Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
215 - Die Macht des Sehers

215 - Die Macht des Sehers

Titel: 215 - Die Macht des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
mächtig. Der Sturm gewann mehr und mehr an Kraft. Es wurde mit jeder Minute schwerer, die Roziere auf Kurs zu halten.
    »Viel zu gefährlich, direkt bei dem Hausboot zu landen«, behauptete de Rozier. »Wir brauchen einen Windschutz!«
    Sie stritten ein wenig herum, denn Matt wollte so rasch wie möglich Yann Haggard finden und ihn an Bord nehmen. Doch angesichts der an Stärke zunehmenden Sturmböen gab er schließlich nach.
    Sie brachten das Luftschiff nicht ganz zwei Kilometer vom Hausboot entfernt in der Senke einer Hügelkette, die von hier aus zum nahen Gebirge hin anstieg, zu Boden.
    »Einer muss bei der Roziere bleiben«, sagte der Kaiser mit besorgtem Gesichtsausdruck, während sie die Ballonhülle entleerten und im dafür vorgesehenen Dachkasten verstauten.
    Eine Vorsichtsmaßnahme, auf die sie unmöglich verzichten konnten, denn wenn der immer heftiger werdende Sturm den Ballon und das Ballongestell davon riss, war die Gondel verloren.
    Und war erst einmal die Gondel verloren, waren auch de Roziers Stunden endgültig gezählt.
    Es verstand sich von selbst, dass de Rozier beim Luftschiff zurückblieb und sein blonder Begleiter sich auf den Weg zu Yann Haggards Hausboot machte.
    Der Kaiser wollte Matt zwei geladene Steinschlossflinten aufdrängen, doch diese Waffen erschienen dem Mann aus dem 21. Jahrhundert zu unhandlich. Er verwies auf seinen neuen Degen und machte sich auf den Weg. Schließlich wollte er einen Freund besuchen und sich auf kein Abenteuer einlassen.
    Im Laufschritt näherte er sich dem Affenbrotbaumhain. Was er von weitem zunächst für dunkle Gestrüpphaufen hielt, erwies sich rasch als einige Schwärme Geier. Die Großvögel schwangen sich in die Luft, als Matthew auf sie zu rannte.
    Der Mann aus dem 21. Jahrhundert kam an einigen altertümlichen Maschinen vorbei, die ihn an die Dampfrouler erinnerten, in denen Rulfan und er von Somalia nach Kenia gefahren waren. Auch einen Explosionskrater sah er, und um ihn herum Überreste eines Zeltes und mindestens zwei Dutzend Leichen. Einige waren halb von den Geiern zerfleischt und gefressen, andere bereits vollständig skelettiert.
    Vielleicht wäre es doch besser gewesen, die Gewehre mitzunehmen…?
    Es roch nach Verwesung. Matt Drax hielt sich die Nase zu, zog seinen Degen und blickte sich um. Kein Mensch zu sehen, auch nicht am Hausboot. Alles wirkte wie ausgestorben.
    Beklemmung legte sich auf seine Brust. »Yann?«, rief er und beschleunigte seine Schritte. »Yann, bist du da?«
    Keine Antwort. Über eine notdürftig zusammen gezimmerte Treppe stieg er zum Bug des Bootes hinauf, schlich über die Planken des Außendecks bis zur Einstiegsluke ins Unterdeck.
    Vorsichtig tastete Matt sich die schmale Treppe hinunter. Es stank nach altem Schweiß und menschlichen Exkrementen.
    Es war halbdunkel. Der Sturm heulte durch die Ritzen der Deckplanken. Matt Drax fischte seine Stablampe aus der Beintasche, schaltete sie an und richtete ihren Strahl in den Gang. Mäuse huschten davon. Oder waren es große Käfer?
    Eine offene Luke schälte sich aus dem Halbdunkel. Aus ihr drangen Laute, die wie leises Stöhnen und Wimmern klangen.
    Die blank gezogene Klinge in der Rechten und die Lampe in der Linken, bückte sich Matt durch sie hindurch in eine geräumige Kajüte. Der Lichtkegel riss eine am Boden zusammengekauerte Gestalt aus dem Dunkeln.
    Keetje! Sie war gefesselt und geknebelt.
    Matt Drax ging vor ihr in die Hocke, legte den Degen weg und steckte die Lampe zwischen die Zähne. Er befreite das Mädchen von seinen Fesseln und seinem Knebel. Es stank erbärmlich und war halb verdurstet. »Wasser«, stöhnte es.
    »Wasser, sonst verreck ich…«
    In einer kleinen Kabine auf der anderen Seite des Ganges fand Matt Drax einen Krug mit Wasser. Es war abgestanden, roch aber noch nicht modrig; besser als gar keine Flüssigkeit.
    Er tränkte das Mädchen mit kleinen Schlucken. Der Sturm rüttelte von außen am Hausboot.
    Nach und nach kam Keetje zu Kräften. »Dich schickt der Kukumotz«, krächzte sie irgendwann. »Der muss mich irgendwie gern haben. Wie hat er dich denn zu einem Ausflug an den Arsch der Welt überredet, Maddrax?«
    Während sie trank, erzählte Matt Drax, warum er Yann Haggard suchte. »Der arme Yann ist verschwunden«, stöhnte Keetje. »Die Scheißkerle dieses bescheuerten Kriegshäuptlings haben ihn mit irgendeinem Gift platt gemacht. Er hatte solche Schmerzen… hoffentlich lebt er überhaupt noch…«
    Matt Drax erfuhr, dass Keetje schon

Weitere Kostenlose Bücher