2137 - Operation Mauser
Tuch ebenso zeit- wie sinnlosen Zuschnitts gehüllt: Bundfaltenhose, Gilet, Zweireiher, getupfte Krawatte, ebensolches Stecktüchlein in der Brusttasche. Kurz, er wirkte ein wenig deplatziert, war sich dessen vielleicht auch bewusst, überspielte diese Unsicherheit jedoch, durch betont forsches Auftreten.
„Darf ich kurz um eure Aufmerksamkeit bitten? Danke!", rief er, obwohl sich niemand von den Technikern zu ihm umgedreht hatte, im Gegenteil sich alle noch tiefer über ihre Schaltpulte duckten.
„Zuerst einmal hallo und einen wunderschönen guten Tag. Mein Name ist Gangolf W, Kerzen, und ich soll für den Bordpsychologischen Hilfsdienst eure Meinung zu den geplanten Silvesterfeierlichkeiten erheben. Hat jemand prinzipielle Einwände?"
Keine Reaktion. Nur eine junge Funkanalytikerin an einem der hinteren Pulte begann hektisch, ihre Holomatrix neu zu konfigurieren.
„Recht so!", deklamierte Gangolf und notierte etwas auf seinem syntronischen Klemmbrett. „Wir wollen nämlich verhindern, dass es wieder zu Sachbeschädigungen kommt wie beim Original Antikdeutschen Christkindlmarkt. Obwohl der 0.A.C. an sich ein großer Erfolg war."
Die junge Technikerin lehnte sich zurück und schüttelte ungläubig den Kopf, dann rief sie eine andere Programmversion auf.
„Doch, doch", versicherte Gangolf in ihre Richtung. „Wir bekamen 82 Prozent Zustimmung zur Idee als solcher, 45 Prozent zur Ausführung und immerhin noch acht Prozent zur Qualität des Weihnachtspunsches. Was nun Silvester betrifft, so hatten wir an Traditionell Oxtornisches Bleigießen gedacht."
„So was hab ich ja überhaupt noch nie ge ...", murmelte die Technikerin.
„Ja, originelle Idee, gell?", rief Gangolf WKerzen begeistert. „Man erwärmt dabei das Blei in der Hand und ..."
„Ach, sei doch endlich still!", schnauzte die junge Technikerin. „Lauter! Kommst du mal? Da ist was ..."
Der Abgesandte des Bordpsychologischen Hilfsdienstes blickte Hilfe suchend auf sein Klemmbrett. „Wie jetzt", fragte er und ruckelte irritiert an seinem Krawattenknopf, „lauter oder still?"
Aber der Cheforter war schon aufgesprungen und hatte ihn, nicht wirklich unsanft, jedoch mit Nachdruck, hinaus auf die Galerie geschoben.
„Gieß dir dein Blei, wohin du willst", knurrte er, „aber jetzt mach die Fliege! Und tschüs!" Dann eilte er zum Pult der Funkanalytikerin.
„Ich glaube, ich habe da etwas sehr Seltsames", sagte sie. „Erst dachte ich, es sei ein Fehler. Es ist nur ganz schwach, und ich kriege es nicht richtig rein, siehst du?"
Lauter Broch´t hockte sich neben sie. Gemeinsam bearbeiteten sie das Signal, bis der Plophoser leise durch die Zähne pfiff. „Ich werd verrückt", sagte er.
Der Mann im Zweireiher stolperte dieweil die Treppe hinunter. „Fliege? Statt Krawatte?", brabbelte er vor sich hin. „Na ja ... wäre vielleicht mal was anderes ..."
*
Roxo Quatron hatte den Bestand an Karottentorten deutlich dezimiert. Auch Gucky griff kräftig zu. Der Appetit des Jankaron war ansteckend.
„Wegen Perry mach dir mal keinen Kopf", sagte der Mausbiber mit vollen Backen, „der ist das seit Jahrtausenden gewohnt, dass ich seine Anordnungen etwas, hm, frei interpretiere."
Sorgen bereitet mir etwas anderes, dachte Roxo. Du erweckst zwar einen erfreulich guten Eindruck, Kleiner, aber ob du wirklich so fit bist, wie du tust ...
Im nächsten Moment spürte er, wie ihn eine unsichtbare Kraft um die Mitte fasste, hochhob und mit einem Ruck Richtung Decke transportierte. Wenige Zentimeter darunter kam er zum Stillstand.
Hilflos mit den Armen rudernd, gackerte er: „Hee-eee! Obacht, mein Freund! Ich stamme zwar von Vögeln ab und finde Fliegen super, doch das mit dem Landen hat unsereins im Lauf der letzten Jahrmillionen verlernt.
Also, wenn du mich jetzt bitte wieder ganz, ganz sachte, absetzen könntest ..."
Gucky tat nichts dergleichen, sondern führte mit einer gezierten Bewegung, den kleinen Finger abgespreizt, ein Möhrenbonbon zum Mund und schabte seelenruhig und genüsslich mit dem Nagezahn die Schokolade ab.
„Wie meinten Herr Quälgeier?", fragte er scheinheilig. „Noch etwas Kuchen wäre angenehm? Aber gern!"
Drei, vier, fünf der Torten, jede davon mit reichlich Sahne verziert, schwebten hoch und, wie in einem lautlosen Reigentanz umeinander kreisend, auf Roxos Gesicht zu.
„Es reicht. Ich hab's kapiert!", schrie dieser.
„Bier? Zur Herrentorte? Na ja, wenn du darauf bestehst ... Cerxtro hat mir ein leichtes
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