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215 - Die Macht des Sehers

215 - Die Macht des Sehers

Titel: 215 - Die Macht des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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rief er.
    »Herein mit ihm!«, ertönte eine raue Stimme auf der anderen Seite der Tür. Woyzakk öffnete einen Flügel des Portals und schob Yann hinein. Er selbst blieb auf der Türschwelle stehen.
    Zahllose Fackeln erleuchteten einen weitläufigen Kuppelraum von ovalem Grundriss. Yann schloss geblendet sein Auge, das Licht tat ihm weh. Er schob sich die Schutzbrille über Nase und Stirn und blinzelte in das nun gedämpfte Licht. Zwei schwarze Frauen in halbdurchsichtigen Schleiern huschten an ihm vorbei. Es roch nach einer Mischung aus Sandelholzöl und Moder. Irgendwo links von ihm plätscherte Wasser. Dreißig oder vierzig Schritte vor ihm erhob sich ein Mann von einem Sitzpolster und warf sich ein schwarz getupftes, gelbes Raubkatzenfell um die Schulter.
    »Das also ist der berühmte Meister Haggard!« Der Mann zog sich den Schädel der Raubkatze über das Haar, kam auf ihn zu und rieb sich die Hände. Er war hoch gewachsen und kräftig gebaut. Sein Kraushaar war grau und seine Haut hatte die Farbe feuchten Lehms. Gelbe und rote Streifen zierten seine Stirn und seine Wangen. »Endlich kann ich dich in meinen Hallen begrüßen! Es gibt eine Menge Arbeit!«
    »Nicht so laut!« Yann zog die Schultern hoch und hielt sich die Ohren zu. »Kann ich noch etwas von dem Schmerzmittel haben?«
    »Immer eins nach dem anderen.« Der Mann schritt um ihn herum und musterte ihn, wie man ein Reittier musterte, bevor man es kaufte. Die meisten seiner sichtbaren Zähne waren aus einem grau angelaufenen Metall. In seiner Nasenscheidewand hing ein großer Ring aus purem Gold. »Dass ich der Große Kriegshäuptling Wyluda bin, hast du dir sicher schon gedacht. Haben meine Haudegen dir auch erzählt, welche Art von Arbeit du zu erledigen hast?«
    »Ohne Schmerzmittel kann ich nicht arbeiten. Was zahlst du eigentlich?«
    »Was ich zahle?« Wyluda blieb stehen, legte den Kopf in den Nacken und lachte schallend.
    Yann stöhnte schmerzerfüllt auf, ging in die Knie und kauerte sich zusammen. Das Gelächter des Kriegshäuptlings hallte von den nackten Wänden wider, es dröhnte und bohrte sich wie Axthiebe in Yanns Schädel. Die ganze Welt schien erfüllt von diesem gewalttätigen Gelächter, sein ganzes Hirn.
    »Nicht lachen, bitte nicht lachen…«
    »Komm mit mir, ich zeig dir was, Seher!« Wyluda schlug Yann auf die Schulter. Das war vermutlich kumpelhaft gemeint, den Seher jedoch warf die Wucht des Schlages schier um. »Komm schon, hier links ist es.«
    Ohne die Hände von den Ohren zu nehmen, torkelte Yann hinter dem Kriegshäuptling her. Vor einer kniehohen Begrenzungsmauer blieb Wyluda stehen und hielt Yann fest, damit der nicht darüber stolperte. »Na, was sagst du?«
    Die Mauer friedete ein Bassin von etwa zwanzig Metern Durchmesser ein. Dessen Tiefe konnte Yann Haggard nicht erkennen, denn ein Teppich aus grünem Schleim, Kotbrocken und Pflanzen bedeckte die Wasseroberfläche. Der Seher hatte keine Ahnung, was der Kriegshäuptling ihm hier zeigen wollte.
    Wyluda drehte sich zur Tür um und winkte mit einer knappen Geste Woyzakk heran. »Bring etwas Futter!«
    Der große Kerl kramte in einer Wandnische herum und kam dann mit einem verrosteten Blecheimer zu dem Bassin. Er griff in den Eimer und warf faustgroße bräunliche Brocken, die ein wenig wie getrocknetes Fleisch aussahen, ins Wasser.
    Kaum berührten sie die Bioschicht auf der Oberfläche, begann das Wasser zu gurgeln und Wellen zu schlagen.
    Quastenschuppige schwarze Fische tauchten auf, verschlangen die Brocken, rissen die Mäuler auf und gierten nach mehr.
    Vier Fische zählte Yann. Sie waren etwa zwei Meter lang, und ihre Rachen waren so breit, dass man ein Kurzschwert hätte quer darin unterbringen könnten. Ihre Zähne waren daumenlang und spitz wie Plankennägel.
    »Meine Lieblingshaustiere.« Wyluda feixte. »Sie sind sehr hungrig. Sie sind immer sehr hungrig, verstehst du, Meister Haggard?« Er fasste ihn am Arm und drückte ihn fest. »Und jetzt zu deiner Arbeit: Es gibt da ein paar Leute im Südwesten unserer schönen Insel, aufsässige Stinktiere, die haben sich um einen entfernten Verwandten von mir geschart, einen Großneffen, und glauben, sie müssten nun keinen Tribut mehr an mich entrichten, stell dir das nur einmal vor. Die Geistesgestörten planen sogar, diese meine Festung anzugreifen, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Yann Haggards Blick wanderte zwischen dem Bassin und dem feixenden Kriegshäuptling hin und her. Beides, die Raubfische und den

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