2251 - Das Land unter dem Teich
kam die Rampe herauf, langsam erst, dann mit jedem Beben schneller werdend, so dass die Holzkonstruktion in immer schnellere, kurze Schwingungen versetzt wurde und der Führring gegen die Manschette krachte. „Langsam!", rief Rhodan. Er merkte, wie seine Handflächen feucht wurden.
Er hätte ebenso gut rufen können, der Shozide solle sich leicht machen.
Bamm, knarr, bamm - halb sprang Rorkhete an den Stamm, halb wurde er von dem schwingenden Kran dagegengeschleudert.
Frontal krachte er in den Stamm hinein. Dabei schlug ihm der Helm vom Kopf, und während er sich so fest an die Rinde klammerte, dass er mit der einen Hand ein Stück abriss und aufschreiend einen neuen Haltepunkt fand, trudelte der Helm auf die Kuppel hinab. Ein kurzes Aufblitzen, als der Helm in den Strahl eines verirrten Spiegelblisters geriet, dann blieb er mit der dunklen Unterseite nach oben im Gewirr der Kuppel liegen.
Mehrere Meter unter ihnen.
Rorkhete sah nach oben, den breiten Stamm entlang. Blätter und winzige Zweige rieselten herab. Er schloss die Augen. Die Sehnen in seinen Armen zogen. „Hatte ich erwähnt, dass ich dich hasse?"
„Den Schwenkkran können wir wahrscheinlich vergessen." Das- war Rhodans Stimme. „Eine der Führrollen ist gerissen."
„Ich dachte, ihr wolltet die Stadt abfackeln", sagte die Motana. „Von Abreißen war nie die Rede."
Rorkhete holte tief Luft, dann suchte er sich, die Augen immer noch geschlossen, nähere Haltepunkte. Seine Armmuskeln zitterten.
Die Motana seufzte. „Na schön. Ich hole den Helm."
Sie schob sich an ihm vorbei. Hinter ihm knarrte der Schwenkkran. Dann Stille.
Was macht sie denn? Er warf einen Blick nach hinten. Die Rampe hatte sich schwer zur Seite geneigt. Eines der Tragseile hing durch. Die Motana saß auf der schiefen Kante und sicherte sich mit einem Seil an dem Kran. Rorkhete schloss die Augen wieder. Es raschelte und knackte, als die Motana sich auf das Astwerk der Kuppel schob.
Rorkhete atmete dreimal tief durch, dann öffnete er die Augen und sah zu seinen schmerzenden Füßen hinab. Die Stiefelkanten klemmten schief in der schorfigen Rinde des Stamms. Die Sehnen seiner Beine zogen von den Knöcheln bis zum Schritt.
Er hörte, wie Rhodan sich räusperte.
Na gut. Jetzt!
Er löste erst ein Bein, dann das andere, ließ sich auf den hölzernen Führring hinab. Er stand.
Er sah zu Rhodan. „Geht schon einmal ohne mich runter. Ich koste euch nur Zeit."
Rhodan sah ihn an, zweifelnd vielleicht. Dann nickte er.
Rorkhete sah zu, wie die beiden sich über den breiten Ring hinwegarbeiteten und in der schmalen Lücke Grün verschwanden, aus der der Stamm ragte. Ein letzter Blick von Rhodan, ein „Bis bald!"; dann waren sie im Blisterdom verschwunden.
Zwischenspiel: Aus Nesses Halo-Briefen
Hallo, ihr lieben Mamas und Papas! Ich wollte euch ja noch direkt was schreiben. Also.
Diese Villa hier ist nicht zu fassen. „Hier" in Anführungszeichen. Sie haben heute eine Führung gemacht. Dieses Anwesen verteilt sich auf mehrere Welten, keine Ahnung, wie viele.
Futtern tust du als Präsidententochter also auf einer hübschen kleinen Wasserwelt mit freundlichem Klima und zarten fliegenden Quallen, die vor der untergehenden Sonne ihre Befruchtungstänze darbieten. Schlafen gehst du dann vielleicht im Hochgebirge einer Welt, über die gerade eiszeitmäßige Gletscher hinwegziehen und irgendwelche nadeligen Kräuter platt machen, was deinem Schönheitsschlaf sooo frische Luft beschert. Tja, und wenn du dich mal erleichtern musst, wie sie das hier wahrscheinlich nennen, dann geht's bestimmt kurz ab zu irgendeinem Bewässerungsprojekt auf 'nem Wüstenplaneten, und schon hast du mit der präsidialen Pipi noch einen wohltätigen Zweck erfüllt, der sich dann gut bei den nächsten freien Wahlen macht oder so.
Wir sind dermaßen durch die Zimmer und Säle und Flügel und Gärten gerauscht, dass mir irgendwann ganz schwummrig war. Würde mich nicht wundern, wenn ich noch einen ordentlichen Sonnenbrand oder Mondbrand kriege oder so; welche Creme filtert schon dermaßen verschiedene Lichtfarben sauber aus. Und wer weiß, was diese ganze Transmitterstrahlung so anrichtet, sensitivitätsmäßig.
Fragt sich jedenfalls eure Nesse.
PS: Die Präsidententochter habe ich übrigens schon kennen gelernt, mehr oder weniger durch Zufall. Hatte etwas aus der Region futtern wollen, und dann ergab eins das andere. Ziemlich nette Person für so ein abgehobenes Dasein. Und alt! Bei Tochter denke
Weitere Kostenlose Bücher