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215 - Die Macht des Sehers

215 - Die Macht des Sehers

Titel: 215 - Die Macht des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Regulationsschraube für die Sauerstoffzufuhr herum: Grelles Licht erfüllte jäh den Glaskolben, ein Feuerstrahl schoss in die Heizkammer, das Brennmaterial stand wieder in Flammen.
    Beide Männer stießen einen Jubelschrei aus.
    Matt Drax lief zur Vorratskiste für die Brennpads.
    Nacheinander griff er sich vier Würfel hochkonzentrierten Brennmaterials aus dem Behälter und warf sie de Rozier zu.
    Der steckte sie in die Brennkammer und verschloss das gusseiserne Türchen. Danach öffnete er das Ventil des Gasballons unterhalb der Brennzelle und spähte weiter durch das Sichtfensterchen. Bald hörten sie wieder das Zischen der Dampfventile und das Stampfen des Kolbens. Die Maschine war angesprungen!
    Gemeinsam standen sie zwei Minuten später vor der Armaturentafel und beäugten die Kontrollinstrumente: Das Wasser kochte wieder, der Dampfdruck stieg sofort, und die Druckdüsen bliesen heiße Luft in den Korpus der kaiserlichen Roziere!
    Sie liefen zum Fenster und blickten hinaus: Auch der Propeller war wieder angesprungen. Der felsige Bergkamm war kaum noch vierhundert Meter entfernt, doch das Luftschiff stieg jetzt so rasch, dass es schließlich in einer Höhe von etwa hundertfünfzig Meter darüber hinweg flog.
    »Geschafft!«, stöhnte Matt Drax.
    »Félicitation, mon cher Drax!«, rief der Kaiser. »Wir sind noch einmal davongekommen!« Freudestrahlend schlugen der Monarch und sein blonder Copilot einander auf die Schultern.
    »Das müssen wir feiern!«, verkündete de Rozier. Er lief zum Wandschrank, holte eine Schatulle heraus und öffnete sie.
    Sie war mit Samt ausgeschlagen, und zwei Kristallschalen mit Goldrändern lagen darin. Der Kaiser packte das Fässchen aus, stellte es auf den Tisch und zapfte an.
    Matt Drax beobachtete de Rozier staunend. Dieser Mann war ein Phänomen – jeder Lebenslage schien er eine strahlende Seite abgewinnen zu können. De Rozier reichte ihm den gefüllten Kelch. »Quel bonheur, dass wir so hoch steigen mussten«, sagte er. »Auf diese Weise kühlte der gute Tropfen ab! Auf unsere glorreiche Zukunft, mon ami!« Sie stießen an und tranken.
    »Und wo bleiben die Pralinen?« Matt grinste.
    »Oha! Was für ein fauxpas!« Der Kaiser schlug sich an die Stirn. »Vor lauter Todesangst hätte ich fast le chocolat vergessen!« Er lief zu den Proviantkisten und packte eine Schachtel Pralinen aus.
    »Weißt du was, camarade?«, sagte der Kaiser, während sie Wein schlürften und Pralinen naschten. »Männer, die gemeinsam dem Tod ins Auge gesehen und ihm mit vereinten Kräften ein Schnippchen geschlagen haben, sollten auf formalités verzichten.« Er reichte Matt Drax die Rechte und legte sich die Linke auf die Brust. »Nenn mich in Zukunft ›Pilatre‹.«
    »Ich bin Matt.« Der Mann aus dem 21. Jahrhundert ergriff die Hand des Kaisers. »Meine Freunde nennen mich Maddrax.«
    »Dann will ich dich auch so nennen!« Der Kaiser hob seinen Kelch, sie stießen auf ihre Freundschaft an und tranken.
    Die Männer gingen zurück zur Schalttafel und kontrollierten noch einmal die Armaturen. Die Dampfmaschine schien jetzt wieder störungsfrei zu laufen. Danach nahmen sie sich Zeit und sahen sich die geplatzten Schlauchleitungen genauer an.
    »Diese Schläuche sind noch nicht einmal ein Jahr alt.« De Rozier ging ans Fenster und hielt die Leitungen ins Sonnenlicht. »Das Material müsste noch mindestens drei Jahre halten! Und selbst wenn es fehlerhaft gewesen sein sollte – de Fouchés Techniker hätten den Defekt doch bemerkt!«
    Er hielt sich die Leitungen unter die Nase und schnupperte daran. »Was hältst du davon?«
    Matt Drax nahm ihm die Schläuche ab und roch ebenfalls daran. »Sie stinken ziemlich scharf, finde ich«, sagte er. »Nach Essig. Oder ist es eine Säure?«
    Matt knipste seine Lampe an und leuchtete in die Wandnischen hinein. Sorgfältig untersuchten sie die Umgebung der beiden geplatzten Schlauchleitungen. Unter beiden Reparaturstellen entdeckten sie fingernagelgroße, seltsam aufgeraute Flecken in den Farbflächen des Holzes oder des Metalls.
    Die Männer tauschten ernste Blicke aus. Wie weggeblasen war ihre Feierlaune auf einmal. Matt steckte die Lampe weg.
    »Willst du meine Meinung hören?«
    De Rozier nickte.
    »Das war keine Materialermüdung – hier hat jemand ganz bewusst mit Säure nachgeholfen!«
    ***
    Madagaskar, Mitte März 2524
    Yann Haggard kauerte vor der niedrigen Mauer, die das Bassin mit den Raubfischen umgab. Der Mann im Raubkatzenfell und mit der

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