2117 - Der 5-D-Planet
sich. Tess hatte das Gefühl, sich endlos aufzublähen. Es war wie ein Strangeness-Effekt. Sie platzte auf, verband sich mit den in die Gondel eindringenden, tanzenden Irrlichtern, sah sich selbst als eine große, sich am Boden wälzende Puppe mit leuchtenden Augen.
Dann endlich verlor die ehemalige Mutantin das Bewusstsein.
*
Als Tess Qumisha wieder zu sich kam, war es heller Tag. Sie lag am Boden der Gondel und schlug die Augen auf. Sie blickte direkt in das vieräugige Gesicht von Eshmatay Amgen, und einen Moment lang glaubte sie, er sei tot, so starr war sein Blick.
Das Erste, was sie hörte, war Cips helles Pfeifen. Und dann: „Nach Süden!"
Tess richtete sich auf. Alle Knochen taten ihr weh. Ihr wurde kurz schwindlig, doch das verging nach einigen tiefen Atemzügen. Sie sah Benjameen am Steuerkranz stehen, hoch aufgerichtet, eben wie eine Marionette.
„Ben!", rief sie und taumelte auf ihn zu. Als sie vor ihm stand, blickte sie in ein von übermenschlichen Strapazen gezeichnetes Gesicht. Er musste unendlich viel durchgemacht haben. War er etwa die ganze Zeit - es mussten Stunden gewesen sein - bei Bewusstsein geblieben und hatte das Schiff in der Luft gehalten?
„Nach Süden", sagte er nur.
Der Arkonide kam ihr furchtbar fremd vor. Er blickte sie nicht mehr an, nur noch in Flugrichtung. Der Hypersturm hatte aufgehört und damit der Gespenstertanz der Irrlichter. Es regnete nicht mehr, aber der Sturm tobte ununterbrochen wie zuvor. Er riss an der Bespannung des Luftschiffs. Tess sah mit einem schnellen Blick, dass der Kompass wieder funktionierte. Die RIGO befand sich auf striktem Kurs gen Süden.
Sikma musste bald erreicht sein. Tess wusste nicht, ob sie sich darüber freuen oder verzweifeln sollte.
Ailey kam die Treppe herunter und kümmerte sich um seinen Kapitän. Er zerbrach ein kleines Fläschchen und hielt es ihm unter die Nase. Nach zwei Minuten begann sich Eshmatay Amgen zu rühren.
„Wo ... sind wir?", fragte er benommen. Tess und Ailey nahmen je einen seiner Arme und richteten ihn auf. Er war schwer, und nur vereint konnten sie ihn in seinen Sessel bugsieren.
„In Sicherheit", sagte Tess. „Wie durch ein Wunder befinden wir uns noch in der Luft. Aber ich fürchte ..."
„Was?", fragte Eshmatay. „Was befürchtest du?"
„Dass wir bereits ganz nahe an Sikma sind, Kapitän. Und dass es jetzt keine Umkehr mehr gibt."
„Nein!", brüllte Eshmatay auf. „Das nicht! Nur das nicht!"
„Und warum nicht?", fragte sie genauso laut zurück. „Was wäre daran so schlimm?"
„Auf Sikma leben Dämonen! Unechtes Leben! Und bevor wir den Verbotenen Kontinent überhaupt erreichen, sind die Valenter da! Sie werden uns abschießen! Das ist unser Ende!"
Der alte Fährmann legte den Kopf in beide Hände und begann hemmungslos zu schluchzen. Ailey plapperte beruhigend auf ihn ein - oder was er für beruhigend hielt. Tess stand hilflos daneben.
„Wir sind da!"
Tess fuhr herum und starrte Benjameen an, der nach wie vor vor dem Steuerruder stand, als hätte er nie etwas anderes getan. Diesmal drehte er sich zu ihr um, und ein zufriedenes Lächeln umspielte seinen Mund. Der Blick war immer noch rastlos und wirr.
Im nächsten Augenblick erfüllte ein brummendes Geräusch die Luft, das schnell lauter wurde.
Eshmatay Amgen stieß einen entsetzten Schrei aus: „Das sind Flugzeugmotoren! Das sind die Valenter!
Wir sind vor der Küste des Verbotenen Kontinents!"
Und er hatte noch nicht ganz ausgesprochen, da tauchten aus den dichten, wirbelnden Wolkenschichten höchst seltsame, mit Propellermotoren angetriebene Flugzeuge auf.
Eshmatay Amgen sprang auf. Er schickte Ailey nach oben, zu den Maschinen. Er selbst wollte Benjameen von den Steueranlagen wegdrängen, doch der junge Arkonide behauptete sich.
„Wir müssen das Luftschiff herumreißen und den Valentern entkommen!", schrie Amgen ihn an.
Aber Benjameen schüttelte den Kopf. Tess sah seinen Blick und erkannte, dass er mit einem Mal völlig klar im Kopf war. Auch als er den Fährmann anfuhr, die Finger von den Kontrollen des Luftschiffs zu lassen.
Er stieß Eshmatay Amgen heftig zurück. Der Kapitän stolperte und fiel. Tess war gleich bei ihm.
„Das hättest du nicht tun sollen, Ben", sagte sie vorwurfsvoll. „Er hätte uns retten können."
„Das ist nicht nötig", sagte Benjameen tonlos.
Die anfliegenden Flugzeuge gaben die Antwort. Sie waren nur noch wenige hundert Meter von der RIGO entfernt und kamen genau auf sie zu. Tess
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