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215 - Die Macht des Sehers

215 - Die Macht des Sehers

Titel: 215 - Die Macht des Sehers
Autoren: Jo Zybell
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Luftschiff sank noch immer, der Propeller rührte sich nicht mehr – und in zwei, höchstens drei Kilometern Entfernung näherte sie sich einem Gebirgszug. Der Schreck fuhr Matt Drax in die Knochen.
    »Wenn Sie es nicht hinkriegen, müssen wir notlanden!«, rief er. »Sonst prallen wir gegen einen Bergrücken!« Allmählich wurde auch er nervös.
    »Quel malheur!« Der Kaiser sprang auf und lief zur anderen Seite der Gondel, wo die Kisten und Körbe mit dem Ausrüstungsmaterial und dem Werkzeug befestigt waren. »Ein Sauerstoffschlauch ist gerissen!«
    Er kramte in einer Kiste mit Ersatzteilen und lief keine Minute später zurück zur Wandöffnung. »Wir wechseln das beschädigte Schlauchstück aus!« Er griff unter den Mantel in eine seiner Fracktaschen, zog ein Damenhöschen heraus und reinigte damit die Bruchstelle des Schlauches, um den Schaden genauer ins Auge fassen zu können. Matt Drax registrierte das Wäschestück mit Stirnrunzeln.
    Dann konzentrierte er sich auf die Flugroute und blickte nach draußen. Der Gebirgskamm rückte näher, das Luftschiff sank weiter. Matt biss sich auf die Unterlippe.
    Plötzlich roch es eigenartig feucht, irgendwo zischte es. Er fuhr herum: Über Brennkammer und Armaturentafel drang Dampf aus den Ritzen der Wandvertäfelung!
    De Rozier, der am Boden kniete, schielte zu dem austretenden Dampf hinauf. »Ein Dampfdruckschlauch muss geplatzt sein! Schrauben Sie die Vertäfelung ab, Monsieur Drax, und schauen Sie nach! Vite, vite!«
    Matt stürzte zur Werkzeugkiste, kramte Zange, Schraubenzieher und Schraubenschlüssel heraus und machte sich an die Arbeit. Schon als er die erste Wandtafel abgenommen und der Dampf, der ihm entgegen quoll, sich ein wenig verzogen hatte, sah er die Bescherung: Einer von drei Schläuchen, die vom Kessel zu drei Überdruckventilen führten, war geplatzt.
    »Die Sauerstoffzuleitung ist wieder in Ordnung!« Der Kaiser sprang auf und schob Matt zur Seite. Ein Blick auf die Armaturen. »Der Dampfdruck sinkt rasend schnell!«
    Er stürzte zum Fenster und verschaffte sich einen Überblick.
    Knapp anderthalb Kilometer trennten die Roziere noch von den Steilhängen. »Pour l’amour de dieu!«, stöhnte er. Zurück an der geöffneten Wandverkleidung rief er: »Ich erledige das hier! Versuchen Sie die Roziere auf einen anderen Kurs zu bringen!«
    Matt lief zum Ruder. Das Schiff war inzwischen so weit gesunken, dass es kein Ausweichen vor dem Bergrücken mehr gab. Er drehte am Steuer und versuchte das Luftschiff auf einen Parallelkurs zu dem Gebirgszug zu bringen. Die Flughöhe betrug kaum noch tausendvierhundert Meter, das Fluggerät sank unaufhörlich; und immer schneller, wie es Matt Drax schien.
    Er beobachtete den Kaiser. Der hatte einen Ersatzschlauch aus einer Materialkiste gekramt und klemmte ihn jetzt zwischen die beiden inzwischen glatt geschnittenen Enden des geborstenen Schlauches. Weil er das Kesselventil zugedreht hatte, trat wenigstens kein Dampf mehr aus. Ein hoher Druck im Kessel war ja das A und O, wenn man die Maschine möglichst rasch wieder anwerfen wollte.
    »Beeil dich, de Rozier!«, rief Matt Drax. »Ich bin jetzt auf Südkurs, aber wir sind schon bis auf tausend Meter herunter! Wenn wir den Sinkflug nicht bald stoppen können, müssen wir ein paar Kisten aus der Gondel werfen! Zuerst die Pralinen und das Weinfässchen!«
    »Que le diable t’emporte!«, wünschte de Rozier ihn wenig kaiserlich zur Hölle.
    Matt Drax grinste, doch das verging ihm bereits beim nächsten Blick aus dem Fenster – der Wind hatte sich gedreht, die Roziere trieb einer Steilwand entgegen, aus der ein Wasserfall in die Tiefe rauschte.
    »Verfluchter Mist! Ich versuche eine Notlandung!« Das rauschende Tosen des Wasserfalls war schon bis in die Gondel zu hören. Matt fixierte das Steuerruder und stürzte zum Fenster. Zum Greifen nahe erschien ihm der Wasserfall, doch das Luftschiff schwebte jetzt parallel zur Felswand an ihm vorbei. Schluchten und Steilhänge zogen unter ihnen dahin.
    Dem Mann aus dem 21. Jahrhundert wurde übel. »Geht nicht!«, zischte er. »Da können wir die Kiste gleich gegen die Wand setzen!«
    »Fini!«, brüllte de Rozier. Er fuhr herum, packte die Kurbel für den Zündstein und drehte wie ein Wilder daran herum. Matt rannte zu ihm. Schulter an Schulter gepresst starrten sie durch das Sichtfenster in die Brennzelle. Metall scharrte über Stein und im Glaskolben sprühten die Funken.
    Der Mann aus dem 18. Jahrhundert drehte an der
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