217 - Der Unsichtbare
lag der zusammengekrümmte Fara.
»Er ist tot«, stellte Santuu zufrieden fest.
Der Khaan lächelte. Die Dinge entwickelten sich ganz so, wie er es sich wünschte. »Und wie ist es mit dem Gerät, das du gerade erkundest? Können wir es bald einsetzen?« Santuu hatte ein Gerät der Alten entdeckt, mit dem man sich Nachrichten schicken konnte, ohne einander zu sehen.
»Auch das ist auf einem guten Weg, mein Herr. Ich werde es weiter erforschen und bin sicher, bald einen Durchbruch zu erzielen.«
»Schön.« Shahruuk warf einen letzten Blick auf den Toten in der Grube. »Die Induu werden Afra in ein neues Zeitalter katapultieren, mein Freund. In ein besseres Zeitalter. Dafür ist jedes Opfer nötig.« Er verließ das Labor. Er war vorbereitet. Die Fara konnten kommen.
***
Matt wurde von Oree auf einem Boda-Boda in die Nähe des feindlichen Lagers gefahren. Es war nicht leicht gewesen, Iranda zu vermitteln, dass ein Geist und Dämon ein Motorrad brauchte, um größere Strecken zurückzulegen, und Matt hoffte, dass es ihn nichts von seinem Nimbus gekostet hatte.
Sie überquerten eine breite steinerne Brücke, die über einen Nebenarm des Lukuu führte, und kamen unterhalb von Fort Agraa heraus. Von einem Berg aus konnten sie das Lager sehen. Es lag mitten im tief grünen Wald, auf einer Lichtung, die durch das Fällen einiger Mammutbäume vergrößert worden war.
Oree wies auf die Ansammlung von Zelten aus Tierhäuten. »Näher heranzugehen wäre gefährlich für mich. Du wirst dich beeilen müssen, Geist, denn das Lager zieht bald weiter. Sie bewegen sich langsam aber unaufhaltsam auf Fort Agraa zu, die Feste des Khaan. Dort werden sie in den Geschossen und Geschützen der Männer auf den Brüstungen und des Achteckturms vergehen…«
Matt drang in Orees Geist ein, der ebenso wie seine Mutter die Gabe hatte. Ich werde morgen um diese Zeit an der Brücke sein.
Oree nickte mit geschlossenen Augen. »Gut. Und belüge mich nicht, denn ich würde es merken – Dämon.«
Wie ein Dämon fühlte sich Matt wirklich nicht, und er ging schnell ein paar Schritte zur Seite, um Oree nicht zu viel über sich und seine Situation preiszugeben. Während der Krieger in dem braunen Lendenschurz sich auf das Motorrad schwang, marschierte Matt los.
Er hätte gerne gewusst, ob er sich auch schneller bewegen konnte, doch das schien nicht zu funktionieren. Er war durchaus an den Ort gebunden, an dem er sich befand. Sein Körper war noch im Raum, aber doch irgendwie… neben der Zeit. Eine sonderbare Vorstellung. Ob die Tachyonen sich wie eine Schicht um ihn gelegt hatten und jeden Blick – auch seinen eigenen – in die Zukunft lenkten? Oder waren sie in sein Blut eingedrungen, hatten jede Zelle, jedes Mitochondrium infiltriert? Und das Wichtigste: Würden die Tachyonen sich von selbst wieder abbauen, wenn er eine weitere Dosis vermied?
Wie lange würde das dauern? Monate? Jahre? Oder vielleicht überhaupt nicht?
Matt zerbrach sich auf dem langen Fußmarsch den Kopf. Zumindest war er in der jetzigen Situation klar im Vorteil: Er marschierte auf ein feindliches Heer zu und konnte fest damit rechnen, nicht aufzufallen. Für eine Weile unsichtbar zu sein könnte sogar Spaß machen. Matt vertrieb den kindischen Gedanken.
Das Lager war nur provisorisch eingerichtet. Es gab keinen Zaun, der es umgab. Dafür wimmelte es von Menschen. Wild aussehende Krieger mit Körperbemalungen und kleinen Knochen als Nasenpiercings liefen mit Speeren zwischen den sauber geordneten Zeltreihen entlang. Sie waren kompakt, zäh und Furcht einflößend. Die schwarze Haut über ihren harten Muskeln glänzte, als sei sie mit Öl eingerieben. Im Gegensatz zu Waluk und seinen Leuten hatte er es hier tatsächlich mit Kriegern zu tun.
Das Heer war groß, Zeltreihe stand an Zeltreihe, und Matt hörte das Brüllen von Efranten. Es waren gut fünfhundert Mann, die da in die Schlacht zogen, und Matt fragte sich langsam, wie mächtig der Khaan sein musste. Er ließ diese Armee vor seiner Festung aufmarschieren, ohne sie vorher zu dezimieren, und Oree war überzeugt davon, dass er sie auch vernichtete. Welche Waffen hatte dieser Mann?
Matt ging unbemerkt an Lagerfeuern vorbei, über denen Suppen brodelten und Tsebras gebraten wurden. Die Fara waren gut organisiert. Um das mächtige Zelt des Anführers standen zehn Wachen. Matt kam plötzlich der Gedanke, dass er die Abkürzung FAR aus seiner Militärlaufbahn kannte: Forces Armées Rwandaises. Es war der Name der
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