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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sprach:
    „Du weißt es nicht; aber ich stehe hier über dir, über jedem, der da kommt. Ich habe diesen Platz zu bewachen.“
    „Warum?“
    „Weil ich die Mörder des Muhassil fangen will.“
    „Welches Muhassil?“
    „Omar Iraki.“
    „Wallah! Ist er ermordet worden?“
    „Ja.“
    „Von wem?“
    „Von Hafis Aram und seinem Weibe.“
    „Chodeh, Chodeh!“ rief da ‚das Kind‘ erschrocken aus.
    „Kennst du Hafis Aram?“ fuhr der Offizier fort.
    „Nein“, antwortete Kara.
    Dann schwang er sich vom Pferd. Sein Interesse war erwacht. Er gedachte dessen, was Tifl ihm erzählt hatte, und es stieg eine Ahnung in ihm auf, daß sich hier ein Ereignis vorbereite, in welches er vielleicht nützlich eingreifen könne. Und mit der Bedachtsamkeit, die weit über seine Jugend ging, ließ er ein interessiertes Lächeln über seine Züge gleiten und sagte:
    „Eine Mordtat ist begangen worden! An einem Muhassil! Das ist eine schreckliche Tat! Kann man erfahren, warum und wie sie geschehen ist?“
    „Ja. Ich werde es dir erzählen. Aber vorher mußt du mir sagen, woher du kommst und wohin zu willst.“
    „Aus welchem Grund willst du das wissen?“
    „Weil du von jenseits gekommen bist, aus dem Gebiete der Dschamikun. Ich sage dir, daß ich es auf sie abgesehen habe! Du aber bist ja kein Dschamiki, sondern ein Haddedihn aus der Dschesireh.“
    Da machte Kara eine stolze wegwerfende Handbewegung und fragte:
    „Hafis Aram hat den Muhassil ermordet?“
    „Ja.“
    „Er ist der Scheik der Kalhuran?“
    „Ja.“
    „Sein Weib ist Dschamikeh?“
    „Ja. Sie hat den ersten Schuß auf den Ermordeten getan. Wir stehen also in Blutrache mit den Dschamikun. Nun sage mir, woher du kommst!“
    Es war ein sehr ruhiges und überlegenes Lächeln, welches sich über Karas Lippen legte, als er antwortete:
    „Ich sage es dir gern. Hier dieser mein Begleiter kommt mit mir von dem hohen Hause des Ustad. Er ist ein Dschamiki, und ich bin Gast der Dschamikun. Sie und ich, wir sind eins. Was sie tun, verantworte auch ich. Eure Blutrache trifft also auch meine Person!“
    Da trat der Perser noch einen Schritt von ihm zurück und rief erstaunt aus:
    „Kara Ben Halef – so nanntest du dich?“
    „Kara Ben Hadschi Halef, ja!“
    „Also, Kara Ben Hadschi Halef, bist du bei Sinnen?“
    „Warum diese Frage?“
    „Siehst du nicht, daß wir zwanzig Personen gegen euch beide sind? Das genügt doch wohl!“
    „Aber es ist falsch! Richtiger ist, daß wir zwei Personen gegen nur zwanzig sind. Das genügt doch besser!“
    „Du bist toll, wirklich toll! Hättest du nicht verschweigen können, daß du Gastfreund der Dschamikun bist?“
    „Ja, ein anderer hätte das wohl getan.“
    „Warum nicht du?“
    „Aus zwei Gründen: Erstens sage ich niemals eine Lüge, selbst wenn sie mir das Leben retten könnte. Und zweitens fürchte ich mich nicht vor euch. Wie ihr von mir denkt und was ihr von mir wollt, das ist für mich von keiner großen Wichtigkeit; die Hauptsache ist, daß ich mich vor mir selbst schämen müßte, wenn ich euch die Unwahrheit gesagt hätte. Und wenn ein Mensch sich selbst verachten muß, so ist dies das Allerschlimmste, was ihm im Leben geschehen kann.“
    Der Offizier schaute ihn eine ganze Zeitlang an, ohne ein Wort zu sagen. Dann fragte er:
    „Du sagst niemals eine Lüge?“
    „Nie!“
    „Auch nicht in der Not?“
    „Nein. Es gibt keine Not, welche die Lüge rechtfertigt, denn die Lüge ist die größte und entsetzlichste Not, an der die Menschen leiden!“
    „Aber deine Aufrichtigkeit wird euch euer Leben kosten!“
    „Du irrst!“
    „Ich irre? Du bis zweifellos verrückt!“
    Und sich an seine Leute wendend, fuhr er fort:
    „Ihr habt es gehört. Da steht ein Mensch, ein junger Mensch, der niemals eine Lüge sagt, selbst wenn es ihm das Leben kosten sollte. Was sagt ihr dazu?“
    Ein allgemeines Gelächter war die Antwort.
    „Ich lache ebenso wie ihr“, stimmte er ihnen bei. Dann drehte er sich wieder nach Kara um: „Ihr seid natürlich unsere Gefangenen. Eure Pferde gehören uns!“
    „Versuche es, sie dein zu nennen!“
    „Ich brauche es nicht zu versuchen, denn ich habe es bereits getan. Wir bringen hier die größte Beute heim, die jemals gemacht worden ist! Du, Knabe, bist der allerdümmste Kerl, den es auf Erden gibt! Dieser deiner Dummheit darf ich beantworten, was du mich vorhin fragtest. Setze dich!“
    Er deutete auf einen Stein, der neben Kara lag. Dieser ließ sich auf ihn nieder. Dies schien

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