2128 - Der Plan der Mascantin
seiner Arbeitskleidung zu empfangen.
„Das sind Händler", berichtete der Assistent. „Sie kehren gerade von der LEIF ERIKSSON zurück, wo sie einige landwirtschaftliche Waren verkauft haben. Sie stehen unter Schock."
Der Schreiber blickte die Besucher prüfend an, und er fand, dass sein Assistent ihren Zustand richtig beurteilte. Es waren einfache Leute, die aus den landwirtschaftlichen Anbaugebieten in die Stadt gekommen waren und zum ersten Mal Kontakt mit den Fremden gehabt hatten. Im Büro für Kommunikation und Toleranz hatte man sie darauf vorbereitet, doch das war offensichtlich nicht ausreichend gewesen.
Mit hängenden Flügeln standen sie vor Ktacha Oharte und blickten ins Leere. Einer von ihnen zitterte am ganzen Körper.
„Was ist geschehen?", fragte der Wissenschaftler.
„Es war so weit alles in Ordnung", antwortete Magon. „Die Leute haben ihre Waren abgeliefert und wurden dafür bezahlt. Doch dann lief einer der Außerirdischen an ihnen vorbei und hat sie in unfassbarer Weise beleidigt."
Ktacha Oharte horchte auf, und sein Interesse an dem Besuch wuchs. Ihm war es nur recht, wenn es zu Konflikten mit den Fremden kam, denn dadurch sah er sich in seiner Haltung bestätigt. Die Dankespflicht ihnen gegenüber durfte nicht so weit gehen, dass die Jankaron ihr eigenes Schicksal aufs Spiel setzten. Früher oder später würden die Fremden wieder verschwinden und in Jahrtausenden vermutlich nicht wieder auftauchen, während Jankar dem Reich Tradom allein und isoliert gegenüberstand.
Er war auf dem richtigen Weg! Die Weichen mussten jetzt gestellt werden.
„Das möchte ich genauer wissen", versetzte er.
„Der große Fremde blieb nicht stehen, um uns zu begrüßen, wie es die Höflichkeit erfordert hätte", berichtete einer der Männer. Er hatte einen scharf gebogenen, jedoch krummen Schnabel, dessen Spitzen einander kreuzten.
Braune Spuren an den Schnabelrändern verrieten, dass er häufig Bathelnüsse kaute, denen man einen gewissen psychedelischen Effekt nachsagte. „Er lief an uns vorbei und bewegte die Beine auch noch, als er uns zurief..." Er hustete, und dann schüttelte er verzweifelt den Kopf. „Ich kann es nicht wiederholen."
„Alho hat er uns an den Kopf geworfen", berichtete ein anderer aus der Gruppe. Er war schon alt, und sein Gefieder war weiß. Unter den matt gewordenen Augen hatten sich tiefe Runen gebildet. „Alho!"
Erschrocken blickte Ktacha Oharte ihn an. In Jannik bedeutete es so viel wie Diebsgesindel.
„Damit nicht genug", fügte der Dritte hinzu. Er war klein, hatte schmale Schultern, und über den Augen war sein Schädel in einem breiten Streifen kahl. Er hielt sich gebeugt und blickte den Schreiber von unten her forschend an. „Gleich darauf fielen die Worte offe und ntlig!"
Ktacha Oharte mochte es kaum glauben. Er musste ein Missverständnis sein. Welcher Grund sollte der Fremde haben, die Händler als verseuchte Ratten und Betrüger zu bezeichnen?
„Dann hob er den Arm und fügte seinen Worten ungeheuerliche Gesten hinzu", setzte der Dritte seinen Bericht fort. „Damit hat er nicht nur uns, sondern unsere Ahnen und unsere Heldenepen beleidigt. Ich hätte noch darüber hinwegsehen können, wenn er seine Gesten nicht noch mit dem schrecklichen Wort steeh'k begleitet hätte, was - wie du ja weißt - in unserem Dialekt Lumpenpack, die ihr Helden nennt bedeutet."
„Im Büro haben wir versucht, eine Erklärung zu finden und das Problem in gewohnt toleranter Weise zu lösen", ergriff Magon nun das Wort. „Das Büro vertritt die Ansicht, dass die Männer sich verhört haben müssen.
Es legt Wert darauf, dass die Fremden ganz andere Gebräuche und Sitten haben als wir und dass es unmöglich ihre Absicht gewesen sein kann, uns zu beleidigen. Doch das beruhigt diese Händler nicht."
Ktacha Oharte packte die Gelegenheit beim Schopf. „Ich kann Mitarbeiter brauchen, die sich den Fremden nicht zu Füßen werfen, wie die meisten unseres Volkes es tun, sondern die sich ihre Würde bewahrt haben. Ich möchte Männer an meiner Seite wissen, die sich behaupten können und die Widerstand leisten."
„Dazu bin ich bereit", beteuerte der Alte.
„Ich ebenfalls", schloss sich der Bathelnusskauer ihm an.
„Du kannst dich auf uns verlassen", versprach der geschmeidige Dritte, wobei er seine Flügel abspreizte und sich verneigte. „Was sich dieser Außerirdische erlaubt hat, war unbeschreiblich. Nie zuvor in meinem Leben bin ich so beleidigt worden."
Ktacha Oharte
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