2144 - Vor der Konjunktion
zerschellte. Vor seinen Augen begann es zu flimmern. Zugleich verstärkte sich das Gefühl, mit dem Kopf in einen Schraubstock geraten zu sein. Ihm schien, als versinke er in einem Sumpf, in dem ihn eine unsichtbare, immer zäher werdende Masse in sich einschloss. Das Gefühl, in seinem Schutzanzug zu ersticken, wurde übermächtig. Er konnte nicht anders: Er öffnete den Helm und atmete die frische, kühle Luft von Vision tief ein. Dabei glitt er sanft mit seinem Flugdrachen zu Boden. Nun zeigten sich die Vorteile dieses Gerätes gegenüber dem Fallschirm. Er ließ sich von jemandem, der so ungeübt war wie er, sehr viel einfacher lenken, so dass er ihn sehr nah an ihr Ziel heransteuern konnte.
Als Myles sicher war, die optimale Landeposition gefunden zu haben, richtete er den Drachen ein wenig auf, so dass sich die Luft in dem Segel staute, fing damit die letzte Geschwindigkeit ab und prallte relativ leicht mit den Füßen auf. Er lief einige Schritte weit, wobei er sich aus dem Gestänge befreite. Dann warf er den Flugdrachen kurzerhand zur Seite. Er schaffte es von ihm freizukommen, ohne sich mit den Füßen in den Seilen zu verfangen. Während das Fluggerät polternd auf die Felsen prallte, traf ihn die volle Wucht der mentalen Ausstrahlung. Er war darauf vorbereitet, konnte sich aber dennoch nicht gegen sie behaupten. Er stolperte und stürzte der Länge nach zu Boden.
Kantor sah Tangens den Falken, der nicht weit von ihm entfernt gelandet war. Der Korphyre schritt taumelnd auf ihn zu, wobei er beide Arme um den haarlosen Schädel gelegt hatte, als könne er ihn dadurch vor der mentalen Strahlung schützen. Erstickte Laute kamen über seine schmalen Lippen.
Myles Kantor richtete sich auf, sah sich suchend um und schleppte sich dann mühsam zu dem Paratron-Projektor hinüber, der etwa dreißig Meter abseits des schwarzen Etwasaufgekommen war. Irgendwie schaffte er es, zu ihm zu kommen. Als er ihn erreicht hatte, versuchte er sich an seine letzten Schritte zu erinnern. Es gelang ihm nicht. Ein Teil seines Gedächtnisses war wie ausgelöscht.
Der Aktivatorträger sank auf die Knie. Mit äußerster Mühe konzentrierte er sich, öffnete die Schutzhülle des Projektors und packte die Maschine aus.
Nur am Rande registrierte er, dass Tangens der Falke ihm zu Hilfe kam. „Lange ... lange halte ich nicht mehr durch", stammelte sein Stellvertreter mit schwerer Stimme. „Dieser mentale Druck bringt mich um."
„Erwird verschwinden, wenn wir das schwarze Ding mit dem Paratron eingekapselt haben", entgegnete Myles. Während sie den Projektor, der normalerweise für experimentelle Zwecke benutzt wurde, an ihr Ziel heranschleppten, blickten sie zu der regungslosen Gestalt hinüber, die ausgestreckt auf dem Boden lag. Sie erkannten einen zweifellos intelligenten Reptilienabkömmling, der eine Art Overall trug. Das Wesen war etwa 2,30 Meter groß, eine humanoide, sehr kräftige Gestalt mit einem drachenharten Schädel. Die Augen waren geschlossen.
Sie setzten den Projektor ab, und Myles Kantor kniete neben dem Fremden nieder, um ihn zu untersuchen. Er stellte rasch fest, dass der Reptilienähnliche nicht tot, sondern lediglich bewusstlos war. Das Pulsieren seines Blutes in den Adern war am Hals deutlich zu spüren. „Ich kann mich jetzt nicht um ihn kümmern", sagte er. „Sobald wir den Brunnen eingekapselt haben, geht es ihm von selbst besser." Tangens stellte die Arbeit am Projektor ein und wandte sich dem schwarzen Kreis zu, aus dem er einen kalten Hauch zu verspüren meinte. Es war eine Art Loch, in dem irgendetwas Schwarzes unaufhörlich hin und her flutete, als wollte es daraus hervorbrechen. „Brunnen?", fragte er verstört. „Was für ein Brunnen? Bist du dir sicher?"
„Es ist ein Zeitbrunnen", sagte Myles fast andächtig. „Wir haben die Chance, ein solches kosmisches Gebilde zu sehen. Er bringt alles auf Vision durcheinander. Auf die Große Konjunktion hat er einen verheerenden Einfluss."
„Sehr interessant. Wenn ich mich recht erinnere, wurde das System der Zeitbrunnen im Jahr 3587 nach Christus abgeschaltet."
„Und doch ist es einer", beharrte Myles auf seiner Meinung. „Atlan hat schon einen auf Vision erlebt. Aber lass das jetzt. Wir können uns später streiten, wenn du willst. Zunächst müssen wir den Projektor einschalten. Danach sehen wir ja, was passiert."
Mit zwei Geräten wäre es leichter gewesen, das schwarze Wabern abzuschirmen, doch sie verschwendeten keinen Gedanken darauf, dass
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