Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2223 - Die Gotteskriegerin

Titel: 2223 - Die Gotteskriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
erkannte sie schemenhafte Gestalten, die aus dem umliegenden Dschungel kamen und sich mit angelegten Waffen näherten. Sie sicherten nach allen Seiten, scheinbar ohne auf sie zu achten. Ein Kind! Was konnte ihnen ein Kind schon anhaben?
    Und es stimmte. Sie war ein Kind. Ein Kind, das hilflos mit ansehen musste, wie die Gestalten die erlegten Tiere häuteten, ihnen die Tatzen abnahmen und die Zähne herausbrachen, ganze Schädel in Säcken verstauten.
    Zurück blieben blutige, verstümmelte Kadaver.
    Wilddiebe!, dachte sie, zu keiner Bewegung fähig.
    Gelegentlich warfen sie Blicke zu ihr hin, um sich zu vergewissern, dass sie sich nicht einmischte, dass sie ihren grässlichen Taten Absolution erteilte, indem sie reglos zusah.
    War es der Schock? War es das Entsetzen? Sie fühlte sich wie ausgebrannt.
    Und so überlebte sie. Ein einziger Ruf, ein Wink hätte vermutlich bedeutet, dass sie den Wilddieben lästig gefallen wäre. Dann hätten sie auch die kleine Bre erschossen.
    Aber das begriff sie erst Jahre später, als die Wilddiebe, dreister geworden, das Zoologische Foschungsinstitut überfielen, in dem ihre Mutter und ihr Vater arbeiteten. Sie metzelten nicht nur die Tiere in den Gehegen nieder, sie töteten auch ihre Eltern.
    Wie ich euch hasse!, hatte es in ihr geschrien.
    Sie nahmen ihr ausgerechnet jene Personen, deren Sprache sie noch lernen wollte. So dringend hatte sie sich bemüht, endlich Zugang zu ihren Eltern zu finden, sie ein ums andere Mal verflucht, wenn es ihr nicht gelang - wenn sie ihnen Wärme und Zuneigung entgegenbrachte und wieder nur Unverständnis erntete.
    So oft hatte sie ihren Eltern deshalb den Tod gewünscht.
    Nun waren sie tot, und sie hatte überlebt - zum zweiten Mal.
    Bre spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Aber es waren keine Tränen der Verzweiflung oder Reue. Es waren Tränen der Dankbarkeit, dass sie nicht allein war. Dass jemand kam und sie in seine starken Arme nahm, trotz ihrer finsteren Gedanken.
    Noch heute konnte sie dieses Gefühl der Geborgenheit in sich wachrufen, das sich wie ein Mantel um sie gelegt hatte, als der erste Schock der mörderischen Taten wich.
    Ein leises Raunen war an ihr Ohr gedrungen, das sie dem Wind zuschrieb, der die Bäume umfächelte. Die Umrisse eines Gesichts waren vor ihr erschienen, das sie den Magaroh-Pollen zuschrieb, die im gleißenden Sonnenschein ihren Tanz vollführten.
    Jetzt wusste sie es besser.
    Es waren flüchtige Blicke ihres Gottes gewesen, erste Annäherungen, bei denen er noch sein Antlitz verhüllte, um ihren Glauben auf die Probe zu stellen.
    Und jetzt konnte sie ihm seine Liebe vergelten.
     
    2.
     
    Myles Kantor blickte auf und sah im Spiegel der Hygienezelle seinen linken Oberarm und die handtellergroße Tätowierung darauf. Er spürte, wie das Mal in Form einer Spiralgalaxis, das ihm einst von ES geschenkt worden war, von einer unbekannten Energie förmlich aufgeladen wurde. „Das gefällt mir nicht, ganz und gar nicht", flüsterte er, als gelte es, ein Geheimnis vor sich selbst zu verbergen.
    Und vielleicht war es auch beinahe so: Vielleicht wollte er es sich nicht eingestehen, dass etwas mit ihm geschah.
    Jahrelang hatte sich die Tätowierung nicht mehr gemeldet. Hin und wieder hatte er einen Juckreiz verspürt, nicht mehr. Er hatte ihn auf fünfdimensionale Strahlung zurückgeführt, der er wiederholt sehr nahe gekommen war. Zu wenig geschützt, hatte er vermutet.
    Aber so stark wie jetzt hatte die Tätowierung nicht mehr reagiert, seit sie mit der SOL nach METANU vorgestoßen waren. Zwanzig Jahre war das inzwischen her. Damals, bei der Explosion von STASIS-01, kurz bevor sie erfuhren, dass eine tote Superintelligenz den Kern des „gefälschten" Kosmonukleotids bildete ...
    Ob es mit Sol zusammenhängt?, überlegte er. Das heimatliche Gestirn strahlte im ultrahochfrequenten Bereich wie ein Christbaum, als habe es sich in eine Art Leuchtfeuer verwandelt. Über die Ursache wussten sie noch nichts, obwohl sein Team mit Hochdruck das Strahlungsspektrum untersuchte, das von Sol abgegeben wurde.
    Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Spekulationen. Er wurde gebraucht.
    Kantor verließ die Hygienezelle und kleidete sich an. Seit Tagen war er ununterbrochen auf den Beinen gewesen und hatte sich nur diese eine kurze Auszeit genommen. Als Aktivatorträger benötigte er eigentlich keine Ruhepause, aber es hatte ihn nach einer Dusche und frischer Kleidung verlangt.
    Als seine Tätowierung zu pulsieren

Weitere Kostenlose Bücher