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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gehorsam zu sein. Auch Tifl war von seiner Stute gestiegen. Er trat zu Kara und setzte sich neben ihm auf den Boden nieder. Die Soldaten umringten die Pferde, um ihre bewundernden Bemerkungen über diese ebenso unerwartete wie unschätzbare Beute zu machen. Der Offizier aber sprach zu Kara weiter:
    „Du hast also den Muhassil Omar Iraki nie gesehen?“
    „Nie“, antwortete der Gefragte.
    „Er war ein Herr, der einen starken Willen hatte. Kein Steuerverweigerer konnte ihn widerstehen. Daher wurde er überall hingesandt, wo andere vor ihm nichts erreicht hatten. So kam er auch zu den Kalhuran, den räudigen Hunden, welche nicht zahlen wollten. Grad hundert Reiter waren bei ihm, welche von den Verweigerern als treue Gäste aufgenommen und verpflegt werden mußten. Nun waren nicht nur die Steuern, sondern auch unsere Löhne zu bezahlen. Die Schuld wurde von Tag zu Tag größer. Wir nahmen erst nur die Wolle, dann auch die Schafe selbst. Das reichte nicht. Wir griffen natürlich auch nach den anderen Herden. Da rotteten sich die Hunde zusammen, um uns zu widerstehen. Der Muhassil ließ den Scheik Hafis Aram ergreifen und zu sich in das Zelt bringen. Dort wurde er gepackt, niedergeworfen und zu den Füßen des Muhassil festgehalten. Dieser verlangte Geld. Der Scheik behauptete, keines zu haben. Da drohte der Muhassil mit der Peitsche. Hafis Aram aber leugnete fort. Da begann der Muhassil, ihn zu züchtigen, mit eigener Hand, denn er war ein sehr starker Mann, der die Peitsche zu führen verstand. Der Scheik wollte sich losreißen, aber acht Hände hielten ihn am Boden fest. Da war er still. Er nahm die Hiebe auf sich, ohne eine Klage, einen Laut hören zu lassen. Aber seine Augen waren unheimlich starr auf den Muhassil gerichtet, ohne daß er diesem auf seine bei jedem Schlag wiederholte Frage nach dem Geld eine Antwort gab. Was sagst du zu solcher Hartnäckigkeit, Kara Ben Hadschi Halef?“
    „Wißt ihr, was es heißt, einen freien Beduinen zu peitschen? Den Scheik eines ganzen Stammes?“ fragte Kara.
    „Was soll es weiter heißen, als daß er eben Prügel bekommt? Auch wir alle, die wir jetzt in des Beherrschers Diensten stehen, sind von freien Eltern geboren worden. Haben wir uns etwa dadurch, daß wir den Ungehorsam zwingen, die Gesetze zu erfüllen, in verächtliche Sklaven verwandelt? Stehen wir nicht im Gegenteil höher als die Widerspenstigen? Scheik Hafis Aram wäre ganz gewiß von dem Muhassil erschlagen worden, und zwar mit vollstem Recht, wenn ihm nicht eine so ganz unerwartete Hilfe gebracht worden wäre, daß wir alle vor Überraschung versäumten, ihr zu widerstehen. Rate, von wem sie kam!“
    „Ich rate nicht. Sage es!“
    „Sie wurde dem Scheik von seinem Weib gebracht, der Dschamikeh, welche Allah verdammen möge! Sie haßte und fürchtete den Muhassil. Als sie, von einem Gang zurückkehrend, vernahm, daß er ihren Mann habe holen lassen, wurde sie von ihrer Angst herbeigetrieben. Sie lauschte am Zelt, vor dem kein Wächter stand. Sie hörte die Streiche, welche fielen. Da trat sie ein. Sie sah, was geschah, und sprang zum Muhassil hin, um seinen Arm festzuhalten.
    ‚Herr, du schlägst einen freien Moslem?‘ schrie sie ihn an. ‚Keinen Hieb weiter!‘
    Er riß sich von ihrer Hand los, gab ihr selbst einen Schlag und dann dem Scheik einen zweiten. Da sprang sie zum Sufra (Niedriges, orientalisches Tischchen), auf welcher die zwei geladenen Pistolen des Herrn lagen. In der Kürze eines einzigen Augenblickes hatte sie die eine ergriffen, gespannt, auf ihn gerichtet und schoß ihm die Kugel in die Brust. Er war nicht sofort tot, griff, indem er die Peitsche fallen ließ, mit den Händen nach der Wunde und stieß einen Schrei aus. Dann begann er, zu wanken. Wir eilten zu ihm, um ihn zu halten. Die vier Männer, welche den Scheik festhielten, erschraken ebenso wie wir. Sie ließen ihn los und sprangen auf, nur für den Muhassil besorgt. Da schnellte sich Hafis Aram empor, riß die zweite Pistole von der Sufra, jagte dem schon Verwundeten die Kugel in die Stirn und rief:
    ‚So zahlt man Peitschenhiebe heim!‘
    Hierauf ergriff er die Hand seines Weibes und riß sie mit sich fort, zum Zelt hinaus. Der Muhassil glitt in unseren Händen tot zur Erde nieder. Wir hatten nur Augen für ihn. Darum konnten die beiden so schnell entkommen. Aber ich faßte mich doch bald und eilte fort, um sie ergreifen zu lassen. Da traf ich den Suari juzbaschysy (Rittmeister). Einige Worte genügten, ihn zu unterrichten.

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