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2104 - Durch das Sternenfenster

Titel: 2104 - Durch das Sternenfenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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klein. Ich hatte keine Ahnung, wozu ich sie benötigte, doch sie waren klein. Klein wie Kinderhände ...
    Und meine Beine waren auf einmal schwer wie Blei. So schwer, dass ich sie nicht mehr bewegen konnte.
    Ich schrie stumm auf und leistete Rock Mozun Abbitte.
    Er hatte von Anfang an Recht gehabt.
    Ich hatte auf der LEIF ERIKSSON nichts zu suchen.
    Ich war zu jung, zu unerfahren.
    Nicht imstande, das Schiff zu steuern.
    Ich hatte mich überschätzt, gnadenlos überschätzt.
    Das heiße, flüssige Blei in meinen Beinen zog mich hinab in einen bodenlosen Ozean, der aus noch heißerem Blei bestand.
    Der neunte Treffer ließ mich vor Schmerz aufschreien, und mir war klar, ich würde es nicht schaffen.
    Doch, du schaffst es, sagte Julies Stimme in meinem Geist. Es gibt immer einen Weg.
     
    *
     
    Ich war 16, als ich sie kennen lernte, hatte gerade mein Elternhaus verlassen und war auf die Emotionautenakademie Terrania gegangen. In meiner ersten freien Woche brauchte ich frische Luft, Natur und Wasser und so wenig Menschen wie möglich.
    Ich nahm einen Shuttlebus zum Artery Subway und dann das Transportband entlang der Jefferson Road zum eineinhalb Kilometer entfernten Erholungsgebiet des Crest Lake.
    Dort traf ich Menschen. Ungeahnt viele Menschen. Irgendjemand beabsichtigte, hier irgendetwas zu errichten, und sehr, sehr viele Bürger Terranias waren dagegen.
    Einige protestierten für den Erhalt des Erholungsgebietes per se. Andere hatten sich spezialisiert. Sie setzten sich für den Erhalt des Lebensraums von Mäusen, Bibern, Vögeln, Libellen oder Hornissen ein. Und, nicht zu vergessen, Kröten. Kröten wanderten, wie ich erfuhr, und ihre Wanderwege mussten geschützt werden.
    So auch Julie. Als ich sie zum ersten Mal sah, verliebte ich mich in sie und ging zu ihrem Stand.
    „Die Umsiedlung der Tiere zum Goshun-See wird nicht funktionieren", versuchte sie ihr spärliches Publikum zu entflammen. Sie stand auf einem Podest aus Formenergie, und flammende Banner aus derselben Substanz umschwirrten sie. „Wir haben es hier mit Lebewesen zu tun, und diese Lebewesen sind an ihren Lebensraum gewöhnt."
    Sie war blond, klein und zierlich und wunderschön. Sie war energisch, klug und freundlich.
    Ich kam sofort ins Gespräch mit ihr. Sie war froh über jeden, den sie für den Erhalt des Erholungsgebiets gewinnen konnte.
    „Glaubst du wirklich, ihr schafft es?", fragte ich. „Glaubst du, ihr kommt gegen sie alle an, gegen die Regierung, die Industrie, das Kapital? Wen interessieren schon ein paar Tiere, wenn es um Arbeitsplätze und Rüstungsgüter geht?"
    „Wir schaffen es", sagte sie. „Es gibt immer einen Weg."
    „Vielleicht." Ich zuckte mit den Achseln. „Ich bin übrigens Zim November", stellte ich mich vor.
    Drei Tage später waren wir ein Paar.
    Der fragende Blick ihrer Augen verschwamm zu Seifenblasen-Koagulaten, die Universen waren, und ich hörte nur noch ihre Stimme, so deutlich und klar wie an jenem Tag, an dem ich sie kennen gelernt hatte.
    „Wir schaffen es", sagte sie. „Es gibt immer einen Weg."
     
    *
     
    Es gibt immer einen Weg ...
    Und ich sah ihn. Ich sah ihn mit meinen virtuellen, irrealen Augen, sah ihn inmitten der Energieentfaltung der virtuellen und irrealen Schlacht, in der nichts als Trugbilder und Schrotteinheiten vernichtet wurden.
    Du schaffst es!
    Ich sah 22.000 Katamare, und meine Beine und Arme arbeiteten in der LEIF ERIKSSON, waren die LEIF ERIKSSON, und jetzt kam es nur darauf an, dass die beiden eigentlich wichtigen Einheiten die Reihen der Katamare durchbrachen, und ich sah Tausende von Entfernungsangaben, und ich sah blaue Striche auf schwarzem Grund, Paradim-Strahlen im All, und ich sah sie nicht nur, ich erahnte sie, erahnte sie, bevor sie entstanden, und meine Gedanken waren die Generatoren, die Triebwerke, die Steuereinheiten, und sie waren schneller als jede Syntronik, ganz zu schweigen von einer Positronik, die das Schiff auf einen neuen Kurs zwingen konnte.
    Meine Gedanken waren das Schiff. Die Simultane Emotio- und Reflex-Transmission meiner Haube übermittelte meine Gedanken so, als wäre ich selbst die SERTgesteuerte Anlage.
    Entgegen der herkömmlichen Reiz-Reaktions-Ablauffolge - Wahrnehmung, Interpretation der Wahrnehmung, dann gedankliche und erst zum Schluss körperliche Reaktion, die wiederum zur Aktion einer Maschine führte - entfiel die zeitraubende motorische Umsetzung eines Gedankens in eine Tat. Ich sah, dachte und handelte in ein und demselben Augenblick

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