2222 - Rendezvous mit der Ewigkeit
endlich draußen war, musste er sich erst einmal mit dem Rücken gegen die Wand lehnen und zu Atem kommen.
Fall terminale Götterdämmerung!
War dies der Anfang vom Ende? Kam die Wolke als Todesbote? Vor gut vier Monaten war er dreitausend Jahre alt geworden. War es das jetzt? Hatte er diesen terranischen Rekord nur aufgestellt, um nun, wenige Monate später, seine Existenz zu beenden?
Aber es ging ja nicht bloß um ihn. Der Aktivator schenkte ihm neue Kraft, und ihn wollte er eigentlich noch eine Weile behalten.
Homer G. Adams drückte sich von der Wand ab. Er wusste, wohin er jetzt musste: der Wolke entgegen. Wenn sie intelligent war, konnte er vielleicht in Kontakt mit ihr treten. Instinktiv wusste er, dass kein anderer Mensch auf der Erde in Frage kam.
Er lief bis zum nächsten Antigravschacht und warf sich hinein. Sicher wurde er aufwärts getragen, dem Himmel entgegen. An einen gezielten Angriff glaubte er nicht. Das stand so auch nicht in dem Buch. Hätte sie sich nicht mit der Frage nach Gucky „gemeldet", dann hätte man an ein physikalisches Phänomen denken können, das mit der Erhöhung der Hyperimpedanz zusammenhing. Aber das war es auch nicht.
Die Minuten zogen sich endlos dahin. Als der Unsterbliche schließlich den Schacht verließ, schien eine Ewigkeit vergangen zu sein. Sofort begann er zu laufen oder benutzte schnelle Transportbänder. Und dann stand er vor seinem Ziel: einem der Balkone der Stahlorchidee in mehr als einem Kilometer Höhe.
Langsam trat er hinaus. Es war dunkel geworden und regnete noch immer in Strömen. Der Residenz-Koordinator war in wenigen Augenblicken durchnässt bis auf die Haut, aber das merkte er kaum. Sein Blick war nach oben gerichtet, in den wolkenverhangenen Himmel.
Und trotzdem sah er sie. Das silbrige Licht der Wolke schien durch die düsteren Schleier hindurch.
Homer G. Adams blieb stehen. Fast andächtig blickte er zum Himmel empor - und er spürte ganz deutlich die Nähe einer gewaltigen Präsenz, einer Präsenz, die er schon lange nicht mehr ...
Das war es also - oder vielmehr, das waren sie.
Und alles hing nun von ihm ab. Er war es gewohnt, Verantwortung zu tragen. Aber jetzt, das fühlte er, lastete auf ihm die Verantwortung für das Universum, so, wie er es kannte. „Kannst du mich hören?", rief der Residenz-Koordinator in den prasselnden Regen, während er sich kratzte. „Könnt ihr mich hören? Ich bin es - Homer G. Adams!"
Zwei volle Minuten musste er auf eine Antwort warten. Immer wieder wiederholte er seinen Namen. Er fragte sich, ob die Wolke ihn überhaupt kannte. Sie rief nach Gucky. Vielleicht irrte er sich ja auch, und sie war nur wegen des Mausbibers hier.
Womöglich war das, was in dem Buch stand, wirklich nur purer Unsinn. Vielleicht interpretierte er einfach zu viel hinein, nur wegen einiger Übereinstimmungen, die auch zufällig sein konnten.
Doch dann spürte er, wie etwas nach seinem Bewusstsein tastete. Der kleine, bucklige Mann hielt den Atem an.
Er öffnete sich für die Wolke. Das, was von ihr kam, erfüllte ihn ganz. Und er glaubte zu fühlen, dass sie verzweifelt war. Sie suchte fieberhaft - suchte und suchte ganz Terrania ab. Aber sie wurde nicht fündig. „Wo ist Gucky?", hallte es in seinem Kopf, fast panisch. „WO IST GUCKY? WOISTPERRYRHODAN, UNSERET-WEGEN AUCH ATLAN? DIE ZEIT LÄUFT UNS DAVON! WO IST GUCKY?"
„Keiner von ihnen befindet sich auf der Erde oder auch nur im Solsystem!", rief Adams. „Nur ich bin hier!
Versteht ihr das?"
Automatisch redete er die Wolke in der Mehrzahl an, wie schon die ganze Zeit. Was war sie? Eine Kollektivintelligenz? Ein Superwesen wie ES?
Er kam sich unendlich klein vor, hier auf dem Balkon der Residenz, im strömenden Regen. Wenn wenigstens nur einer der anderen Unsterblichen jetzt bei ihm gewesen wäre. Was hatten Rhodan und Atlan auch im Sternenozean zu suchen, während hier ...
Das Schicksal des Universums, seine Existenz in der bekannten Form! Was hatte das mit Gucky zu tun? Adams zerbrach sich den Kopf, kam aber zu keiner Lösung. „WO IST GUCKY? WO SIND DIE UNSTERBLICHEN?"
„Aber ich bin doch hier!", schrie Adams. „Ich repräsentiere die Aktivatorträger! Kann ich euch denn nicht helfen?"
Wenn die Energiewolke verzweifelt war, war er es schon lange. So hilflos wie momentan hatte er sich noch nie gefühlt. Einen kräftigen Schluck Cognac hätte er jetzt brauchen können. Nein, besser doch nicht. Er musste versuchen, einen klaren Kopf zu bewahren.
Das Buch!
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