2164 - Kinder der Sterne
zu erledigen.
Arlos schlechtes Gewissen war eine drückende Last, als er sich auf den Weg zur Unterkunft machte, und entsprechend schleppend war sein Schritt.
Seine Eltern waren schon da. Porto Deangelis war gerade mit einem lecker duftenden Essen beschäftigt; er liebte es, eine Mahlzeit mit eigenen Händen vorzubereiten und auf die Hilfe der Servos zu verzichten. Fee Kellind saß an ihrem kleinen Arbeitstisch und brütete wohl an einem Kapitel ihres Mammutwerkes über die SOL. Diese harmonischen Momente liebte Arlo sehr, weil es sie nicht allzu oft gab. Seine Eltern waren viel beschäftigt, vor allem die Mutter. Ihre Pflichten als Kommandantin ließen kaum Freiraum, aber sie holte alles nach, wenn sie Zeit füreinander hatten, und beschäftigte sich intensiv mit Arlo. Der Junge nahm all seinen Mut zusammen und gab sich harmlos. „Hallo, wie schön, dass ihr schon da seid!"
„Ja, heute Abend haben wir frei", sagte sein Vater und stellte drei dampfende Teller auf den gedeckten Tisch. „Du kommst gerade recht zum Essen."
Als Fee Kellind sich am Tisch niederließ, betrachtete sie prüfend Arlos blau verfärbtes Auge, sagte jedoch nichts - vorerst nicht. „Was gibt es Neues?", erkundigte sich sein Vater bei Arlo. Der Junge zuckte mit den Achseln. „Nichts Besonderes. Das Übliche. Schule und ..."
„... eine kleine Schlägerei?", vollendete Fee anstelle ihres Sohnes den Satz und deutete auf das Veilchen. Arlo spürte, wie sein Gesicht heiß wurde. Warum musste man ihm das auch ansehen! „Das war vor der Schule. Gizzo macht immer Ärger!" Er berichtete, was vorgefallen war. Seine Eltern hörten schweigend zu. Ihre Gesichter drückten nichts aus, und Arlo wusste nicht, ob sie ihm zustimmten, dass er im Recht war, oder sein Verhalten missbilligten. „Und was war dann?"
„Was meinst du, Mama?"
„Nach der Schule."
„Oh, das, na ja, ich hatte eine Strafarbeit, zusammen mit Gizzo, wir mussten zu Zitonie ...", stotterte Arlo. „Ich habe das ganze Feld allein geschafft!
Seht mal!" Er zeigte seine Hände. „Morgen habe ich bestimmt Muskelkater."
„Dann bist du wohl stolz auf dich."
„Ich glaube, ich habe es ganz gut gemacht." Sie wurden unterbrochen, als ein Ruf für Porto Deangelis kam. „Immerhin konnte ich aufessen", brummte er. „Entschuldigt, ich muss doch noch einmal kurz in mein Arbeitszimmer. Es wird nicht spät."
Nachdem er gegangen war, lehnte Fee Kellind sich zurück. „Was soll ich nur mit dir machen, mein Sohn?"
„Bist du mir böse, Mama?"
„Nein, nicht böse. Enttäuscht. Wir haben schon einige Male über dein Verhalten gesprochen, und ich dachte, du hättest inzwischen begriffen, worum es geht.
Immerhin bist du kein so kleines Kind mehr."
„Es ist doch nur eine Strafarbeit", murmelte Arlo. Es gab viel Schlimmeres, das hatte er beim heimlichen Lauschen mitbekommen. Wieso nahm seine Mutter seinen kleinen Streit so wichtig, da es eine so große Gefahr gab? „Arlo, der Sinn der Strafarbeit besteht darin, dass du darüber nachdenkst, was du getan hast. Es gibt Regeln und Grenzen. Stell dir mal vor, jeder von uns würde das tun, was ihm gerade einfällt. Weißt du, was dann los wäre?"
„Ziemlich viel", vermutete Arlo. „Chaos", sagte seine Mutter. „Totales Chaos. Wie würde es dir gefallen, wenn du zum Essen heimkommst und keiner von uns wäre da?"
„Dann bestelle ich was bei der Robotküche."
„Die Automatik funktioniert nicht. Und der Leiter der Robotküche hat keine Lust, deine Bestellung anzunehmen."
„Ich warte eben so lange."
„Er hat Angelurlaub genommen und kommt erst in vier Tagen wieder."
„Dann ... müsst ihr mir helfen!"
„Wir sind aber auch im Urlaub." Arlo zog ein grimmiges Gesicht. „Aber das dürft ihr nicht! Ich bin euer Kind, dann müsst ihr auch ..."
„Genau das ist es", unterbrach seine Mutter. Sie ergriff seine kleinen Hände. „Verstehst du jetzt, was ich meine? Jeder von uns bekommt die größtmögliche Freiheit. Aber wir haben ebenso eine Aufgabe.
Wir reisen auf sehr begrenztem Raum durch das All, das bedeutet für jeden von uns eine enorme Verantwortung. Wenn wir keine Regeln aufstellen und keine Ordnung einhalten, wäre in kürzester Zeit unser aller Leben in Gefahr. Du musst einsehen, dass auch du deinen Teil beitragen musst. Durch Sorglosigkeit und Gedankenlosigkeit passieren die meisten und gefährlichsten Fehler an Bord eines Raumschiffes. Ich muss mich auf dich verlassen können, dir vertrauen, denn eines Tages kann mein Leben
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