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2135 - Der Zeitbrunnen

Titel: 2135 - Der Zeitbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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geschlafen. Er würde es auch in den kommenden Tagen nicht tun - bis die Statistiker ihm zugehört hatten.
    Soner stand vor dem Turm des Statistikers Raud, vor dem Mittelpunkt der Schreiberstadt Raud'ombir. Er haderte mit dem Schicksal, das ihm die Pfaunochischen Propheten in ihrer Weissagung ausgesprochen hatten, ein Schicksal, das schlimmer war als der Tod. Er sollte die gesamte Galaxis Wassermal in einen furchtbaren Krieg stürzen, dem Milliarden und Abermilliarden Wesen zum Opfer fallen würden. Er würde der Totengräber und der Weltenvernichter sein, und er konnte es nicht ändern. Es war gozin. „Helft mir", flüsterte er mit Blick auf den Turm. „Bitte lasst es nicht so weit kommen!"
    Natürlich erhielt er keine Antwort. Er hatte es auch nicht erwartet. Er war allein auf Zabar-Ardaran. Der Herrscher der Speiche Kaza, einer von neun der Galaxis Wassermal, vom Schicksal zum Verlust der Ehre und des Lebens bestimmt, setzte sich in Bewegung und trat auf das spiegelglatte Feld unterhalb des drei Kilometer hohen Turms, dessen „Fundament" zehn Meter über dem Boden schwebte, offenbar energetisch verankert. Je weiter der Blick nach oben ging, desto klarer und schärfer wurden die Umrisse des Turms.
    Es war wie immer: Soner hatte das Gefühl, der Turm müsse auf ihn fallen, als er genau unter ihm stand. Ein bedrückendes Gefühl, aber der Pfauchone machte sich klar, dass es sich eben wirklich nur um ein Gefühl handelte. Der Turm war fest in der Luft verankert. Es erschien unmöglich, dass er „abstürzte".
    Soner blieb stehen und legte den Kopf in den Nacken. Als er den Blick in die Höhe richtete, stockte ihm der Atem. Er hatte erwartet, in die alles ver - schlingende Schwärze zu blicken, welche die Türme der Statistiker normalerweise erfüllte. Stattdessen sah der Prinzenkrieger fern und undeutlich ein gestaltloses, zuckendes Etwas!
    Es war eine Erscheinung, die eher nur spür- als sichtbar inmitten des Turmes hing. Konnte das der Pangalaktische Statistiker sein - Raud? Aber wer oder was sonst? Soner schwitzte Tränen der Erregung aus. Bis zur Kleinen Konjunktion dauerte es noch Tage! Und Raud sollte schon hier sein? Möglicherweise im Abstieg aus seinem Turm begriffen? Er musste es sein! Das Wesen war mit normalen Augen nicht greifbar, mit den Sinnen schon gar nicht, sie konnten es nur erspüren. Es war ein graues, formloses Wallen mitten ihm hohlen Turm, und es kam näher...
    Dennoch hatte Soner das Gefühl, diese unbegreifliche Wesenheit fassen zu können. Gleichzeitig ahnte er, dass sich Raud - falls er es war - in Wirklichkeit mit seinem Geist noch immer in einer unendlich fernen Region des Kosmos befinden musste. Doch je länger er unter dem Turm stand, desto stärker wurde der Eindruck, dass Raud tatsächlich allmählich näher kam. Soner spürte es einfach. Nicht mehr lange, und Raud würde als einer der fünf Teilnehmer der Kleinen Konjunktion auf den Planeten Zabar-Ardaran herabsteigen.
    Der Prinzenkrieger Soner begab sich zum exakten Mittelpunkt der Fläche unterhalb des Turms. Er wusste, er sollte nicht an diesem Ort sein, schon aus moralischen Gründen nicht. Denn er war seit der von ihm veranlassten Blockade um den Planeten nicht mehr ein absolut herrschender Prinzenkrieger, sondern ein Pfauchone, der das Unglück über sein Volk bringen sollte. Trotzdem ließ sich Soner den Turm hinauftreiben, Meter für Meter. Der Druck auf seinen Geist wurde stärker. Er kämpfte um jedes Stückchen, das er hinaufgezogen wurde, auf den Statistiker zu.
    Bald konnte er nicht mehr abschätzen, wie hoch er sich befand. Und als er es nicht mehr aushielt, als die unglaubliche Präsenz des Statistikers ihm eine unüberwindliche Grenze setzte, wusste Soner nur noch eine Möglichkeit. Er begann in hohl klingenden, von der Unendlichkeit verschluckten Worten seine Geschichte zu erzählen. Obwohl er angesichts der gewaltigen Wesenheit nicht glauben konnte, dass ihm, einem Insekt!, der Statistiker überhaupt zuhören könnte. Aber er berichtete wie unter einem inneren Zwang, der ihm keine Wahl ließ.
    Soner rezitierte Wort für Wort die Weissagung der Pfauchonischen Propheten, die sich ihm mit einer unnatürlichen Intensität ins Gedächtnis gebrannt hatte: „Der Herr des Lichts wird sein Volk zu Grabe tragen und die Ehre des Volks der Pfauchonen schänden. Der Prinzenkrieger wird acht Seuchen über sein Volk bringen. Er wird den Jahrtausenden der Gerechtigkeit und des Friedens ein schlimmes Ende bereiten."
    „Nein!",

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