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217 - Der Unsichtbare

217 - Der Unsichtbare

Titel: 217 - Der Unsichtbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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Blick in ihn bohren. Sah ihn der Efrant etwa? Er ging vorsichtig einen Schritt zurück. Tatsächlich beruhigte sich das Tier sofort wieder. Vielleicht konnte es ihn tatsächlich auf irgendeine Weise wahrnehmen, denn es blickte misstrauisch in seine Richtung.
    »Nicht ärgern, Bamboo. Du bekommst nachher das Doppelte. Versprochen.«
    Die Frau streckte die Hand liebevoll aus. Matt sah fasziniert zu, wie vorsichtig der Efrant seinen Rüssel neben dem zierlichen nackten Geschöpf bewegte. Zwischen diesen beiden musste eine ganz besondere Bindung bestehen. Runa schmiegte ihre Wange an die graue Elefantenhaut. Der Efrant trug einen schweren Haltegurt um den Bauch, der um den dicken Hals und die Vorderbeine herum von einem dünneren Lederband stabilisiert wurde, damit er nicht verrutschte. An diesem Gurt waren mehrere Säcke übereinander befestigt. Es waren sechs Stück auf jeder Seite.
    Runa sah traurig aus. Ihre vollen dunklen Lippen flüsterten tröstende Worte. »Wir werden es gar nicht mehr spüren, haben sie gesagt. Es wird schnell gehen. Wie ein Blitz geht der Funke von Schnur zu Schnur, und dann werden wir die Feste zum Wanken bringen und unsterblich sein.«
    Matt wusste aus einem Bericht der CIA, dass in den islamischen Ländern im zwanzigsten Jahrhundert Kamelbomben anstelle von Autobomben verwendet worden waren. Konnte es sein, dass er es hier mit einer Efrantenbombe zu tun hatte? An den Säcken hingen noch keine Schnüre, aber konnte Runa etwas anderes gemeint haben als Zündschnüre? Waren die Säcke mit Pulver gefüllt?
    Eine solche Menge an Schwarzpulver löste sicher eine gewaltige Explosion aus. Damit konnte man in einer Festung großen Schaden anrichten. Er dachte an die hölzerne Karte des Anführers Kawai, die zwischen ihm und seinem General auf den Boden gelegen hatte.
    Sie haben mit Hilfe der Spionin eine Schwachstelle entdeckt und wollen die gesamte Festung zum Einsturz bringen.
    Matt nickte zufrieden. Das war eine Information, die die Freilassung seiner Freunde wert war. Er riss sich vom Anblick der schwarzhäutigen Frau mit dem Efranten los und machte sich mit dem Einbruch der Dämmerung auf den Rückweg.
    ***
    Es war so still in der Hütte der Dokktress, dass man die Geräusche vom großen Platz hören konnte, auf dem sich die Kinder balgten. Oree starrte seine Mutter fassungslos an. Er sollte was? Er sollte Kaiser de Rozier mit seinen Kriegern sicher über den See bringen? Warum hatte bisher niemand ihm gegenüber erwähnt, dass der Weiße mit der Schulterwunde der Kaiser des Ostens war? »Dieser schmächtige weiße Pfahl ist der legendäre Kaiser?«
    »So ist es, und wir werden ihn gehen lassen. Ich habe es mit dem Geist so vereinbart, und einen Geist betrügt man nicht«, entgegnete Iranda. »Buran wird den Geist heute an deiner statt an der Brücke abholen, und du bringst den Kaiser und den Hexenmeister in das Ostreich. Der Geist wird den beiden mit unserer Hilfe nachreisen, wenn er den Auftrag erfüllt hat. Anscheinend liegt ihm viel daran, dass sein Herr, der Kaiser, so schnell wie möglich in sein Reich zurückkehrt.«
    »Und du vertraust diesem Dämon?«
    »Ich hätte es gespürt, wenn er lügt, und du auch. Außerdem ist Waluk froh, wenn diese unheimlichen Gäste endlich fort sind. Er hat letzte Nacht kein Auge schließen können.«
    Das war ein Zustand, den Oree dem fetten Häuptling gönnte: erstarrt vor Angst wegen eines Geistes und ein paar Fremder. Oree war sich nicht sicher, was dahinter steckte, aber er hatte weit weniger Angst vor übernatürlichen Dingen als Waluk. Vielleicht weil er irgendwann beschlossen hatte, vor nichts mehr Angst zu haben.
    »Gut.« Ein grimmiger Ausdruck trat in seine Augen. »Wenn du diesem Geist dein Wort gegeben hast, werde ich es tun. Ich bringe den Kaiser und diesen grauhaarigen Hexenmeister über den See.«
    Seine Mutter nickte zufrieden.
    In Oree war fieberhafte Erregung. Er dachte unentwegt an die Worte des Khaan: »Ein Luftschiff ist nicht genug, um deine Schwester im Austausch zu erhalten. Dafür müsstest du mir schon den Herrn der Wolkenstädte persönlich bringen.«
    Er hatte nicht vor, den Wünschen seiner Mutter und des Häuptlings zu entsprechen.
    Entschlossen trat er zu seinen Kriegern und gab ihnen neue Anweisungen im Namen von Waluk. Dann ließ er die Gefangenen holen und brachte sie auf das Größte der Fischerboote. Es war eine mächtige stabile Barke, die dem See und seinen Ungeheuern schon oft getrotzt hatte.
    »Orna«, flüsterte er

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