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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Anführer wieder zuwendend, fuhr er fort: „Die letzte und allergrößte unserer Taten geschieht eben jetzt, indem wir dir begegnen. Wir stehen grad im Begriffe, zwölf Schurken, welche uns ausgeraubt haben, zu verfolgen, zu ergreifen, zu richten und zu bestrafen!“
    Nafars Gesicht zeigte einen zwar undefinierbaren, aber leicht erklärlichen Ausdruck, als er hierauf fragte:
    „Man hat euch ausgeraubt?“
    „Ja. Das siehst du doch!“
    „Ihr habt keine Pferde?“
    „Nein. Oder siehst du welche?“
    „Waren die Räuber beritten?“
    „Ja.“
    „Und dennoch wollt ihr sie verfolgen?“
    „Natürlich! Es kann uns doch gar nicht einfallen, sie entkommen zu lassen.“
    „Und ihr glaubt, sie einholen zu können?“
    „Ganz gewiß!“
    „Etwa mit euren Beinen? Auf diesen euren Füßen?“
    „Fällt uns auch nicht ein!“
    „Wie denn?“
    „Ganz selbstverständlich auf den Füßen eurer Pferde!“
    „Maschallah! Ihr glaubt, daß wie euch helfen werden?“
    „Es wäre uns wohl lieb, wenn ihr es tätet, aber unbedingt notwendig ist es nicht. Wir brauchen zwei Pferde, zwei Gewehre, zwei Messer, zwei Fez', zwei Haïks (Mäntel) und Pulver und Blei. Das kaufen wir euch ab.“
    „Du sprichst sehr kurz und bestimmt. Könnt ihr denn dies alles bezahlen?“
    „Sogleich freilich nicht; aber ich bin Hadschi Halef Omar, der Scheik der Haddedihn, und wenn ich mein Wort gebe, daß ich sogar den doppelten Preis zahlen werde, so frage ich: Wer wagt es, zu behaupten, daß ich es nicht halten werde?“
    „Niemand. Ich glaube dir. Aber ich habe euch noch nie gesehen, und ich besitze keinen Beweis, ob ihr wirklich die berühmten Männer seid, deren Namen du genannt hast. Es ist also ein ganz besonderer Handel, auf den ich mit dir eingehen soll. Erlaube uns, o Scheik der Haddedihn, daß wir von unseren Pferden steigen, um uns von dir erzählen zu lassen, von wem und in welcher Weise der Raub an euch begangen worden ist.“
    Das klang so vernünftig und so hilfsbereit. Daß er vorher gesprächsweise prüfen wollte, konnten wir ihm nicht im geringsten übelnehmen. Die Dinarun stiegen von ihren Tieren und setzten sich, einen Halbkreis bildend, nieder. Wir nahmen vor ihnen Platz, und dann begann Halef zu erzählen. Er tat dabei alles mögliche, unsere Unvorsichtigkeit zu entschuldigen und die an uns begangene Missetat ins grellste Licht zu stellen. Als er geendet hatte, richtete der Anführer die Frage an ihn:
    „So wißt ihr also nicht genau, wer diese Menschen gewesen sind?“
    „Nein“, antwortete Halef.
    „Auch nicht, wo sie wohnen?“
    „Auch nicht.“
    Da ging ein breites, frohes Lächeln über das dunkle, bärtige Gesicht Nafars, und er sagte:
    „Wie gut für euch, daß ihr uns begegnet seid! Was ihr nicht wißt, das könnt ihr von uns erfahren.“
    „Von euch?“ fragte Halef schnell. „Wißt ihr denn etwas über diese Halunken?“
    „Ja“, nickte der Anführer.
    „Was und woher?“
    „Wir sind ihnen ja begegnet!“
    „Ihr? Ihnen? Begegnet?“ rief Halef aus, indem er aufsprang. „Hamdullillah! Das ist ja ganz so gut, als ob wir sie schon hätten! Wo und wann ist das geschehen?“
    „Um die Mittagszeit, im Nordosten von hier. Ich weiß die Stelle ganz genau. Und da ihr Hadschi Halef und Kara Ben Nemsi seid, so bin ich gern erbötig, euch die Hilfe unseres ganzen Lagers anzubieten. Ja, es stimmt: Es waren zwölf Personen, aber zwei von ihnen schienen krank oder verwundet zu sein – – –“
    „Der vom Pferd Abgeworfene und der vom Pferd Geschlagene!“ unterbrach ihn Halef.
    „Eure beiden Rappen wurden an den Zügeln geleitet. Es saß niemand auf ihnen, und erst jetzt fällt es mir ein, daß sie sehr aufgeregt zu sein schienen.“
    „Habt ihr mit den Leuten gesprochen?“
    „Nein. Sie schienen das nicht zu wünschen und ritten, nur kurz grüßend, an uns vorüber. Später sahen wir einen zusammengebundenen Gegenstand an der Erde liegen. Es ist möglich, daß sie ihn verloren haben, aber keineswegs gewiß, denn wir haben nicht auf ihre Fährten geachtet und wissen also nicht, ob er auf ihren Spuren lag. Nachdem wir aber euch hier getroffen und erfahren haben, was euch geschehen ist, so vermute ich, daß die darin befindlichen Sachen euch gehören. Wir öffneten natürlich das Paket und haben also gesehen, was es enthält. Es scheint alles zu sein, was euch an eurer Kleidung fehlt.“
    Er winkte einem seiner Leute, welcher das Bündel vom Packsattel löste, um es herbeizutragen, zu öffnen und dann

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