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215 - Die Macht des Sehers

215 - Die Macht des Sehers

Titel: 215 - Die Macht des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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seit drei Tagen gefesselt hier unter Deck lag. Das Mädchen berichtete ihm von Yanns Selbstmordversuch, von der tödlichen Diagnose des Heilers, von Yanns rasenden Kopfschmerzen und von dem heimtückischen Schmerzmittel, das die Abgesandten eines Kriegshäuptlings im verschafft hatten.
    »Sie müssen ihn verschleppt haben, diese verfluchten Scheißkerle«, schimpfte sie. Zu einem bescheidenen Quantum Wut reichte ihre Kraft wieder; immerhin.
    »Was waren das für Leute?«, wollte Matt wissen. »Wohin könnten sie Yann entführt haben?« Unter den Anläufen des Orkans schwankte das Hausboot inzwischen. Es war fast, als triebe es führerlos auf hoher See.
    »Zwei hirnlose Schlägertypen, riesengroß und Zwillingsbrüder. Einer hieß Loykass, sein Bruder Woyzakk. Einer, den sie den Großen Kriegshäuptling Wyluda nannten, hat sie geschickt. Angeblich beherrscht der Scheißkerl die gesamte Nordostküste von Madagaskar, weiß der Schaitan! Hat da so eine Art Festung, irgendwo südlich von hier am Sambayafluss, zwischen dem Gebirge und der Küste.«
    Matt half dem entkräfteten Mädchen auf und schleppte es hinüber in ihre Kabine, damit es sich waschen und frische Kleider anziehen konnte. Danach stieg er die Treppe hoch zum Außendeck.
    Kaum hatte er sich hinausgebeugt, zog er den Kopf sofort wieder zurück. Wolken aus Sand peitschten gegen die Decksaufbauten und verdüsterten die Umgebung des Hausbootes. Es wippte hin und her, der Wind heulte durch alle Fugen, und hinter den Sandschleiern sah Matt die Konturen der mächtigen Affenbrotbäume sich im Orkan biegen.
    Ausgeschlossen, den Weg zurück zur Roziere zu wagen!
    Ausgeschlossen erst recht, bei diesem Unwetter weiterzufliegen. Bevor der Sturm nicht aufhörte, war gar nicht daran zu denken, das kaiserliche Luftschiff neu mit Heißluft zu füllen und sich auf den Weg zu dieser Warlord-Festung zu machen. Sie mussten das Ende des Unwetters abwarten.
    Matt fluchte leise und schlug die Faust in die Handfläche.
    Nur noch fünfzehn Tage Zeit!
    ***
    Von Turmfenster zu Turmfenster eilte der Große Kriegshäuptling Wyluda, und jede Himmelsrichtung bot den gleichen Anblick: strahlendes Blau, keinerlei Wolken, das Meer eine spiegelglatte Fläche und die Bäume vor dem Aufstieg zum Gebirge wie steinerne Säulen.
    Kein Windhauch bewegte ihr Geäst. Zwei Tage lang hatte der Orkan gewütet, jetzt war er vorbei. Eine geradezu unheimliche Stille lag über der Landschaft rechts und links des Flusses.
    Allerhöchste Zeit, denn beunruhigende Botschaften kamen aus dem Reich des abtrünnigen Großneffen. Die Aufständischen würden sich zum Angriff sammeln, behaupteten Wyludas Spione. Allerhöchste Zeit für den Großen Kriegshäuptling, seine neuste Wunderwaffe einzusetzen.
    Der Mann im Raubkatzenfell stieg vom Turm herunter und eilte in den Gebäudeflügel, in dem der Luxuskerker des Sehers lag. Vor der Tür lauschte er, denn eine feierliche Stimme tönte aus dem Raum. »Im Bassin giert der schwärzliche Fisch. Über Grenzgemäuer stürz ich ins schleimige Nass. Ein Hungern lauert im faulenden Kot, ein tückisches Auge blitzt aus dem Nichts…«
    Wyluda bückte sich und spähte durch das Schlüsselloch.
    Seine beiden gefährlichsten Krieger hockten im Schneidersitz vor dem Lager des Sehers und lauschten dessen wahnwitzigem Geschwätz. Der Kriegshäuptling konnte es kaum fassen.
    »… wo sind meine Finger, wo mein armseliges Ohr! Eine Täuschung war das, nichts als Illusion und Schimäre! Ein Fisch…!«
    Wutschnaubend stieß Wyluda die Tür auf. Der Seher verstummte und hielt sich den Schädel. Die beiden Hünen fuhren erschrocken hoch.
    »Was faselt er da?«, blaffte Wyluda.
    »Wir wissen es auch nicht«, sagte der einäugige Loykass.
    »Er redet und redet und redet.« Woyzakk zuckte entschuldigend mit den Schultern.
    »Was faselst du da, Meister Haggard?« Wyluda packte den Seher bei den Schultern. »Ist das eine Geheimsprache?« Mit loderndem Blick sah der Große Kriegshäuptling sich um.
    »Klopft die Wände ab! Sucht nach Hohlräumen in der Decke und im Böden!« Die beiden Wächter standen auf und begannen die Zelle abzusuchen.
    »Es ist das Ding in meinem Schädel, das immer reden muss.« Der Seher blickte den Kriegshäuptling aus verzerrtem Gesicht an. »Schmerzmittel… gib mir Schmerzmittel!« Er stöhnte.
    »Erst wirst du arbeiten, Seher, dann gibt’s vielleicht wieder Schmerzmittel!« Der Kriegshäuptling trat zum Fenster, blickte nach oben, blickte nach rechts und links,

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