220 - Die Reise nach Taraganda
auf ihn. Er sprang seinem Artgenossen von hinten ins Kreuz. Der Rote brüllte schmerzerfüllt auf und ließ die Strickleiter los.
Das Luftschiff machte einen Satz. Matt nutzte die Schrecksekunde, um einige der Gasgranaten zu werfen. Kracks! Zisch! Das Gas breitete sich in Form weißen Rauchs rasend schnell auf dem Dach aus.
Menschen und Zilverbaks wichen zurück. Erstere husteten, letztere griffen sich an die Kehle, röchelten, spuckten und kippten um. Auch der Rote – und Zarr. Lay wollte sofort zu ihm hin, doch Rulfan hielt sie zurück, bis der Wind das Gas vom Dach geweht hatte.
Als die Roziere zwei Meter über dem Flachdach schwebte, sprang Chira aus der offenen Luke und eilte freudig auf den Mann zu, von dem Matt nicht genau wusste, ob er ihr Herr oder Partner war.
Schließlich landete die Gondel sanft auf dem Dach. Die Menschen wirkten gelöst. Einige knieten neben den besinnungslosen Zilverbaks und tasteten sie besorgt ab. Lay fühlte Zarrs Puls. Neugierige Blicke trafen Matt und das Bürschlein in der blauen Uniform, das neben ihm in der Luke auftauchte.
Die Kinder verloren ihre Scheu zuerst. Sie kamen näher und betrachteten fasziniert das phantastische Gefährt. So etwas hatten sie bisher sicher nur am Himmel gesehen.
Lay klopfte Zarr auf den Rücken, stand auf und rief den Menschen kehlige Sätze zu. Sie hatte wohl gemerkt, dass ihr Freund nicht tot, sondern nur betäubt war – und dass dies auch für die anderen galt.
Matt klopfte Rulfan auf die Schulter. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin, dich zu sehen, Mann.«
»Und ich dich erst.« Rulfan schaute sich um. »Es hätte auch ins Auge gehen können.«
»Was war eigentlich der Grund für diesen Kampf?«, fragte Matt.
»Gift«, sagte Rulfan. »Es spricht einiges dafür, dass jemand das Wasser der Zilverbaks mit einer Substanz gewürzt hat, die bei den Menschen Benommenheit und Ohnmacht auslöst und Tiere zu Bestien macht. Ich hoffe, dass es nur eine Droge ist, die nach einiger Zeit ihre Wirkung verliert.«
»Solange wir das nicht genau wissen, wollen wir lieber auf Nummer sicher gehen«, sagte Matt.
Rulfan deutete auf Lay und die anderen: Sie fesselten den besinnungslosen Gorillas bereits die Hände und Füße mit Lianen auf den Rücken.
»Welcher elende Schuft könnte so einen Anschlag begehen?«, fragte Akfat fassungslos. »Und was glaubt er damit zu erreichen?«
Rulfan schaute finster drein. »Vielleicht ist jemand daran interessiert, die Zilverbaks von ihrem Territorium zu vertreiben.« Er zuckte die Achseln. »Vielleicht gibt es hier Bodenschätze, von denen niemand etwas weiß.«
»Hm.« Matt kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Im zwanzigsten Jahrhundert gab es garantiert solche Gifte. Sie heute herzustellen bedarf eines funktionierenden Labors. Wenn sich hier nicht gerade ein Techno-Bunker befindet, tippe ich darauf, dass das Gift ein Überbleibsel aus der alten Zeit ist. Vielleicht befindet sich eine Giftmüll-Deponie in der Nähe, deren Altlasten erst jetzt freigesetzt wurden.«
»Wir haben frische Erdspalten beim Dorf entdeckt«, sagte Rulfan. »Das könnte auf ein kürzliches Erdbeben hindeuten.«
Matthew nickte. »Das wäre eine Erklärung.« Er sah zu den bewusstlosen Zilverbaks hinüber. »Warten wir ab, wie unsere behaarten Freunde sich verhalten, wenn sie wieder zu sich kommen. Und ob sie den Entzug überstehen.«
***
Die Nacht brach herein.
Ein Zilverbak nach dem anderen kam zu sich und zerrte an seinen Fesseln. Lay und die Menschen gingen von einem zum anderen und gaben ihnen sauberes Wasser aus dem Vorratstank des Luftschiffes zu trinken. Die Gorillas zitterten und geiferten, verdrehten die Augen im Kopf und stöhnten. Einige mussten sich übergeben. Andere zuckten und schienen große Qualen zu erleiden. Zarr kümmerte sich um jeden Einzelnen.
Im Morgengrauen endete das Gestöhn der Befallenen, und alle, auch die Menschen, sanken in einen tiefen, heilsamen Schlaf.
Rulfan saß neben Lay mit dem Rücken an die Gondel des Luftschiffs gelehnt und döste. Irgendwann wurde er wach. Sein Blick fiel auf Matt, der zehn Meter von ihm entfernt vor einer Wand stand und sich etwas anschaute, das sein Körper verdeckte.
Was mochte das sein? Rulfan stand lautlos auf und huschte zu seinem Freund. Matt hörte ihn. Die Jahre in der Wildnis hatten sein Gehör geschärft.
Auf der Wand konnte man, wenn man sich Mühe gab und etwas Phantasie hatte, mit roter Farbe gesprühte Buchstaben erkennen: Omar & Farah.
»Ich
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