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2194 - Der Vierte Inquisitor

Titel: 2194 - Der Vierte Inquisitor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sinken.
    Schwärze hüllte ihn ein, stülpte sein Innerstes nach außen und riss es mit sich.
    Auch Jattuja Jattu hielt den Strahler auf die Sänfte gerichtet. Und auch sie drückte nicht ab.
    Die dunkle Wolke hüllte sie ein, kitzelte sie, vibrierend, lockend. Neuroelektrische Entladungen rasten vom Rücken durch alle Nervenfasern ihres Körpers.
    Dieses Körpers, den sie nicht mochte. Mit dem sie seit der Pubertät nicht zurechtkam. Das unnütze Fleisch, hinter dem sie sich einstmals versteckt hatte und in dem sie nun gefangen war.
    Was hätte sie denn werden sollen mit diesem Körper? Vielleicht ein Fotomodell?
    Selbst als Kindergärtnerin war sie schief angeschaut worden, und die Dreijährigen hatten über sie gespottet, wenn sie sich unbeobachtet glaubten. Übergewichtig, unwuchtig, die personifizierte Unform.
    Schließlich hatte sie sich für die Raumflotte beworben. In der Schwerelosigkeit, so hatte sie gehofft, würde all das Fett nicht so ins Gewicht fallen.
    Erstaunlicherweise wurde sie genommen. Wegen der guten Testergebnisse, der hohen Belastbarkeit in Extremsituationen. In einem SERUN zählte das Hirn, nicht der Hintern, sagten sie.
    Nur dass die Raumfahrer genauso schnell hin- und wieder wegsahen, wenn sie ihre Leibesfülle in die Cafeteria schob, wie die Männer auf den Planeten.
    Als guter Kumpel, ja, als das ging sie durch. Als Ersatz für die große Schwester. Die für jedes Wehwehchen Verständnis zeigte. Die man bedenkenlos fragen konnte, ob man der angebeteten, schlanken Blondine einen Blumenstrauß mitbringen sollte oder doch lieber gleich transparente Unterwäsche.
    Jattuja, die sich all das und mehr geduldig anhörte. Die Stütze, der Prellbock, der ruhende Pol. Die Mutter der Kompanie.
    Und dabei verkannten sie alle. Sie war nicht zufrieden und ausgeglichen. Sie war nur träge; und verschlossen, eingesperrt in diesen Körper, aus dem sie nie und nimmermehr herauskonnte.
    Außer, wenn sie die Einladung annahm, die von der Sänfte ausging.
    Die dunkle Wolke redete nicht zu ihr. Das Wesen, das sie aussandte, war kein Telepath. Aber es kannte das Leid, und es versprach Erlösung. Erleichterung, im wahrsten Wortsinn.
    Jattuja verließ ihren Körper und gab sich der Wolke hin.
    Gangolf W. Kerzen verschlug es die Sprache, als sich die kühlen, nachtschwarzen Schleier um ihn legten.
    Jählings fehlten ihm die Worte, die sonst immer seine Verkleidung gebildet hatten, seine Tarnung.
    Auch vor sich selbst - doch jetzt erkannte er, wer er wirklich war.
    Ein Nichts. Schlimmer: eine Peinlichkeit.
    Hatte er wirklich ernsthaft geglaubt, irgendjemand mit seiner Eloquenz beeindrucken zu können? Mit seiner so genannten Kreativität, die sich in einer endlosen Abfolge dummer Ideen und kindischer Witzchen erschöpfte?
    Sein angeblich selbstloser Dienst an der Gemeinschaft, sein ehrenamtliches Engagement beim Bordpsychologischen Hilfsdienst fußte auf nichts als Eitelkeit. „Ehrenamtlich", o ja - weil er insgeheim um Ruhm und Ehre buhlte, um Ämter und Würden, die er auf anderem Wege nicht erreichen konnte.
    Und dabei lachten sie ihn aus. Wie sie immer gelacht hatten. Er hatte sie sogar noch bestärkt darin, hatte ihnen von klein auf den Clown gemacht, den Klassenkasper, den Trottel vom Dienst.
    Wer nicht das Zeug zum Helden hat, muss eben Komiker werden.
    Applaus bekam er durchaus für seine Sperenzchen, manchmal wenigstens; Anerkennung: nie. Und hinterher, allein im stillen Kämmerchen, schämte er sich für den Unsinn, den er verzapft hatte.
    Die schwarzen Schleier, die ihm die Sprache geraubt hatten, gaben sich damit nicht zufrieden.
    Gangolf spürte, dass er nur noch ein kleines bisschen nachzugeben brauchte, und die Schleier nahmen ihn ganz. Brachten ihn dorthin, wo es weder Zeit noch Raum gab und vor allem weder Scham noch Peinlichkeit.
    Denn das Paradies oder besser Nirwana war der Ort, an dem keine Witze erzählt wurden.
    Mutlosigkeit und Pessimismus überwältigten Reca angesichts der Sänfte, in der sie den Inquisitor wusste.
    Sogleich sah sie ein, welche Vermessenheit, welch frevelhafte Selbstüberhebung ihr Vorstoß in die Festung darstellte. Wer waren sie, sich anzumaßen, der Raumgigant stünde eher ihnen zu als den Inquisitoren der Vernunft?
    Gegenüber Wesen mit solcher Geistesmacht konnte sie sich trotz ihrer Größe und Körperkraft unmöglich behaupten.
    Sie wollte auf die Knie sinken, doch sie vermochte sich nicht zu bewegen. Eine nasskalte, schwarze Lähmung hatte ihre Glieder

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