2219 - Rorkhete
finden, nach einer kleinen Ewigkeit der Einsamkeit Gleiche, die dich als Gleichen aufnehmen würden. Die dich verstehen würden, auch ohne Worte.
Stattdessen hast du eine Geisterstadt gefunden. Eine leere Hülle, von einem mechanischen Scheinleben erfüllt, das ihren Anblick schwer zu ertragen macht. Auf den Schirmen der SHALAVDRA hast du ein Trugbild gesehen, das Leben vorgaukelt und dich mit namenlosem Schmerz erfüllte.
Du hast die Stadt betreten. Im Geiste nur, über das Netz, wie durch eine Schutzhaut hast du sie erfühlt, bist du durch ihre Straßen gestreift, ihre zahllosen Gebäude.
Der Funke der Hoffnung, der sich hartnäckig in dir gehalten hat, ist in dir erloschen. In Harathorm gibt es keine Gleichen, nicht einmal ihre sterblichen Überreste. Dein Volk, so es noch existiert, lebt nicht mehr in der Stadt, vielleicht nirgends mehr auf Shoz.
Es war gut, dass du allein warst, als dich die Erkenntnis traf. Niemals zuvor warst du so nahe daran, die Beherrschung zu verlieren, Rasende Wut stieg in dir auf, der übermächtige Drang, irgendjemanden für die schreiende Ungerechtigkeit deines Schicksals zu bestrafen. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte sich dir eine der Motana als Opfer deiner Wut angeboten.
Als die Gruppen aus der Stadt zurückkehrten, hattest du deine Fassung wiedergewonnen, in Teilen wenigstens, genug, um die Motana und Menschen in deinem Sinne zu beeinflussen. .
Aus der Wut und der Verzweiflung ist ein neuer Entschluss in dir herangereift. Du musst herausfinden, was geschehen ist.
Rhodans Stimme reißt dich aus den Gedanken. Der Terraner ist ein kluger Mann, von unstillbarer Wissbegierde angetrieben. Er hat sich mit den Ortungsinstrumenten der Flugscheibe vertraut gemacht.
Wir nähern uns einem Wasserlauf. Kein Fluss, dazu ist sein Verlauf zu gerade.
Das ist der Zishin-Kanal, sagst du und weist die Flugscheibe an, ihm in Richtung Küste zu folgen. Bald darauf schält sich am Horizont dein nächstes Ziel heraus.
Du befiehlst der Flugscheibe zu landen
8.
Das Schott öffnete sich, als die Flugscheibe den Boden berührte. Kalte Außenluft strömte in die Kanzel, machte Selboo schlagartig klar, wie verbraucht die Luft in ihrem Innern war. Rorkhete verließ wortlos die Kanzel. Die Motana beeilten sich, ihm den Weg freizugeben. Aus Ehrfurcht vor der Legende, die er noch immer darstellte, vielleicht aber auch aus einer instinktiven Scheu heraus, der Sorge, den schweigsamen Shoziden zu verärgern. Beschloss er, sie im Stich zu lassen, waren sie verloren. Harathorm und damit die SHALAVDRA mussten mehrere Tagesmärsche entfernt sein. Sie wären erfroren, hätten sie versucht, das Schiff zu Fuß zu erreichen.
Ein Augenblick der Regungslosigkeit schloss sich Rorkhetes Abgang aus der Kanzel an. Selboo beendete ihn. Er nutzte den Durchgang, den die übrigen Motana für den Shoziden gebildet hatten, und stürzte nach draußen. Ihm waren die besorgten Blicke, die Zephyda ihm während des Flugs zugeworfen hatte, nicht entgangen. Sie würde ihn bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zur Rede stellen. Es lag in seiner Hand, es zu verhindern.
Die Flugscheibe war in unmittelbarer, Nähe des Wasserlaufs niedergegangen, den Rorkhete als Zishin-Kanal bezeichnet hatte. Letzterer Teil des Namens schien Selboo akkurat: Das Bett des Laufs zog sich kerzengerade von einem Horizont zum anderen durch die Ebene. Die Ufer waren von einer perfekten Ebenmäßigkeit, die nicht natürlichen Ursprungs sein konnte.
Die Wasserfläche lag still da. Weder Boot noch Schiff, noch die Flosse eines Fisches wühlte sie auf. Der Wind, der vom Kanal gesehen seitlich kam, wehte über das Wasser hinweg, ohne es zu berühren.
Selboo wandte sich ab, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Rorkhete zwischen den Säulen verschwand.
Der Motana beeilte sich, ihm zu folgen. Selboo zählte insgesamt zwanzig Säulen, die auf einem rechteckigen Podest aus schneeweißem Gestein standen, jeweils sieben an der Längsseite und fünf an der Kopfseite. Kein Dach schützte das Ensemble, und auch als Selboo näher kam, konnte er keine Reste einer Dachkonstruktion erkennen. Das Material der Säulen wirkte unversehrt, als seien sie eben erst aufgestellt worden. Auf dem Podest fanden sich weder Staub noch Pflanzenteile, die der Wind mit sich trug.
Es gab keine Treppe zu dem Podest.
Selboo legte die Hände auf das bauchhohe Gestein und wuchtete sich hoch. Fast hatte er erwartet, dass die Anlage, wenn schon nicht auf sein
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