2108 - Samahos Erbe
Der Servo surrte eifrig in der Kabine umher und räumte auf.
„Ich habe abgeschaltet, trotz Premiere. Was soll es schon an Neuigkeiten geben?" Fee griff nach der Tasse und betrachtete misstrauisch das dampfende schwarze Gebräu. „Was ist das?"
„Extra stark gerösteter Javaruni-Kaffee mit Rotblattextrakt, genau wie du ihn bestellt hast."
Fee zuckte mit den Achseln und kippte den heißen Kaffee mit Todesverachtung hinunter. Dann verzog sie das Gesicht. „Pfui Spinne, ist der bitter! Hast du ihn nicht gesüßt?"
„Sollte ich das?" Der Servo klickte leise und summte dann: „Kein Fehler meines Programms."
„Wenigstens macht er wach", murmelte Fee und verschwand in der Nasszelle.
„Manchmal hasse ich meinen Job, Servo", bemerkte, sie, als sie erfrischt und perfekt gestylt wieder zurückkehrte, um das Frühstück zu vollenden. „Gestern haben sich Myles und Tangens in die Haare gekriegt, und ich musste mir das stundenlang anhören. Atlan hat sich ja schnell ausgeklinkt, doch was sollte ich machen?" Sie schüttelte ihre langen, in der Mitte gescheitelten blonden Haare zurecht. „Als ob wir nicht schon genug Probleme hätten ..."
„Möchtest du noch etwas?", kam der Servo seiner Pflicht nach. Er war nicht unbedingt ein geeigneter Gesprächspartner. Fee besaß aber sonst keinen Vertrauten, und sie wollte sich im Grunde nur Luft machen.
„Nein, ich ..." Der Bordfunk unterbrach sie. Die Konimandantin runzelte die Stirn. „Was denn, jetzt schon? Wir sind gerade einen Tag auf großer Fahrt unterwegs!"
In der Kabinenmitte baute sich ein Holo auf, und das Brustbild eines Mannes mit dunklen Haaren und hellblauen Augen wurde sichtbar. Trotz des Ausschnittes konnte man seine schwere Gestalt erahnen.
„Deangelis!", erkannte ihn Fee. „Ich hoffe, die Angelegenheit ist wichtig!"
„Ich wollte nur daran erinnern, dass wir um neun Uhr in meinem Büro verabredet sind", antwortete der SOL-Major ruhig.
„Ich weiß, danke. Ich werde rechtzeitig da sein. Gewissenhaftigkeit ist eine Tugend, nicht wahr?"
„Als Chef der Bordlogistik sollte sie sogar meine oberste Tugend sein, Kommandantin."
„Hm. Ja. Bis später." Sie schaltete ab und wunderte sich über den Anruf. Sie hatte nie einen Termin versäumt oder war mehr als ein paar Minuten zu spät gekommen. Eine Erinnerung, ausgerechnet an sie, war mehr als überflüssig, und sie wusste nicht, ob sie belustigt oder verärgert sein sollte.
Automatisch prüfte Fee den korrekten Sitz ihrer Kleidung. Es war ihr sehr wichtig, dass sie einen perfekten Eindruck machte. Sie hatte nicht vergessen, wie lange sie einst darum kämpfen musste, vom Terranischen Liga-Dienst als Außendienst-Agentin eingesetzt zu werden. Nun war sie Kommandantin der SOL und befehligte ein acht Kilometer langes Schiff mit rund 5800 Besatzungsmitgliedern - und mit Aktivatorträgern als Expeditionsleitern.
Der Anspruch an sie war entsprechend enorm, und sie würde sich unter keinen Umständen eine Blöße geben.
Sie wusste, dass sie sehr gut, fast makellos perfekt aussah, deshalb legte sie viel Wert auf ihr gesamtes Erscheinungsbild. Ebenso korrekt musste sie in ihrem Verhalten sein - stets aufmerksam, ruhig, ausgeglichen.
Mit einer solchen Verantwortung konnte Fee nach ihrem eigenen Bild sich nicht als „der Kumpel von nebenan" geben, ihre Autorität und ihr Führungsanspruch mussten zu jedem Zeitpunkt unangefochten sein. Fee Kellinds bisherige Leistungen hatten die Unsterblichen und die Mannschaft überzeugt, und so sollte es auch in Zukunft bleiben. Ihr Innenleben war zweitrangig und ging niemanden etwas an.
Dieser Deangelis, dachte sie, das ist auch so ein wandelnder Widerspruch. Er ist fast zwei Meter groß, über zwanzig Zentimeter größer als ich, und besteht aus mindestens zwei Zentnern Muskelmasse. Schaut man sich seine breitschultrige Gestalt an, sollte man kaum glauben, dass er für den Bereich Logistik zuständig ist. Würde ich ihn nur vom Bild kennen, hätte ich einen lauten, lebhaften Kerl erwartet, der seine Riesenkräfte kaum bändigen kann und darauf brennt, irgendwo auf einen Risikoeinsatz zu gehen. Aber das Gegenteil ist der Fall, er hat sich für einen Schreibtischjob entschieden - und macht ihn auch noch gut. Er ist stets so hochkonzentriert und irgendwie ... unnahbar. Ich weiß nicht so recht, ob ich ihn sympathisch finde. Seit den Planungen für den Flug nach Wassermal haben wir jetzt beinahe jeden Tag miteinander zu tun gehabt, aber richtig kennen gelernt habe ich ihn
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