222 - Angriff auf die Wolkenstadt
Region zeigen lassen«, ließ sich Yann Haggard vernehmen. »Es wird nicht einfach sein, in einem derart großen Streifen drei einzelne Menschen zu finden.«
»Schon möglich. Trotzdem müssen wir es versuchen.«
Matthew wich dem Blick von Haggards gesundem Auge aus.
Er wusste selbst, dass er nach einer Stecknadel im Heuhaufen suchte. Aber er hätte keine ruhige Minute mehr gehabt, wenn er untätig in Wimereux-à-l’Hauteur oder sonst wo geblieben wäre. Noch immer liebte er diese Frau wie sein eigenes Leben.
Er drehte sich nach Rulfan um, dem Freund und Blutsbruder. »Pumpen wir Wasser in den Kessel und fliegen weiter.«
Yabandu und seine Männer halfen, die Schläuche zum See zu verlegen und die Pumpe anzuwerfen. Als der Wasserkessel der kaiserlichen Roziere wieder voll war, verabschiedeten sich Matt und Rulfan von Prinz Akfat, Tala, Yann und Yabandu.
Der Mann aus der Vergangenheit, sein Blutsbruder und dessen Lupa gingen an Bord des Luftschiffs und starteten.
Während die Roziere höher und höher in den Himmel stieg, beobachteten sie von der Außenplattform aus, wie der kleine Verband aus Menschen, Efranten und Reitvögeln weiter Richtung Wimereux-à-l’Hauteur zog.
Die meisten von ihnen würden niemals dort ankommen.
***
Da kam sie. Eine Göttin! Daa’tan hielt den Atem an. Eine Göttin, eskortiert von einer silberschuppigen Echse und von einem Hünen mit schwarzer Panzerhaut: von Grao’sil’aana und Mombassa. Elloa trug ein schneeweißes Gewand mit roten Säumen und einen schneeweißen Turban mit roter Spitze und rotem Rand.
Daa’tan konnte seinen Blick nicht mehr von ihr wenden.
Fanfarenklänge und das Jubelgeschrei seiner über tausend Krieger erfüllten die Morgenluft.
Sie war so schön…
Daa’tans Mund wurde trocken. Das weiße Gewand enthüllte ihren geraden Hals, ihre köstlichen Schlüsselbeine und die Ansätze ihrer atemberaubenden schwarzen Brüste.
Goldschmuck hing an ihren Ohren, ihrem Hals, ihren Handgelenken, ihren Knöcheln. Näher und näher führten Grao’sil’aana und Mombassa sie seinem Königszelt entgegen.
Daa’tans Herz klopfte, in seinen Lenden kochte das Blut.
Er dachte an sein Lager hinter ihm im Zelt. Diener hatten es mit Blüten bestreut und mit Duftessenzen beträufelt.
Weiß wie eine Jungfrau war sie gekleidet, rein und lieblich.
Dabei war sie keine Jungfrau mehr, natürlich nicht. Er dagegen, er hatte zwar tausend Frauen besessen, vielleicht sogar zehntausend – aber nur in seiner Fantasie. Anders als seine Angebetete war Daa’tan noch Jungfrau. Aber nicht mehr lange….
Er fragte sich, wie sie wohl ohne dieses weiße Gewand aussehen würde. Bald sollte er es erfahren, bald… Er erschauerte vor Erregung.
Daa’tan trug sein Schwert Nuntimor am Gurt, und dazu in einem Futteral aus Wakudaleder sein Zepter. In Wahrheit handelte es sich bei dem schlanken Stab mit der Spiralspitze um einen Kombacter, eine Allzweckwaffe der Hydree. Aber das ahnte Daa’tan nicht. Er hatte den Stab beim Uluru im Sand gefunden, wo Rulfan ihn verloren hatte, und benutzte ihn seither als Schlagwaffe. Nun war auch noch ein königliches Zepter daraus geworden, eine Insignie seiner Macht.
Zehn Schritte nur trennten ihn jetzt noch von seiner zukünftigen Gemahlin. Ihre Augen glänzten, ihr großer Mund öffnete sich zu einem Lächeln, ihre Brüste hoben und senkten sich rasch im Rhythmus ihrer Atemzüge. Die Krieger jubelten lauter. In den Lärm der Fanfaren mischte sich nun auch noch Motorengebrüll. General Sango hatte seine Kavallerie angewiesen, zur Feier des königlichen Hochzeitstages die vierrädrigen Dampfrouler anzuwerfen. Die Fahrzeuge veranstalteten einen Höllenlärm.
Daa’tan hörte ihn kaum. Daa’tan hörte nur noch den eigenen Herzschlag. Sie war so schön! Eine Göttin! Sie war so weiblich! Zum Anbeißen…
Wenn es nach Daa’tan gegangen wäre, hätte er Elloa sofort in ihrem Zelt besucht, nachdem Boten ihm ihr Ja-Wort überbracht hatten. Doch Grao hatte ihm dringend geraten, die Vermählung nach dem alten Ritus der Huutsi-Tradition zu feiern. »Das wird das Volk noch enger an dich binden«, hatte er behauptet. Und Daa’tan hatte sich gefügt. Es war ihm schwer gefallen, elend schwer. Aber gut, als König musste er lernen, politisch zu denken, nicht wahr? Das wenigstens behauptete dieses Scheusal von Grao’sil’aana.
Lerne zu warten, lerne dich zu beherrschen, lerne mit kühlem Kopf zu entscheiden! Lerne es, oder du bist deine Macht schnell wieder los!
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