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220 - Die Reise nach Taraganda

220 - Die Reise nach Taraganda

Titel: 220 - Die Reise nach Taraganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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erfolgreich?«
    »Klaro.« Heinz-Mourad schnalzte mit der Zunge. »Ob Sie’s glauben oder nicht, Sie wohnt im Hyatt Regency.«
    Ostwald richtete sich auf. »Machen Sie keine Witze.« Er suchte nach seinen Zigaretten.
    »Mach ich nicht.« Heinz-Mourad lachte. Dann änderte sich sein Tonfall, und er fügte hinzu: »Es geht ihr nicht gut. Sie wurde gestern Nacht in ein Krankenhaus verlegt.«
    Ostwald war sofort hellwach. »In welches? Um welche Zeit? Was fehlt ihr?«
    »Mein Kontaktmann arbeitet beim Room Service. Er hat nur gesehen, dass sie abgeholt wurde. Es war etwa ‘ne Stunde nachdem Sie bei mir eingestiegen sind.«
    »Wo sind Sie gerade?«
    »In meinem Wagen, vor der Tür.«
    »In zehn Minuten bin ich unten. Schnappen Sie sich bis dahin jemanden, der etwas Näheres weiß.«
    »In diesem teuren Laden sind die Leute an der Rezeption sehr diskret.«
    »Fragen Sie einen untergeordneten Dienstgrad; wenn nötig, schmieren Sie ihn mit ‘nem Hunderter.«
    »Das kriegen wir billiger.«
    »Gut. Der Rest gehört Ihnen.«
    Ostwald legte auf, duschte noch einmal, um richtig wach zu werden, warf sich in frische Klamotten und fuhr mit dem Lift nach unten.
    Heinz-Mourad stand an der Rezeption und schäkerte mit einer hübschen jungen Frau, die gerade angekommen war, denn ein Koffer stand neben ihr auf dem Boden. Sie hatte eine schwarze Mähne, leicht mandelförmige Augen und kam Ostwald eigenartig bekannt vor. Dass sie aus einem arabischen Land stammte, verriet ihre Sprache.
    Als er zu den beiden trat, schaute die Frau hoch und schenkte ihm ein Lächeln. Heinz-Mourad entschuldigte sich auf Arabisch mit dem Satz »Die Arbeit ruft; hat mich sehr gefreut.« Ostwald nickte der Frau zu. Sie war ansehnlich, aber zwanzig Jahre jünger als er, und er hatte keine Zeit, sie anzubaggern. Mit seinem Chauffeur im Schlepptau marschierte er in den Sonnenschein hinaus und blieb vor dem Maybach stehen. Zwei Kids, höchstens elf, kamen auf ihn zu und fragten ihn in fließendem Deutsch, ob er etwas zu Rauchen für sie hätte. Ostwald verscheuchte sie.
    Heinz-Mourad hatte die Zeit genutzt, um den Maybach zu waschen, denn er glänzte in der marokkanischen Sonne.
    »Haben Sie was über Melanie rausgekriegt?«
    »Klar.« Heinz-Mourad öffnete den Wagen. »Sie schulden mir einen Hunderter.« Sie stiegen ein. Ostwald gab ihm zwei Fünfziger, und sie brausten los. »Sie ist umgekippt. Mein Spitzel sagt, sie war ganz grün im Gesicht gewesen und hätte wie ‘n Drogenwrack ausgesehen.«
    »Wer hat die Ambulanz benachrichtigt?«
    »Die Dame selbst.«
    Dann war sie also noch Herr ihrer Sinne gewesen. Ostwald atmete auf. »Und ihr Begleiter?«
    »Kein Begleiter. Sie war allein.« Heinz-Mourad wich einem Mann im Kaftan aus, der urplötzlich auf die Straße sprang, einen Koran schwang und Parolen brüllte, die sich vermutlich nicht von denen christlicher Fundamentalisten unterschieden.
    Die Straßen von Casablanca erinnerten an die Straßen von Paris: Sie schienen hundert Meter breit zu sein und wimmelten von Autos, Karren, Radfahrern, Fußgängern und Irren. Das Krankenhaus, vor dem Heinz-Mourad zehn Minuten später anhielt, hieß Clinique Badr. Als Ostwald aus dem Wagen stieg, um an die Rezeption zu gehen, trugen zwei dunkel gekleidete Herren einen grauen Kunststoffsarg an ihm vorbei zum Wagen eines Bestattungsunternehmens.
    Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch betrat er das Gebäude. Die Rezeptionistin wirkte weltlich und europäisch und sprach fließend Französisch. Als Ostwald auf ihre Frage, wie sie ihm dienen könne, auf Arabisch antwortete, er wolle Melanie Matzke besuchen, war sie schier aus dem Häuschen.
    »Sie sprechen ausgezeichnet Arabisch, Sidi.«
    »Ich geb mir Mühe, Mademoiselle, aber ich fürchte, es ist ein bisschen eingerostet.«
    »Ach, was.« Die Empfangsdame zwinkerte ihm zu. »Ich verstehe Sie besser als jeden Einheimischen.« Sie schaute auf den Flachbildschirm auf ihrem Schreibtisch. »Wie heißt die Patientin? Melanie…?«
    Ostwald buchstabierte den Namen zuerst instinktiv auf Deutsch; dann, angesichts des verständnislosen Blickes der Dame, auf Französisch. Sie gab ihn ein.
    Dann verfinsterte sich ihre Miene. Sie schaute auf. »Sind Sie mit Mademoiselle Matzke verwandt?«
    Ostwald schüttelte den Kopf. »Ich arbeite für ihren Vater.«
    Die Rezeptionistin nickte nachdenklich. Ostwald hatte das Gefühl, dass sie ihm gern etwas gesagt hätte, was sie nicht sagen durfte.
    Er beugte sich vor. »Ich bin gerade aus Deutschland

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