2131 - Der Schwarmer
anstatt zu handeln.
Aber man sollte Freundlichkeit nicht mit Dummheit verwechseln. Ich wähle den Weg der Gewalt eben stets nur als letzten Ausweg. Das ist meine ureigene, persönliche Einstellung. So habe ich damals nach der Mondlandung in der Wüste Gobi angefangen, und auch heute noch, nach so vielen Fährnissen, bin ich davon überzeugt. Anfänglich habe ich geglaubt, dass Thoregon meine Vision einen Schritt weiterbringen würde, vielleicht sogar zu einem glücklichen Ende. Mein Traum von einer friedlichen Galaxis, von einem freundschaftlichen Wettstreit der Völker, und das zusammen mit den Nationen aus fünf anderen Galaxien ... Ich hielt es für eine hervorragende Vision.
Inzwischen bin ich keineswegs mehr davon überzeugt, wobei auch meine persönlichen Gefühle ihre Rolle spielen. Was mit Mondra Diamond und meinem Sohn Delorian geschehen ist, den ich nie gesehen habe, werde ich ES niemals verzeihen. So sehr belogen, benutzt und ausgenutzt zu werden hat mich erschüttert.
Ich habe Mondra über zehn Jahre nicht mehr gesehen, und ich denke immer noch an sie. Was ich für sie empfinde, hat sich festgesetzt. Ich weiß nicht, ob Mondra eines Tages zurückkehren wird, aber ich hoffe es, und ich wünsche mir, dass wir dann endlich ein richtiges Leben miteinander führen können. Ohne Zweifel vermisse ich sie, aber nicht mehr so schmerzlich wie in den ersten Jahren. Die Zeit heilt alle Wunden, wie es so schön heißt.
Und ich blicke stets lieber nach vorn als in die Vergangenheit, andernfalls könnte ich nicht diese Verantwortung tragen.
Was mich wieder auf Thoregon bringt: Es gibt inzwischen genügend sachliche Vermutungen, dass es sich nicht unbedingt um eine positive Entwicklung handelt. Deshalb hoffe ich, dass Atlan und seine Leute von der SOL, die eigentlich den Zweitnamen THOREGON VI führt, die Antworten auf unsere Fragen finden. Die Bezeichnung „Sechster Bote von Thoregon" will ich nicht mehr offiziell führen, bis alle Fragen geklärt sind.
Möglicherweise haben wir versucht, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Ascari da Vivos beherztes Eingreifen hat uns eine Atempause verschafft, das steht fest. Aber nun kommt sie nicht weiter, es war lediglich ein Anfangserfolg. Sehr schnell ist sie an ihre Grenzen gestoßen und muss nun lernen, dass der einfachste Weg nicht immer der beste sein muss. Jetzt heißt es, weitere Pläne zu schmieden.
Ich verstehe durchaus, dass sie sich von mir keinen Rat einholen will. Dennoch muss sie sich meine Kritik gefallen lassen. Am wenigsten behagt es ihr natürlich, wenn ich sie bereits kritisiere, noch bevor sie überhaupt gehandelt hat. Ich kann Ascari da Vivo einigermaßen einschätzen, und das behagt ihr nicht. Jemand wie ich muss jemandem wie ihr zwangsläufig ein Dorn im Auge sein.
Dabei kenne ich die Admiralin kaum. Ich weiß nicht, wie es tief in ihr aussieht, welche Träume und Sehnsüchte sie hat, welche Ängste. Sie verbirgt ihre wahren Empfindungen. Ascari versteht es sehr gut, stets die Distanz zu wahren, obwohl man spüren kann, wie es in ihr brodelt. Ihre Natur ist keineswegs kühl und beherrscht, aber sie hat sich mit ihren 27 Erdjahren in der Gewalt, wenn es darauf ankommt, und gibt nichts von ihrem wahren Selbst preis. Selbst ein Temperamentsausbruch ist keine Offenbarung. In solchen Momenten reagiert sie sich lediglich ab, und im nächsten Moment kann sie übergangslos zur Tagesordnung übergehen. Sie zeigt keine Verletzlichkeit, keine Nervosität; Ascaris Auftritt ist stets selbstbewusst, manchmal heraus. fordernd.
Stolz und Kühnheit zählen zu ihren hervorstechenden Charaktereigenschaften. Ohne Frage stellt an Bord der KARRIEO niemand die Autorität der Mascantin in Frage. Es gibt Gründe genug, sie zu bewundern, und diese haben nichts mit ihrem blendenden Aussehen zu tun.
„Worüber denkst du nach, Rhodan?" Unbemerkt ist die Admiralin in die Zentrale gekommen; wie üblich trägt sie jetzt ihre schlichte weiße Dienstkleidung, ganz ohne Rangabzeichen, nur mit dem Symbol des Huhany'Tussan auf der Brust. Die Kombination unterstreicht ihre hochgewachsene, sportliche Figur.
Ascaris schulterlanges blondes Haar fällt offen herab, und sie trägt nur ein sehr dezentes Makeup. Das einzige auffällige Merkmal an ihr ist die STREGA in ihrem rechten Beinhalfter. Ich frage mich, weshalb sie es für nötig hält, an Bord ihres eigenen Schiffes mit so einer teuren und hoch entwickelten Waffe herumzulaufen. Für ihr Selbstbewusstsein benötigt sie gewiss
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