2204 - Planet der Mythen
Vay Shessod zu. Sein Blick verriet, dass die Unterhaltung für ihn noch nicht erledigt war.
„Wir sind Fremde, die Hilfe brauchen. Die Regeln der Gastfreundschaft verlangen, dass du uns diese Hilfe gewährst. Willst du damit etwa brechen?"
Die rechte Hand des Vay Shessod verschwand in seiner Hosentasche. Er trug eine weite, schwere Hose, die über die Stiefel hing. Rhodan spannte sich an, vergaß für einen Moment Kälte und Nässe.
„Also noch einmal", fuhr Atlan fort. „Wir brauchen einen trockenen Platz, Essen und Trinken. Kannst du uns das gewähren?"
Der Vay Shessod riss die Hand aus der Tasche. Rhodan sah einen Gegenstand darin, aber er wartete nicht ab, bis er' erkennen konnte, was es war.
Mit einem Satz warf er sich nach vorne und rammte dem Vay Shessod seine Schulter unter die Schnauze.
Ein Winseln, ein metallisches Klirren, dann setzte sich der Angreifer schwer auf den Boden. Halb bewusstlos schüttelte er den Kopf.
Rhodan hob das Messer auf, das der Angreifer fallen gelassen hatte, während Atlan dem Vay Shessod die Kiste aus der Hand nahm.
Einige Frauen standen auf, gingen drohend auf ihn zu. Andere kämpften schwerfällig darum, auf die Beine zu kommen.
„Weg mit der Kiste!", sagte eine Vay Shessod, die noch sehr jung wirkte.
„Gegen uns, alle kannst du nicht gewinnen."
„Das habe ich auch nicht vor." Atlan hatte die Kiste bereits geöffnet und ging jetzt langsam rückwärts.
Rhodan hielt das Messer als Warnung in der Hand.
Die Frauen folgten ihnen, begannen sie einzukreisen. Im gleichen Moment warf Atlan die Kiste hoch.
Sie schlug gegen die Decke, drehte sich - und Dutzende heller Steine fielen dem Boden entgegen. Die junge Vay Shessod schnappte den ersten noch in der Luft. Die anderen stürzten sich auf die, die auf den Holzbohlen. auseinander platzten.
Rhodan nutzte die Ablenkung und trat mach draußen. Hinter ihm schloss Atlan leise die Tür. Zwei Vay Shessod, die gerade auf der Straße vorbeigingen, warfen ihnen seltsame Blicke zu.
„Wenn wir so weitermachen", sagte Rhodan, „fliegen wir noch heute Abend aus der Stadt. Du hättest diesen Zuhälter nicht unbedingt provozieren müssen."
„Nicht unbedingt." Atlans Tonfall war überlegen. „Aber hätte ich dann die?"
Er öffnete seine Faust und zeigte einige schwarze Stäbe. „Keine Ahnung, wie viel die wert sind, aber vielleicht reicht es für ein vernünftiges Hotel und einen Anruf im nächsten Raumhafen."
Rhodan wollte nicht grinsen ,aber die Aussicht, nach mehr als drei Wochen in einem vernünftigen Bett zu schlafen, war einfach zu verlockend.
„Körperverletzung und Diebstahl", sagte er. „Zwei Straftaten in der ersten Viertelstunde. Wir fangen hier richtig gut an."
Die vierzehn Stäbe, die Atlan aus der Kiste genommen hatte, waren mehr als ausreichend und doch bei weitem nicht genug. Als Rhodan am nächsten Abend auf dem Bett lag und den fischigen Geruch der Öllampe .einatmete, dachte er darüber nach, wie dicht Freude und Enttäuschung manchmal zusammenlagen.
Ptumak konnte er nicht als Stadt bezeichnen; es war gerade mal eine Ortschaft. Rhodan schätzte, dass etwas mehr als zweitausend Wesen hier lebten, wovon die meisten Vay Shessod zu sein schienen.
Ihre Häuser waren einstöckige Steinbauten mit spitzen Dächern, die sich an das Gebirge anlehnten, als hätten sie Angst, vom Wind davongerissen zu werden. Am Hafen gab es einige Geschäfte, ein wenig Kriminalität und zahlreiche Fischer, die abends in die Stadt, zurückkehrten und ihren Fang direkt an der Mauer verkauften.
Wenn man der gepflasterten Straße von dort aus folgte, kam man zu einem Marktplatz, auf dem mit Nahrungsmitteln, Holz, Keyzengebeinen und Pelzen gehandelt wurde.
Nur wenige Besucher verirrten sich nach Ptumak. Abgesehen von den Vay Shessod, die ihre Beute in die Stadt brachten, gab es nur noch die Frachtschiffe, die in regelmäßigen Abständen Dinge des täglichen Lebens gegen Keyzenprodukte und Fisch tauschten.
Eine Ordnungsmacht wie Polizei oder Armee gab es nicht, dafür jedoch ein sehr kompliziert klingendes Stammeswesen, das in bestimmte Familien und Ortsbereiche eingeteilt war.
Rhodan wusste das, weil er und Atlan den ganzen letzten Tag damit verbracht hatten, vom Schamanen des goldenen Hügels zum zweiten Cousin des Herrschers vom wilden Bach zu gehen und von dort zum großen Bruder des kleinen Regenlochs.
So oder ähnlich klangen die Namen der Ortsbereiche, die man immer wieder erfragen musste. Es war nervenaufreibend und
Weitere Kostenlose Bücher