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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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allen Dingen nach eurer Liebe suchen. Ich brauchte dazu keine lange Zeit. Ein kurzer Besuch genügte. Meine Augen sind scharf. Es entgeht ihnen nichts! Ich nahm mir vor, euch zu – – –“
    Hier hielt er inne. Er hatte wohl etwas sagen wollen, was er nun mitten im Satz als eine Unvorsichtigkeit erkannte. Dann sprach er weiter, immer nur im Ich:
    „Ich kam zu den Kalhuran. Ich hörte, was dort geschehen war. Ich erfuhr, daß die Mörder zu euch seien. Ich sah eure Boten und sprach mit ihnen. Ich richtete es so ein, daß wir eher wieder abritten als sie. Ich erfuhr, daß ihr den Mördern des Muhassil Schutz gewährt. Ihr fürchtet euch nicht, dies zu tun. Ist das die gewöhnliche Liebe, die kein Opfer bringt? Auf alle Fälle aber war es kühn von euch! Ich hörte von euren fremden Gästen. Ihr habt sie aufgenommen und wochenlang gepflegt. Die Krankheit war ansteckend, außerordentlich gefährlich für euch. Ist das die Liebe, die kein Opfer bringt? Wir kamen hier an. Ich sah euer Hohes Haus, euer Beit-y-Chodeh. Ich hörte eure Musik und eure Lieder. Ich spreche nicht davon. Dieses Geplärr ist mir zuwider! Ich redete mit diesem lächerlichen Tifl. Das ‚kleine Kind‘ ließ mich auf die Erwachsenen schließen. Was ich noch sah und hörte, wißt ihr selbst. Es war und ist und bleibt genug für mich! Und nun – nun – nun?“
    Er schaute zum Tempel hinab und dann hinüber, rund um das ganze Tal. Seine Augen leuchteten. War das Wohlgefallen oder Mißfallen? Man sah es ihm nicht an. Hierauf ließ er den Blick im Kreis über die ganze Dschema gehen. Seine Hand fuhr nach den Augen und legte sich über sie. Kam der tief aufseufzende Atemzug, den man jetzt hörte, aus seinem Mund? Er hatte einen Rundblick über das Paradies der Dschamikun gehalten. Tauchte jetzt, bei zugehaltenen Augen, in seinem Innern das Bild eines anderen, noch herrlicheren auf?
    Als er die Hand nun wieder fallen ließ, kam es mir vor, als ob seine Wange plötzlich eingefallen und bleicher sei. Der dunkle Bart zuckte um seine Lippen, und seine Stimme zitterte leise, indem er das Wort von neuem ergriff:
    „Wäre euer Ustad hier, so würde ich ihm auch ein Märchen erzählen, nicht aus ‚Tausend und eine Nacht‘, auch nicht aus seinem ‚Tausend und ein Tag‘, sondern aus ‚Tausend und eine Qual‘. – – – Es gibt einen, den ich glühend, glühend hasse. Und wahrlich, wahrlich, ich weiß, daß es ihn gibt! Und es gibt ein Buch, welches ich vernichten möchte, daß kein Blatt, keine Zeile, kein Buchstabe übrigbliebe! Dieses Buch sagt von diesem einen: ‚Tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist.‘ Würde ich einem Menschen gebieten, ein Buch über mich, mich, mich zu schreiben, so müßte darin zu lesen sein: ‚Tausend Qualen sind vor dir wie ein Lächeln – – – wenn sie vergangen sind!‘ Aber diese eine, eine, letzte, die nach den tausend früheren kam, sie ist die fürchterlichste, die entsetzlichste, die unbeschreiblichste, weil sie niemals, niemals, niemals enden wird. Sie muß ewig sein, weil jener eine, eine ewig ist!“
    Er beugte den Kopf und stand zusammengesunken da, als ob er zusammenbrechen wolle. Da aber richtete er sich plötzlich wieder auf und sprach in wieder energischem Ton:
    „Rückblicke, wo doch niemand je zurück kann! Weder der Mensch, noch der Teufel, noch die Hölle! Ich komme zum Schluß. Ich mache euch einen Vorschlag. Ihr sollt ihn hören. Anzunehmen braucht ihr ihn heut noch nicht. Ich gebe euch Zeit bis zum Tag des Wettrennens. Da sollt ihr mir sagen, was ihr beschlossen habt. Also hört!“
    Unweit von uns saß Tifl mit einigen Männern, mit denen er sich unterhielt. Pekala, welche jetzt nicht mehr mit Speiseangelegenheiten beschäftigt war, hatte sich zu ihnen gesellt. ‚Das Kind‘ schaute soeben zu uns herüber. Da winkte der Perser ihm zu, näherzukommen, und setzte dann seine Rede fort:
    „Ihr seht mich heut zum erstenmal. Auch mein Name war euch bisher unbekannt. Ihr wißt also nicht, wer und was ich bin, werdet es aber erfahren, sobald ihr meinen Vorschlag angenommen habt. Ich bin der oberste derer, durch welche man mit dem Schah-in-Schah verkehrt. Meine Freundschaft kann selig machen, und meine Feindschaft kann verdammen. Das ist mein altes Recht, welches ich mir nicht nehmen lasse. Wer es antastet, richtet sich zugrunde. Euer Ustad hat sich an diesem Recht vergriffen. Ich sollte ihn wohl eigentlich verderben. Die Macht dazu ist in meinen Händen. Aber er

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