2221 - Die Sekte erwacht
Gut möglich, dass wir den Anrufer dadurch ermitteln", entgegnete Tifflor. „Bisher sind die Resultate leider wenig ermutigend. Es scheint, als sei Gon-Orbhon uns ständig um mindestens einen Schritt voraus, sodass wir nicht agieren, sondern nur reagieren können."
Mondra Diamond blickte ihn an, und ein leises Lächeln stahl sich über ihr Gesicht. Die Worte Tifflors brachten sie auf einen Gedanken.
Schon drei Tage nach der Grundsteinlegung war die erste Etage des Tempels der Degression bezugsfertig.
Carlosch Imberlock und vierzehn seiner Adjunkten richteten sich dort ein, während der Bau der oberen Stockwerke zügig weiterging. Auch Bre Tsinga gehörte zu dieser ersten Gruppe.
Mondra Diamond überflog die Baustelle mehrere Male an diesem 14. Januar des Jahres
1332.
Bislang zog sich das Bauwerk nur ringförmig um einen großen Freiraum in der Mitte. Sie vermutete, dass dort eine Bet- und Vortragshalle entstehen sollte.
Als sich die Nacht herabsenkte, beschloss Mondra, sich den Bau näher anzusehen und dabei Recht und Gesetz außer Acht zu lassen. Es war ihr ein Leichtes, sich die dafür nötige Ausrüstung zu besorgen.
Als sie alle notwendigen Vorbereitungen in ihrer Wohnung abgeschlossen hatte, meldete sich Julian Tifflor über Interkom. Sein Holo baute sich vor dem Gerät auf. „Wir wissen nach wie vor nicht, wer dich mit Hilfe von Prallfeldern angegriffen hat", berichtete er. „Alle bisherigen Spuren sind im Sand verlaufen. Wir sind weiterhin auf der Suche und gehen einigen viel versprechenden Hinweisen nach, es kann jedoch noch dauern, bis wir zu einem Ergebnis kommen. Deshalb würde ich dir gern jemanden zur Seite stellen, der dir hilft und dich gegen weitere Angriffe abschirmt."
„An wen dachtest du?"
„An einen juristisch gebildeten Spezialisten. Die Anwälte der Sekte machen uns die Hölle heiß. Einige von ihnen sind ständig in der Solaren Residenz, um gegen buchstäblich alles Einspruch zu erheben. Der geringste Fehler könnte uns bereits in große Schwierigkeiten bringen."
Jemanden an ihrer Seite konnte sie ganz und gar nicht brauchen! Es fehlte noch, dass ein Jurist sie darauf hinwies, dass sie dieses oder jenes nicht tun durfte, weil es den gesetzlichen Bestimmungen widersprach. „Nicht nötig", wehrte sie daher ab. „Ich habe ja Norman. Der kann so viel Staub aufwirbeln wie jeder Jurist."
Der Klonelefant hob schnaufend den Rüssel, als er seinen Namen vernahm, blieb ansonsten aber in der Ecke liegen, in der es sich gemütlich gemacht hatte.
Tifflor nahm es als das, was es war. Als Scherz. Er lächelte. „Wir sind wachsam."
„Ja, leider", seufzte sie. „Keine unüberlegten Aktionen", mahnte er. „Die Sekte wartet nur darauf, dass sie die Medien einschalten und über uns herziehen kann. Lass vor allem den Bau in Ruhe. Ich bin sicher, dass man dort eine Falle aufgebaut hat.
Es wäre schlimm, wenn einer von uns hineintappt. Wenn die Sekte die Presse auf ihre Seite bringen kann, brechen die Dämme, und wir werden ganz gegen unsere Absicht zu Steigbügelhaltern Gon-Orbhons!"
„Ich weiß." Sie gab sich gleichgültig. „Ich habe es mir gemütlich gemacht und werde die Wohnung nicht verlassen. Wir sehen uns dann morgen."
Selbstverständlich dachte sie nicht im Entferntesten daran, in der Wohnung zu bleiben. Mit dem Gleiter flog sie bis auf etwa fünfhundert Meter an den geheimnisvollen Bau heran. Im Licht von Scheinwerfern wurde weitergebaut. In ähnlich hohem Tempo wie bei der Fabrik nebenan stiegen die Mauern in die Höhe. Alles Material, das benötigt wurde, kam von der Fabrik. Überall zuckten farbige Laserstrahlen, mit denen die Baumaschinen Messungen vornahmen. Sie arbeiteten mit höchster Präzision. Von oben her in das Bauwerk einzudringen kam nicht in Frage. Sie würde Störungen auslösen, sobald sie in die Lichtbahnen geriet.
Mit einem Individualtaster durchsuchte sie die fertig gestellte Etage. Insgesamt ortete sie sieben Personen, wenig angesichts der Dimension des ringförmigen Baus. Niemand hielt sich in dem Bereich auf, in dem die von der Fabrik hergestellten Bauelemente über Antigravbänder in die Baustelle flössen. Somit war dies eine Stelle, die sich zum Eindringen anbot.
Mondra beschloss, genau dort nicht einzudringen. Das Angebot war allzu verlockend, sodass die Wahrscheinlichkeit groß war, es mit einer Falle zu tun zu haben. Sie suchte nach einer anderen Lücke und fand sie schließlich gerade in jenem Sektor, in dem sich vier der sieben Personen
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