2246 - Kavuron der Spieler
nur vom Fachkundigen erkennbar. Ich würde sagen, du wirst bald dein drittes Lebensjahrhundert beginnen."
„Ich feiere demnächst meinen zweihundertsechzigsten Geburtstag."
Der Yoner-Madrul räusperte sich. „Das hätte ich nicht gedacht."
Kavuron beugte sich über das Garrabo-Brett. „Viele, viele Jahrzehnte lang hat man mich in der wissenschaftlichen Gemeinde belächelt, weil ich mein Leben den Positroniken gewidmet habe. Orchideen-Disziplin, haben sie gespottet. Du kannst dir nicht vorstellen, wie lange ich betteln musste, bis man mir Plasma für die Bioponischen Komponenten meiner Experimentalrechner besorgt hat! Und jetzt, da sich das Blatt gewendet hat, da man endlich erkannt hat, wie wertvoll meine Arbeit für das Kristallimperium ist, da man mir endlich eine Position gegeben hat, die meiner würdig ist - jetzt soll ich bald abtreten? Jungen Nichtskönnern das Feld überlassen, nur weil ich alt bin?"
Er erhob sich und ging, seine knirschenden Gelenke ignorierend, mit energischen Schritten im Zimmer auf und ab. „Nein. Bedenke, welch unwiederbringlichen Verlust mein Tod für Hayok und Arkon bedeuten würde! Mein Wissen, meine Erfahrung ... Mir kann keiner das Wasser reichen. Schon gar nicht die jugendlichen Schnösel da draußen, die glauben, etwas von Positroniken zu verstehen - bloß weil sie zufällig über ein paar kleine Verbesserungsmöglichkeiten für Hilfsprogramme gestolpert sind!"
Ein stechender Schmerz fuhr seine Wirbelsäule hinab, Nachwehen eines kürzlich korrigierten Bandscheibenvorfalls. Kavuron hielt sich dennoch kerzengerade. „Ich bin ihnen über. Jedem und jeder von denen", sagte er. Das war keineswegs Prahlerei, sondern Fakt. „Und ich benutze sie für meine Zwecke, wie es das Recht des Stärkeren, Besseren und Älteren ist. Oder jedenfalls in einer vernünftig organisierten Gesellschaft sein sollte."
Er blieb am Tisch stehen und nahm einen Schluck von der Flüssigkeit, deren Inhalt an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Aufputschmitteln genau auf seine körperlichen Bedürfnisse abgestimmt war. Hipet Eress schwieg. Er gaffte mit offenem Mund, als sei ihm ein Gespenst erschienen. „In der so genannten Realität", nahm Kavuron den Faden und seine Wanderung wieder auf, „mögen unreife Emporkömmlinge wie unsere höchlichst verehrte Lehnsherrin Ascari da Vivo das Sagen haben. Soll sein. Ich mache ihr ihre privilegierte Stellung nicht streitig. In der anderen Welt aber, die um vieles größer und ungleich mannigfaltiger ist - in der Welt des planetaren und interplanetaren positronischen Netzwerks -, da herrsche ich. Denn ich habe diese Welt erschaffen. Habe sie wieder aufgebaut, neu errichtet auf den Trümmern der mit einem Schlag nutzlos gewordenen Syntroniken. In dieser Welt, kleiner Bauchaufschneider, bin ich Gott - und Gott stirbt nicht."
Filana Karonadse erschrak sehr, als ohne jegliche Vorwarnung, buchstäblich aus dem Nichts, der Mausbiber Gucky neben ihr materialisierte.
Irgendwann wird jemand tot neben dir umfallen, dann hast du den Salat, dachte sie intensiv. Und der wird nicht aus Mohrrüben bestehen!
Gucky schob seinen einzigen Nagezahn vor, zog eine Schnute und blinzelte treuherzig. Er wusste haargenau, dass sie ihm nicht lange böse sein konnte. „'tschuldigung vielmals, aber ich war überzeugt, ein TLD-Ass wie du hält so was schon aus", piepste er. „Außerdem: Gerade nach dem Mittagessen wirkt ein kleiner Schreck anregend, belebend und erfrischend. Ist auch gut für den Kreislauf!"
„Danke schön, ich ziehe grünen Tee vor."
Der Mausbiber schwebte telekinetisch zu Filanas Schreibtisch und nahm darauf Platz, die kurzen Beine untergeschlagen. Er berichtete der Agentin und Positronik-Expertin von Ascari da Vivos Ultimatum und erklärte, warum sie unbedingt so schnell wie möglich den exakten Wortlaut von Bostichs Funkbotschaft herausfinden mussten.
Leicht war das nicht. Selbstverständlich arbeiteten die Ortungsspezialisten der Raumflotte und des Liga-Dienstes seit längerem daran, die arkonidische Funkbrücke „anzuzapfen". Doch bislang war es ihnen ebenso wenig gelungen, die quantenmechanisch verschlüsselten Raffer-Impulse zu dechiffrieren, wie ihren Kollegen auf der Gegenseite welche natürlich ebenfalls ein begehrliches Auge auf die Relais-Kette zwischen Hayok und Terra geworfen hatten.
Ein Einbruch in den Palast des Tatos, wo der ominöse Funkspruch empfangen worden war, stand nicht zur Debatte.
Auch nicht für einen Teleporter,
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