genommen geht das auch nicht«, belehrte sie Giles. »Ihr Dasein als Untote schränkt die Schwere der Verletzungen, die ihnen bei einem Kampf zugefügt werden können, extrem ein. Mit physischer Gewalt ist ihnen schwerlich beizukommen. Außer man nimmt einen Pflock und pfählt sie –“
»Ihre Krallen, irgendein Gift. Kann mich kaum bewegen...« Angel zuckte zusammen, als Buffy ihm aus seinem Mantel heraushalf. Quer über das Hemd, das darunter zum Vorschein kam, zog sich ein langer Riss, wie von scharfen Krallen zugefügt.
Ariel verbarg bei diesem Anblick sogleich ihr kleines Gesicht unter Oz’ Arm.
»Neurotoxin. Einige Meerestiere lähmen damit ihre Beute. Faszinierend, dass es auch bei Dämonen wirkt...«
„Giles, verschieben Sie ihre Analysen auf später!«, protestierte Buffy.
Doch der Wächter ging gar nicht darauf ein. »Waren es die gleichen Kreaturen, die zuvor die Vampire angegriffen haben? Und die vier Jugendlichen am Strand?«
Angel nickte unmerklich. »Falls nicht, haben wir entschieden zu viele Besucher in dieser Stadt.«
»Wie sahen sie aus?“, fragte Giles weiter, während Willow bereits hinter ihm stand und das Große Lexikon der Meeresdämonen aufschlug.
»Menschenähnlich. Grün. Schuppig. Langes Haar, so wie das, was Buffy gefunden hat.«
»Hab doch gesagt, dass es Haare sind«, grummelte Buffy.
»Und Zähne«, fuhr Angel fort und versuchte die Nachwirkungen des Toxins abzuschütteln. »Zu viele Zähne für Mäuler von dieser Größe. Sie greifen im Rudel an, wie Wölfe. Einer von ihnen hat mich abgelenkt, während die anderen sich von hinten an mich rangeschlichen haben. Dann haben sie auf mich eingedroschen. Sie haben ziemlich harte Fäuste, Flossen, was auch immer. Sie
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