2103 - Der Kampf des Konquestors
mehr so nahe gefühlt. Er wusste, er würde es schaffen. Zuerst würde er diesen Wald bezwingen, dann die Besatzung des Stützpunktes, zuletzt die Galaxis Milchstraße ...
Tran Rogue richtete sich in der Astgabel auf und sah nach unten. Zufrieden stellte er fest, dass es eine gute Wahl gewesen war, oben zu schlafen, denn unten am Boden konnte er die Spuren mehrerer großer Tiere erkennen, die vorhin nicht da gewesen waren. Wieder musste er an die Bestie aus dem Moorland denken.
Doch jetzt war es ruhig, zu ruhig vielleicht. Der Wald schwieg, als bereite er sich auf etwas Großes, etwas Gewaltiges vor. Oder war es, weil er eingedrungen war? Er, der Eroberer? Fühlte sich der Wald durch ihn bedroht? Holte er zum kollektiven Schlag gegen ihn aus?
Meinetwegen, dachte Rogue. Ich bin vorbereitet!
Er fühlte sich beobachtet und tatsächlich: In den Wipfeln der Baumriesen, zwischen Blättern und Früchten, sah er kleine, koboldhafte Geschöpfe mit viel zu großen Augen, die still verharrten und ihn anstarrten. Ab und zu stieß eines der Tiere einen schrillen Schrei aus, der von irgendwo unten beantwortet wurde.
Waren sie vielleicht eine Art Polizei des Dschungels, die ihn beobachtete und jede seiner Bewegungen nach unten meldete? Aber an wen? Gab es so etwas wie eine Gemeinschaft, eine Symbiose des Waldes?
Wie auch immer, Trah Rogue musste hindurch. Er hatte sich schon an den Abstieg gemacht, da fiel ihm ein, dass er das gar nicht nötig hatte. Er stammte von einem Volk von Kletterern ab und konnte sich gut oben bewegen; er musste es nur wieder richtig lernen. Dabei kam er vielleicht nicht so schnell voran wie auf ebenem Boden, aber die Gefahr, von einem Raubtier überrascht zu werden, war viel kleiner.
Die drei Baumriesen auf der Lichtung besaßen so ausladende Wipfel, dass sie ineinander griffen. Auf gleiche Art und Weise waren sie mit den anderen Bäumen rings um die lichte Stelle verbunden. Das Dschungeldach war wie ein Netzwerk. Es sollte ihm leicht fallen, von Baum zu Baum zu klettern oder einfach zu springen.
Trah Rogue gab sich keinen Illusionen hin. Bis zum Gebirge würde er noch viele Tage brauchen, und dann ging es ans Klettern am nackten Fels. Es würde ihn mehr Kraft kosten, als er vielleicht hatte. Wenn es ihm doch nur gelänge, einen Gleiter der Stützpunktbesatzung zu kapern...
Plötzlich schien der Wald zu neuem Leben zu erwachen. Fauchen und Schreie, fast wie von Menschen. Und dann wieder das dumpfe Grollen, gefolgt von neuer, verdächtiger Stille, als duckte sich der Wald vor seinem Herrn.
Trah Rogue zögerte nicht länger. Er begann seinen langen Weg, ohne eine Ahnung, wie groß der Wald war. Rogue arbeitete sich von Ast zu Ast und von Wipfel zu Wipfel, kletterte, sprang, schwang sich durch das Gestrüpp. Und hinter ihm her kam die Schar der einen halben Meter großen Kobolde. Wie übergroße Heuschrecken folgten sie ihm und meldeten immer wieder durch einen schrillen Schrei seinen Standort - nur an wen?
Die unerwartet schnelle Fortbewegung im Blätterdach versetzte Trah Rogue in eine Art Euphorie.
Der Konquestor von Tradom erkannte, dass er seiner wahren Natur tatsächlich um ein Vielfaches näher gekommen war als in seinem Thron. Wie viele Jahre hatte er darin verbracht? Er spürte die Kraft, die ihn erfüllte. Sie kam von innen heraus, und seine verschüttet geglaubten Instinkte erwachten mit jeder Stunde in der aufregenden Umgebung ein Stückchen mehr. Trah Rogue entdeckte an sich selbst ein Überlebenspotenzial, das er sich selbst kaum noch zugetraut hätte.
Es machte Spaß, durch die Wipfel zu springen, gefolgt von der Schar der Kobolde. Rogue drehte kurz den Kopf und rief: „Fangt mich doch, wenn ihr könnt!"
Der herabhängende Strang, den er für eine Liane gehalten hatte und zu dem er gesprungen war, klebte, als er ihn loslassen wollte, an seinen Händen fest und stoppte seinen Schwung mit einem Ruck. Trah Rogue schrie auf. Einige schreckliche Sekunden lang hing er hilflos in der Luft, nur gehalten von der vermeintlichen Liane. Als er hochblickte, sah er, worum es sich wirklich handelte.
Es war ein riesiger Baumparasit, der wie ein Krake aus einem der starken, nach oben führenden Hauptäste herauswuchs. Und noch während er hinsah, zuckte ein weiterer Fangarm auf ihn herab, einer von mindestens fünf.
Der schlangenförmige Arm wickelte sich um den Konquestor von Tradom und drohte ihm die Luft abzudrücken. Noch immer bekam Rogue seine Hände nicht frei, sie klebten weiterhin an
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