2113 - Gefangen in der Zitadelle
Lebensstein... der gemaserte Diamant, den sie in einem Beutel bei sich trug.
„Mein toter Leib wird zwar nicht in Flammen aufgehen, aber der Stein soll im Hügel der Sterne begraben werden."
Sie hielt mir den Beutel mit dem Lebensstein hin. Ich nahm ihn an mich. „Ich ..." Erneut brachte ich die Worte nicht über meine Lippen.
„Versprich es", sagte Ascarde, was ich sagen wollte.
„Ich verspreche es. Ich werde den Stein nach deinem Tod in deine Heimat bringen."
*
Der Raum war gekachelt. Boden, Decke und alle Wände waren gleichermaßen nüchtern, Schmutz abweisend und reinigungsfreundlich mit Kacheln bedeckt.
Es war ein typischer Hinrichtungsraum in Verliesen wie diesem.
Und er war so kalt und nüchtern und grau wie jeder Gang, jede Kabine, jeder Raum in der AUGENSTERN, in der Ascardes Verderben den Anfang genommen hatte.
Für die Hinrichtungsorgie waren exakte medizinische Kenntnisse über die betroffenen Spezies erforderlich. Zwei Mediker führten die Aufsicht.
Die Delinquenten waren unter schwerster Bewachung in einen hoch gesicherten Nebenraum gebracht worden, der nur von einem durchsichtigen Energieschirm vom Hinrichtungsraum getrennt wurde. Man hatte ihnen enge Energiefesseln angelegt, die ihnen nur geringste Bewegungsfreiheit ließen und vor allem den Einsatz der Arme oder sonstigen Greifextremitäten verhinderten.
Diejenigen Piraten, die nach Auffassung der sepoldschen Behörden die schwerste Schuld auf sich geladen hatten, waren ganz hinten postiert worden, die mit der leichtesten Schuld ganz vorn. Schuldig waren sie alle, sterben würden sie alle und auch auf dieselbe Art und Weise. Der Unterschied bestand nur darin, wann.
Der erste Delinquent wurde. mit Prallfeldern von den anderen Verurteilen abgesondert und in den Hinrichtungsraum gebracht. Überrascht sah ich, dass es ein Saral war.
Vielleicht war er - wie ich damals auch - einfach von den Piraten entführt und in ihre Dienste gepresst worden.
Aber das interessierte die Behörden von Sepold nicht. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen.
Der Saral versuchte, sich zu wehren, doch es war sinnlos. Mit den energetischen Feldern dirigierten die Techniker ihn wie eine Puppe, bis er in der Mitte des Raums stand, und zwangen den Kopf auf dem langen Hals dann etwas nach hinten. Einer der Mediker trat vor.
In seiner Hand blitzte etwas auf. Der Saral riss die Augen weit auf und wollte zurückweichen, doch die Prallfelder hielten ihn an Ort und Stelle.
Es geschah so schnell, dass ich einen Moment brauchte, um es zu begreifen.
Der Mediker rammte dem Saral ein Vibratorstilett in die Halsschlagader und zog es sofort wieder zurück.
Der Saral erzitterte heftig. Blut spritzte aus der Wunde, wurde von dem Prallfeld zurückgeworfen und benetzte die schäbige Kerkerkleidung.
Das Zittern des Delinquenten wurde schwächer, doch das Prallfeld hielt ihn weiterhin auf den Füßen, während das Blut immer langsamer und spärlicher aus der Wunde floss.
„Wir lassen sie ausbluten", sagte Rautavar. „Sie sollen ganz langsam sterben. Sie sollen Gelegenheit haben, über ihre bestialischen Untaten nachzudenken, während das Leben langsam aus ihnen herausfließt. Vielleicht stimmt ja, was man sagt, und im Augenblick des Todes durchläuft man noch einmal alle Stationen seines Lebens. Sie sollen genug Zeit haben, die Gräueltaten noch einmal zu durchleben, die sie anderen angetan haben."
Wer ist schlimmer?, dachte ich. Die Piraten, die Erfüllungsgehilfen des Reiches oder die ehrbaren Bürger von Sepold?
Es dauerte lange, bis der Saral nicht mehr zuckte. Ich fragte mich, warum der Hinrichtungsraum gekachelt war. Das Prallfeld verhinderte dass die Kacheln mit Blut bespritzt wurden.
Und mir wurde klar, warum diejenigen Piraten, die vermeintlich die schlimmsten Verbrechen begangen hatten, ganz hinten standen. Sie sollten nicht nur langsam sterben, um im Augenblick ihres Todes über ihre Untaten nachdenken zu können, sie sollten auch ihre mit weniger Schuld beladenen Kameraden sterben sehen.
Sie sollten, bevor sie starben, darüber nachdenken können, was sie getan hatten.
Sie sollten lange darüber nachdenken.
Konnte ich es den Sepoldern verdenken?
Aber ... sollte ich meine Moral aufgeben? Sollte ich mich abwenden und einfach gehen? Sollte ich Rautavar erklären, dass auch ich einmal von Piraten in ihre Dienste gepresst worden war? Dass mich dasselbe Schicksal erwartet hätte, hätten die Sepolder damals mich gefangen genommen?
Sollte ich die
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